Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Hokus Pokus Viribus

Viral ist die Zauberidee ( und sprichst du nur das Zauberwort…), wenn das Budget schmal ist und man trotzdem Bekanntheit möchte. Denn es verkörpert auf geniale Weise, wie Internet funktioniert: Der gelangweilte Lebens- und Büroslacker hüpft freiwillig drauf und amüsiert sich prächtigst zu Tode und erzählt das auch noch von selber weiter (der Depp als Viruswirt…).

Leider erzählen irgendwelche komischen Web 2.0 Unternehmensb(e)rater-Gurus, die sich als Freud-Epigonen wähnen, in Wirklichkeit aber aus der Ecke Informatik kommen, absoluten Kommunikations-Blödsinn: Witzig sei nur, was als Tabubruch daher käme. Und KMU fallen darauf herein. Nur weil Papa Freud mal erzählt hat, dass ein wirklich guter Witz nur dann ein echter Knaller ist, wenn er ein Tabu berührt.

Logisch: Wir lachen am meisten über das, was uns weh tut. Witze über Schwiegermütter und über Chefs lehren uns das.

Die sogenannte logische Umkehrung aber, dass alles, was ein Tabu bricht, automatisch dann auch witzig sei *zurücklehn*, ist ein Fehlschluss. Der nur aus der Mathematiker- und Informatik-Ecke kommen kann. Rührt euch, wenn ihr Mumm habt, ihr lebensfremden Kommunikationsversager! *french kiss aber auch*.

In Wirklichkeit ist Humor aber immer ein zweischneidiges Schwert. Man muss sich fragen: Funktioniert auch der Witz sozial? Passt er fürs social web? Oder halte nur ich ihn für witzig, weil ich gern primitive und unkorrekte Witze höre? Und das ist viel komplexer als eine mathematische Gleichung, die in ihrer Welt der emotionslosen Zahlen immer und komplikationslos als simple Umkehrung funktoniert: a = b, also ist b = a. True = true;  false = false.  Oder für die Fans des Pythagoras:

a² + b² = c². Also ist  

Wunderbar.

Nur: Wenn ich Tabus wie Porn, Sex, Inzest, Betrug oder den Furz zum Inhalt meiner viralen Spots nehme, ist der dann auch wie die Umkehrung der mathematischen Gleichung auch gleichzeitig immer witzig? Eine Witzischkeitsgarantie?

Nä. Auf dieses Idee, diese schmale logic fuzzi Brett, können echt nur Mathematiker und Ingenieure kommen, oddr? Falls Werber (Berufskommunikatoren, hach) drauf kommen, dann sind sie entweder windelweiche Ja-Sager oder blöd in der Birne und haben ihren Beruf verfehlt. Weil sie Ihre Kohle wollen und kaum fragen: “Zahlt das auch auf Ihre Marke ein?”

http://www.werbeblogger.de/2007/06/19/pariser-duft/
http://www.werbeblogger.de/2007/05/16/happy-fathers-day/
http://the-missinglink.blogs.com/logisches/2007/06/westaflex-is-ov.html
http://www.werbeblogger.de/2007/03/18/jvm-weis-genau-was-hinten-raus-kommt/

OK, jetzt habe ich es mir mit Ingenieuren und Mathematikern komplett verdorben. Dabei war ich sehr gut in Mathe und eine meiner besten Freundinnen im Gym ist Mathematikerin geworden. Ich liebe Mathematiker! Und Bach. Manchmal, wenn von Glenn Gould gespielt. Aber das war auch nur so ein furzender Verrückter… Und wenn der Web 2.0 Käse vorüber ist, wird es darüber ein fettes Buch von T. C. Boyle geben wie damals das “Grün ist die Hoffnung” (World’s End.  New York: Viking, 1987.) und “Willkommen in Melville” (The Road to Wellville.  New York: Viking, 1993). Eine Glosse über inkompetente Ernährungsgurus und windige Geschäftemacher.

________________

Fetter Rat an Kosten sparen wollende KMU: Holt euch Leute, die wirklich was vom Witz verstehen, Informatik-Professoren und Web 2.0 Gurus sind es jedenfalls nicht, die den Tabubruch wie Porn, Splatter, Vergasung zur heiligen Kuh erheben wollen. Informatiker haben null Humor und begreifen als soziale Autisten absolut nicht und nie mehr in diesem Leben, warum nur Harald Schmidt und Polen Polenwitze machen dürfen. Und Web 2.0 Gurus haben nur ihr eigenes Beratergeld im Kopf. Ihnen ist es wurscht, ob Sie sich blamiert haben. Logisch mal  wieder: Es ist nicht ihr Geld, sie stehen nicht in der Verantwortung.

Zweiter fetter Rat an KMU:

Bester Humor ist: Selfirony. State of the Art, wie Engländer und englisch schnackende Länder wissen. Nichts ist dumpfer und peinlicher als deutscher schenkelklopfender Anal-Humor. Nichts ist sympathischer als souveräne Selbstironie wie in einer Anzeige der Hilfsgemeinschaft für Blinde und Sehbehinderte:

Was sagt ein Blinder wenn man ihm Schleifpapier gibt?

“Verflucht, ist das aber klein geschrieben!”

.° .; : .: °: .; .; :: ;.. ‘

 

6 Kommentare

  1. Michael

    HiHi, den kannte ich nicht. Rest unterschreib ich blind. Im Übrigen: ein wirklich nettes Blog!

  2. vroni

    Danke für den Fisch.
    Der mit der Ente ist aber auch ganz gut.
    http://the-missinglink.blogs.com/logisches/2007/07/entgegen-mglich.html

  3. Peter

    Ich weiß ja nicht, ob das nur eine humorvolle, aber leider rohrkrepierte (schön On-Topic) Provokation sein sollte oder wirklich ernsthaft daher kommt:
    So oder so ist das stereotype Informatiker-Bashing keine Glanzleistung in diesem Artikel. Die Reflektions- und Kreativitäts-Keule schwingen aber selber unreflektiert wie alte Dachpappe dem geneigten Leser einen ranzigen Haufen Klischees vorzusetzen passt für mein Verständnis irgendwie nicht zusammen.
    Sicherlich sind nicht alle Informatiker verkappte Stand-Up Picassos, aber ich für meinen Teil habe in dem Feld schon kreativere Leute und Lösungen getroffen als Werbefachleute zuweilen anzubieten vermögen.
    IT ist nicht nur stumpfes Nerdsein und Programmieren, aber wie heißt es noch so schön:
    Wenn man keine Ahnung hat… :)

  4. vroni

    Stopstopstop.
    Ich meine einen bestimmten Informatik-Professor L. aus B.
    Peace ey.

  5. Peter

    Na, dann würd ich das vielleicht auch irgendwo eindeutig erwähnen… sowas beugt Missverständnissen vor ;)
    So ist der Artikel ja sehr allgemein gehalten, ich zitier mal:
    “Informatiker haben null Humor und begreifen als soziale Autisten absolut nicht und nie mehr in diesem Leben, warum nur Harald Schmidt und Polen Polenwitze machen dürfen.”
    Aber naja…

  6. vroni

    Peter, wenn ich das eindeutiger erwähne, kann ich wegen deutlicher Verunglimpfung einer einzelnen Person eine feine Abmahnung kriegen :-)
    Ich wäre gern deutlicher gegenüber manchen Web 2.0 Beratern, die nur (= autistisch = zahlenfixiert) in technischen Klicks, Sitevisits, Pageimpressions statt (komplexer und sozial-emotional) an die Marke zu denken.
    Und die manchem zu zahlengläubigen Werbekunden weismachen, ein kleines mieses Tabubrüchlein plus negative PR, fertig ist die Superbekanntheit, die man super messen (= tracken) könne. Und fertig sei der Erfolg. Das ist für mich der Autismus: extrem einseitiger Zahlenfetischismus. Und kein Gefühl in der Birne.
    Für mich sind das Scharlatane, Verbrecher an der Marke und es ist vor allem Betrug am Werbekunden.

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