Ein Fall für den Texter

Ich bin Texter. Der beste, den Sie für Geld haben können. Das ist ein harter Job, der nicht viel einbringt. Aber einer muss ihn machen.

Wie immer saß ich in meinem Büro und wartete auf einen Auftrag. Eigentlich schrieb ich im Geist an meinem nächsten Roman, der die Literaturszene von hinten aufrollen sollte, denn in Wirklichkeit bin ich ein Schreiber. Aber die Kunden schätzen es, wenn man ein Geschäftsgeheimnis bewahren kann. Eine Flasche Whisky diente mir als Zielwasser. Wir waren beide halbvoll.

Da klopfte es. Was eintrat, waren Schwierigkeiten. Blond, wie üblich. Armani, Vierzehn-Zoll-Absätze und ein Paar Hüften wie die frühe Crawford. Kundschaft.

„Es ist wieder Weihnachten! Genau so überraschend wie im letzten Jahr! Wir brauchen wieder ein Konzept für die Weihnachtsschnäppchenaktion!“ fackelte sie nicht lange und knallte mir drei Ordner auf den Tisch.

„Wir haben doch längst eins“, ließ ich mich nicht aus meiner Schreiberei reißen, nahm aber immerhin die italienischen Schuhe von meinem Dell. „Unsere Werbeagentur ist die beste der ganzen verfluchten Stadt! Dabei ist sie noch nicht mal in der Stadt!“

„Ja, aber ob das wirklich ein Konzept ist…“ Die Blonde warf die Mähne über die Schulter und schenkte mir einen jener Blicke, denen ich noch nie widerstehen konnte.

„Herrgott, wenn etwas aussieht wie eine Weihnachtsschnäppchenaktion, riecht wie eine Weihnachtsschnäppchenaktion, latscht wie eine Weihnachtsschnäppchenaktion und sich nicht dingfest machen lässt wie eine Weihnachtsschnäppchenaktion, dann wird’s wohl eine gottverdammte Weihnachtsschnäppchenaktion sein, oder?!“

„Soll ich das meiner Werbeleitung so sagen?“

„Klar sollst du das! Wer ist hier wohl der Texter? Die Werbeleitung oder der Texter? Wissen die, was das ist, ein Texter?!“ Scharf sog ich einen Schluck Whisky durch die Zähne.

Die Blonde sammelte ihre Ordner auf und ging wieder da raus, wo der Wind eisig wehen kann. Und ich fragte mich einmal mehr, wieso ich mich nicht lieber mit Elke Heidenreich herumzankte.

„Blondie?“ rief ich ihr nach. Sie hielt in der Tür inne.

„Sag denen auch, dass wir ihnen schließlich auch nicht in die Produktion reinquatschen! Ich hab nicht mein Leben lang Großstadtlyrik in Anzeigenweißräume geschrieben, damit mir jetzt ein paar dahergelaufene Werbeleiter erklären, wie Teamwork geht! Diese Dinge müsst ihr Jungs noch lernen!“

Nur so motiviert konnte ich sie zurück zu den Hyänen lassen. Sie schloss die Tür auf diese ganz bestimmte Weise, die mir sagte, dass sie mich liebte und es nur nicht zugeben wollte.

Mir blieb nur noch, die Weihnachtsschnäppchenaktion vom letzten Jahr gegen ein paar kleinere Scheine meinem Partner, dem Grafiker, zu geben und ein bisschen photoshoppen zu lassen. Und der Blonden eine höllische Rechnung zu schreiben. Ich schaute die Whiskyflasche an. Die Whiskyflasche schaute mich an.

Ein harter Job. Aber ich bin auch hart.