Buchmesse! Mehr books per minute als selbst, sagen wir, weiland Wieland in seinen achtzig Jahren gelesen und geschrieben hat (mein Gott, stellen Sie sich vor die Brauerei und fragen jammervoll, wer das alles trinken soll?)! Merchandising, das live in der Halle gekocht wird und die Konkurrenz in drei zusätzliche Mittagspausen drängt (und kriegen Sie heute mal Messemiezen, die kochen können, unter fuchzig am Tag)! Besoffene Verleger ab 14 Uhr (die ständigen Proseccoempfänge schaffen jede Leber)! Hübsche Buchhändlerinnen!

Vor allem Hörbücher sind ja seit 1995 kurz davor, in zu werden. Laut der Literaturbeilage der SZ vom 9. scheint es sich in einem Fall zu rentieren. Heinrich Böll (kennt den noch jemand?) hat selbst vorgesehen, dass seine Bücher vorgelesen werden, und bevor sich wieder irgendwelche Serienschauspieler zwischen zwei Engagements daran vergreifen, hat er das lieber selbst gemacht.

Heinrich Böll: Hörwerke. Originalaufnahmen 1952—1985 liegt jetzt auf 25 CDs vom Münchner Hörverlag, der Mutter der Hörverlage, für wohlfeile 99 Euro vor. Lieblingsstellen aus der Besprechung von einem gewissen jby in der Süddeutschen sind von mir hervorgehoben:

Böll spricht sie, als wolle er jede Gefühlsaufwallung beim Hörer vermeiden: nüchtern, in sich gekehrt, am Satzende die Stimme senkend. Das klingt, als rede er mit sich selbst. Nun, da die alte Bundesrepublik unserem Blick immer mehr entschwindet, lauscht man dem Unaufgeregten mit Interesse. Es war nicht alles schlecht.

Wo wir uns gerade so schön über Wieland und Weihnachten unterhalten: Jan Philipp Reemtsma hat soeben Aristipp und einige seiner Zeitgenossen auf 24 CDs eingelesen. Mjamm. Unaufgeregte Besonnenheit bekommt ein Publikum, ach was sag ich: eine Lobby.

Wenn ich alt und grau bin, bringe ich’s noch dahin, dass mir mal jemand ein Wort glaubt.