Es liegt kein Segen auf dem Mozartjahr: Die Überväter sterben wie nichts Gutes. Bei Robert Gernhardt war’s keine Überraschung nach gleich zwei Gedichtbänden über seine schweren Krankheiten voll seiner eigenen Nachrufe. Den hab ich nicht bebloggt, weil sich da genug andere gefunden haben. Vor solchen Einschnitten ringt man gefälligst um ein bisschen Fassung und hält den Mund.

Und dann hört man von Syd Barrett zum ersten Mal seit 40 Jahren wieder was – und zwar was? Dass er a) 60 und b) tot sei. Über den ist viel Wissen verschütt gegangen; man darf also was sagen.

Seien wir ehrlich: Ein elektrisch hochgezüchtetes Elaborat wie The Dark Side of the Moon wäre unter Syd Barrett nicht möglich gewesen. Dafür hätte das Monument The Wall, das in Wirklichkeit auf eine 80-Minuten-CD passt, unter Syd Barrett nicht unter fünf LPs eingenommen.

Dabei war er nur bei den ersten beiden Platten von Pink Floyd; sein eines Soloalbum klingt gut, das andere sieht gut aus, das dritte war schon gar keins mehr. Ich hab an seiner Musik immer die Art geschätzt, wie er sich Zeit nahm, eine Idee durchzudeklinieren, bis alles gesagt war, und dann erst den nächsten Satz anfing. Es war ein unauffälliger, weil selbstverständlich durchgezogener Grundsatz: Bei ihm durften die Melodien ausreden. Das hat die Pink-Floyd-Besetzung, die man gemeinhin kennt, von ihm mitgenommen.

Für mich fällt dergleichen unter Respekt vor der Musik. Und der Sonntagskiffer auf dem billigen Platz, der grienend was von drogenverzerrtem Zeitempfinden dazwischenquakt, soll sich was schämen.

Was er die letzten 40 Jahre getrieben hat, wissen wahrscheinlich nur sein Vermieter und sein Sozialpädagoge. Sollte er tatsächlich gestorben sein, werden auf seinem Grab keine Rosenbuketts mit Haschisch als Grünzeug hinterlassen und keine Whiskyflaschen ausgekippt. Niemand weiß, wo er gelebt hat, niemand rät, wo er begraben wird, und die minderjährigen Aushilfen in den Tonträgerhandlungen finden seine Platten nicht.

Das ist der Dank für ein angenehm überschaubares Gesamtwerk von fünf CDs. Wie geht’s eigentlich Roger Waters?