Die Chefin des Hauses the missing link, Ihrer Lieblingsagentur für Designtheorie und -praxis, hat ja schon das Richtige dazu gesagt, wie’s nicht geht. Konstruktiv, wie ich bin, was dazu zu kommentieren, musste geradezu zwangsläufig in einem gemäßigten Sarkasmus enden. Ja wie jetzt?

Ideen schreibt man eben doch am besten hin, erzählt sie dem Taxifahrer, der einen in die nächste Kneipe bringt, oder gibt sie, dort angekommen, schon mal per Mobiltelefon seiner Frau durch, und nimmt am nächsten Morgen die beste, das kann doch nicht so schwer sein. Wenn man sich das allerdings vornimmt, kann man auch jede Woche Lottomillionär werden, einfach indem man keinen Mist ankreuzt. Vorteil: Sie können sich jede Woche einen Neuen leisten, der für Sie kreativ wird. Nachteil: Vertauschung von Wirkung und Ursache, Perforation des Raum-Zeit-Kontinuums.

Nächster Versuch: Werden Sie sich klar über die Aussage, die Sie vermitteln wollen. So klar, dass Sie sich wundern müssen, wie jemals jemand etwas anderes vermitteln wollte. Damit es Ihre Aussage wird. Dann können Sie sprechen, wovon Sie wollen, und alles, was Ihnen entströmt, atmet Ihre Aussage. Das nennt man: seine Inhalte leben.

Nehmen wir Ralph Steadman. Jede Designstudentin, die “was mit Medien” machen wollte, hat mal ein Kinderbuch illustriert. In unterschiedlicher Qualität, mit unterschiedlichem Erfolg, mal veröffentlicht, mal für den Aktenschrank einer FH-Sekretärin, im ernüchterndsten Fall um sich die paar Semester bis zur Hochzeit mit was halbwegs Sinnvollem um die Ohren zu schlagen. Steadman dagegen: illustriert ständig Kinderbücher. Der Unterschied zu den Heiratsstudentinnen: Der Mann hat Stil, und zwar seinen, und er hat eine Message, und zwar seine.

Welche Message? Müßig, daran herumzuformulieren, sonst müsste er nicht seit Jahrzehnten die ganzen Kinderbücher illustrieren, sondern könnte sie in einen Weblog-Eintrag schreiben. Das Bestechende an seinem Stil, seiner Message bleibt aber, dass er den Aussagen der Bücher, die ihm durch die Finger gehen, immer noch eins draufsetzt. Meistens wird es dann eine Art Gothic-Horrorstory.

Die Schatzinsel von Robert Louis Stevenson kennen Sie, hat jeder als Kind mit der Taschenlampe unter der Bettdecke gelesen. Piraten, Schiffbrüchige, Meuterer, Sonne, Palmen, Eskapismus. Eine handgreiflich beklemmende Pubertätsgeschichte von einem, der auszog, erwachsen zu werden, wurde erst 1985 mit Steadmans wilden Klecksereien daraus (vergriffen).

Selbst ein Steadman ist aber nicht vom Himmel gefallen, sondern sieht deutlich nach Jackson Pollock aus. Und für den Anfang können Sie auf dessen Seite schon mal das wilde Klecksen üben. Das macht Sie noch nicht zum Kreativen, aber es ist ja nicht mal ein Steadman etc. etc.

Edit: Was genau Jackson Pollock kunsthistorisch mit Steadmans so unterschiedlichen Arbeiten wie Schatzinsel, Alice in Wonderland, Fear and Loathing in Las Vegas und Gonzo im Unterschied zu Gerald Scarfes Artwork für The Wall verbindet, müssen Sie die Heiratsstudentin fragen; eigentlich ist die eine ganz Liebe.