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Absage.doc (Oder wie man Zeitverschwendung vermeidet)

Auch eine kleine Beratungs- und Designagentur wie the-missinglink.de bekommt Bewerbungen. Wie diese hier heute früh, die so beginnt:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

im Juni 2007 habe ich mein
Kommunikationsdesign Studium an der
Hochschule für Angewandte Wissenschaften
in xxx mit der Note
xxx“ abgeschlossen und möchte mich bei Ihnen
als xxx bewerben.

Im Grundstudium studierte ich an der
Fachhochschule xxx,…

[…]
"

Undsoweiterundsoweiter.

Kein Wort darüber im restlichen Brief, was den Kandidaten denn bewegt, ausgerechnet bei the missing link arbeiten zu wollen und wo er gemeinsame Schnittmengen sieht. Nichts. Meinem Mann und mir gab man: Noten, Geschichte, wo der Kandidat sich herumgetrieben hat, und ein Riesen-PDF über 3,8 MB mit Arbeiten über Zeitschriften-und Editorial-Design, aber ohne Rücksicht und Gedanken darauf, was davon uns wirklich interessieren könnte. Ein typisches Copy & Paste Bewerbungsschreiben, das niemanden meint und mit niemandem kommuniziert. Daher werden wir auch nicht darauf antworten. Was normalerweise der Anstand gebietet, soviel Zeit muss eigentlich sein.

Daher lieber mal eine öffentliche Antwort:

Kinners, wir sind klein und kein Jung v. Matt, aber auch wir möchten konkret und persönlich angesprochen werden. Da wir aufgrund der angeschriebenen E-Mailadresse annehmen dürfen, dass man uns über unsere Geschäftswebsite immerhin auch gefunden hat, möchten wir höflich darauf hinweisen, dass da auch darauf steht, wer wir sind und was wir schwerpunktmäßig treiben. Ja, wir haben uns richtig Gedanken gemacht, was zur Hölle schrieben wir denn auf unser Indexlein, jajaja duzzi duzzi.

Und da steht, dass wir strategisch unterwegs sind und Kommunikationskonzepte bauen, erst dann rumhübschen und das geschickteste Werbemittel dazu anvisieren. Ach, wenn das nur mal einer lesen würde. Es ist doch gar nicht so viel Text.

Kunden, Prospects übrigens auch: Wir werden meist telefonisch kontaktiert, ich verstehe oft gar nicht gleich, wer sich da meldet (nuschl, nuschl) und gleich geht es in medias res:

Kunde: Machen Sie auch Webdesign?

Ich: Ähm, hust… (Komme gar nicht zum Antworten –  freilich verdammt, steht doch alles da drin).

Kunde: Ich hab da so Texte und ein paar Bilder, die müsste man zusammenbauen und als Portal aufziehen mit so 5 Reitern, verstehen Sie?

Nein, ich verstehe nicht. Die apokalyptischen Reiter…?

Auf die Frage, warum man uns gekommen ist, kommt stolz: INTERNET!!

Warum!!!!!!! Und nicht: auf welchem Medium!!
Ich gebe es auf.

Verstehen Sie, warum es heute langsam schwer wird, Menschen klarzumachen, wie wichtig gelungene, lebendige und verständliche Kommunikation ist? Ein sterbender Markt, wie es scheint.
Wenn der Typ – wie so einige in der letzten Zeit, die bei uns anriefen und eine detaillierte Kostenaufstellung* wollten – unsere Website etwas genauer angeschaut hätte (was man sollte, bevor man jemanden beauftragt, ich mein’ ja nur), dann hätte er gesehen, dass wir niemals Kundenverhau technisch zusammenstöpseln, sondern dass wir den Verhau erstmal ordnen und ihn in Kommunikation bringen.
Immer. Grundsätzlich. Wir übernehmen keine Fremdtexte und hübschen sie. Wir denken nach, hinterfragen und bauen ein Haus daraus und keinen Bretterverschlag. Das ist unser Kern und nur so arbeiten wir. Steht alles auf unsere ersten Seite.

Er hätte uns beiden viel Zeitverschwendung erspart.

Diesen Artikel "Absage.doc" verlinke ich jetzt immer in meinen kurzen Antwort-Mails, er ist mir ein probates Textmodul, damit ich mir nicht immer neu Gedanken machen muss: "Wie sag ich es Ihnen jetzt verdammt". Mehr Zeit für richtiges Kreatives, Mann, Kind und Katze. Und ein nettes Leben nach der Werbung zum Auftanken.

_____________________________________________

* Detaillierte Kostenaufstellungen sind eine Heiden-Arbeit, da sitze ich Stunden darüber. Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir sie erst nach einem vernünftigen Briefing erstellen können, und wir müssen dafür leider eine kleine Schutz-Gebühr verrechnen. Das verhindert ungeniert-freche Kostenanfragen von der Konkurrenz (auch schon ein paar Mal passiert).

3 Kommentare

  1. r3lite

    Hehe :)… es grenzt schon fast an Ironie, bei einer Firma, die sich (auch) Kommunikationskonzepten widmet mit so einer unpersönlichen Bewerbung anzutanzen. Witzig, imho.

  2. r3lite

    Huch… wurde mein Kommentar nun vom komplizierten Spamfilter verschluckt? Auch nicht grade ziemlich kommunikationsfreundlich, das.

  3. vroni

    Kein Spamfilter. Zumindest nicht so ein gefräßiger.
    Ganz anders:
    Bevor man einen Kommentar abgibt, erscheint über dem Dialogfeld folgendes dürre, unscheinbar typografierte Sätzchen:
    “Kommentare werden moderiert und erscheinen erst, wenn sie vom Weblog-Betreiber freigegeben worden sind.”
    Dieses versteckte, dürre Sätzchen ist ein saudeppertes Typepad-Ding und in der Tat kein besonderes Vorzeigeteil für Usability. Typepad ist unser Vollhorst, ähm Hoster, und den werde ich mal wieder anschreiben müssen.
    So kundenunfreundlich wollen wir denn doch nicht sein, dass wir positive oder kritische Kommentare verschlucken. Das Problem ist: Der Satz ist zu versteckt, man nimmt ihn kaum wahr.
    Er müsste auch, wenn man seinen Kommentar abgeschickt hat, nochmal auftauchen. Selbst ich bin darauf schon reingefallen und dachte, der Kommentar ist hops und habe ihn nochmal geschrieben. Dann war er doppelt.
    Schöner Mist.
    Nene, Typepad wird heute noch ein Ticket kriegen.

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