Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Bashing und Jammern nix gutt

Ein Beitrag von mir an die Textguerilleros http://textguerilla.wordpress.com

Hallo ihrs,
ihr setzt euch für gute Texte ein. Das ist eine tolle Sache.
Aber wo sind die.

Ich hab da selber genügend Erlebnisse, die einem das Gefühl, in einem Kulturvolk zu leben, ordentlich austreiben. Neulich seltsame Diskussion gehabt mit einem (vorgeblich altgedienten,
sic! = “erfahrenen”) Journalisten, der die Kritik an den Texten des
Scienceblogs als pure Kritik an Kommata abtat.

Entweder war er dumm oder er verstand absichtlich falsch, denn der
Haupteintrag war klar und unmissverständlich gegen die unverständliche,
dürre, dünkelhafte und unlebendige, “unsexy” Schreibe der dortigen
wissenschaftlichen Blogger gerichtet. Schreibe, nicht Kommafehler,
hrrgs. Man hat sogar aufgezeigt, wer und wie es ein recht berühmter
Jemand besser macht/bloggt.

Und wenn die sogenannten Schreibprofis wie dieser auf diese
konstruktive Kritik hin kommentierende Journalist sich da trotzdem auf
sehr ärgerliche Weise dummstellen, wie sieht es dann mit dem
umworbenen KMU-Normalovolk aus. Das ist bitter. Ich verstehe von daher jede
Unmutsregung und jede Heftigkeit.

Auch wenn die textguerilleros sich nicht als Textverkäufer sehen
(Ausrede! Ausrede! Denn sie haben immerhin eine Petition gestartet und
die will “verkauft” sein, also von den Leuten angenommen werden),
möchte ich ihnen dennoch zurufen:

Nur festzuhalten, wieviel und welche schlechte Texte es gibt, ist
eine seltsame Archäologie, wenn man es als Kulturauftrag sieht. Denn
sie zwingt auch euch Textguerilleros selbst allmählich in negative
Denk- und Vorstellungsschleifen hinein. Mir kommt das so vor, wie wenn
ein Kunstsammler anfinge, aus Protest miese Bilder zu sammeln, den
Zigeunerin-Ramsch und die Sonnenuntergänge in den Kaufhäusern.
Irgendwann weiß er nicht mehr vor lauter hämischer Negativität, wie ein
gutes Bild geht. Das Sein bestimmt das Denken, er wird sein Stilgefühl
verlieren.

Viel besser ist es, gute neben schlechte Texte zu stellen. Nur so
sieht der interessierte Leser (bei anderen ist es sowieso sinnlos…),
was man meint. Selbst der mäßigste Grundschullehrer würde nie und im
größten Frust nicht sich über seine Schar lustig machen, sie nur mit Spott
zusammenstauchen und stehenlassen, wenn sie etwas falsch gemacht hat.
Denn so lernen sie es nicht. Er zeigt ihnen, wie es besser wird. Und
warum es besser sein sollte (Motivation aktivieren). Und lässt sie
selber draufkommen.

Leider haben wir eine sehr fehlervermeidende, ängstliche,
autoritative Kultur. In der Familie, im Sport und im Geschäft. Wir
haben keine Kultur, die aus Fehlern erfrischende Erkenntnisse zieht
oder in ihnen im Vergleich neue Dinge entdeckt. Fehler sind negativ,
basta. Und gehören an den Pranger, you idiots! Das ist aber leider
nicht sehr kreativ, Leuts, wenn man denn… etwas mehr ereichen will als
seelisches Trostblog für verärgerte Texter zu sein.

Ein reines Prangerblog wirkt immer selbstreferentiell oder wie ein
verbitterter Lehrer. Es dient vielleicht der Treib- und Frustabfuhr der
Textergemeinde. Das ist sicher notwendige Seelenhygiene und
Seelenmülleimer zur Bestätigung für gestresste Texter oder für Texter
mit zu wenig Aufträgen, die grade wieder am Verzweifeln sind.

Ausschließlich Beiträge aus der Richtung Gruselkammer und
Haftrichter und eine Petition rein GEGEN schlechte Texte führen
nirgendwohin.

Wer wirklich zum Denken anregen will, muss seine Leser zum Vergleichen anregen.
Oder wie Rathenau sagte: Denken heißt vergleichen.

12 Kommentare

  1. Elke

    Vroni, prinzipiell hast du völlig recht mit allem, was du schreibst. AAAAABBBBER: Die Textguerilla will nicht nur jammern und weinen und Stücke aus dem Gruselkabinett aufzeigen (obwohl das natürlich oft besonders viel Spaß macht), sondern tatsächlich zum Denken anregen. Und zum Vergleichen! Aber wir sind erst am Anfang! Beim ersten Schritt! Ich kann dir versprechen: Wir werden besser sein als der mäßigste Grundschullehrer! Es wird noch ganz viel Motivation, Anregung zum Denken und Vergleichen geben. Und ganz viel Einsatz: Nicht gegen schlechte Texte, sondern für gute Texte! Und wir würden uns freuen, wenn du dabei bist!

  2. Vroni

    Danke Elke,
    ich will vor allem, das ihr das reason why euerer Petition überdenkt. Denn diese ist es vor allem, die sich nur auf das Negative bezieht. Hätte ich nie so gemacht. Denn wer soll die kriegen. Ein Texter? (Der Einzige, der den Ingrimm versteht?). Dann ist es Eulen nach Athen tragen. Fast so gut wie Neger vor Hütte.
    Zur Einladung:
    Ich hoffe, ich darf diese Einladung auch an meinen Mann weiterreichen, der in unserem Laden der Texter ist :-)

  3. Susi

    Vroni, diese Petition wird nicht überreicht – sie ist ein Zeichen, ein Symbol. Und sicher kann man Sachen immer auch ganz anders machen …

  4. Tina

    Die Petition ist ja nur ein kleiner Ableger bzw. Ausleger, den man vielleicht auch anders hätte nutzen können. Die guten Texte werden bei der Textguerilla schon nicht zu kurz kommen, keine Sorge. :-)
    Wenn auf Misssstände hingewiesen wird, ist das eigentlich weder Jammern noch Bashen, es ist einfach so, dass erst schlechte Texte für Textqualität sensibilisieren – und sie das natürlich viel plakativer tun als beispielsweise ein gutes Lektorat, dem man einen gräusslichen Ausgangstext nicht ansieht. (Wie beim Putzen, das fällt ja auch selten rühmlich auf, aber umso deutlicher, wenn man drauf verzichtet hat.)
    Das wird scho. Vor allem, solange nicht zu sehr drüber gejammert wird, sondern konstruktiv gemacht … ;-)
    Entschuldige bitte, aber den konnte ich mir nicht verkneifen, die Headline ist ja auch ein wenig selbstreferenziell …)

  5. Tina

    “gräuslich” meinte ich und ziehe ein s zurück …

  6. Vroni

    Susi, hast du mich falsch verstanden?
    Ich möchte nicht, dass ihr die Petition an meinen Mann überreicht. :-)
    Sondern die Einladung an mich, bei den Textguerillas zu schreiben, an meinen Mann überreichen. So rum^^.

  7. Vroni

    Tina,
    wir sind hier auf diesem Blog nicht streng schulmeisterlich unterwegs (hoffentlich wenigstens) und daher sind für uns kleine Tippfehler und überzählige s, e oder u absolut kein Thema. Don’t mention it. Wer auf einem Stehempfang recht lang über den kleinen Fleck klagt, den ihm das Lachscanapée gezaubert hat, benimmt sich unerhört, denn das gehört nicht zum guten Ton :-). Zum guten Ton gehört und unkleinbürgerliche Souveränität beweist, dass man Contenance behält und das vornehm übersieht. Aber wahrscheinlich ist diese lässige Art, Knigge zu leben, nicht sehr deutsch, sondern anglophil.
    Aalsooo:-)
    Hier auf dem Blog wird spontan geschrieben und nicht stundenlang drüber lektoriert. Was natürlich in einer Unternehmensbroschüre ganz anders zu sein hat. We know.

  8. Tina

    Hallo Vroni, ich habe mich gar nicht auf irgendein Fehlerchen bezogen, ich weiß ehrlich gesagt nicht mal, was du meinst …
    Ich meinte vielmehr, dass die Headline sagt, Jammern sei nicht gut, man solle es lieber besser machen – der Beitrag selbst meckert dann aber auch eher an der Textguerilla rum, wenn auch mit dem durchaus konstruktiven Tipp, gute neben schlechte Texte zu stellen … ;-)

  9. Vroni

    Tina,
    ich meine das Posting hier:
    “”gräuslich” meinte ich und ziehe ein s zurück …”.

  10. Wolf

    Ach Kinders. Können wir nicht buchstabenfuchsen, wenn das Zeug in Druck gehen soll? Der interdisziplinäre Geek in mir entdeckt gerade wieder, wie wichtig eine umfassende Bildung ist:

    Schreiben ist eine Tätigkeit, die sich häufig in recht hohem Tempo vollziehen muss. Schlampig hingeworfene Buchstaben aber sind für den Empfänger unleserlich. Folglich läuft die Nachricht ins Leere, sie kommt nicht herüber und die beabsichtigte Kommunikation schlägt fehl.

    Das steht in https://web.archive.org/web/20110903033245/http://www.kovar-verlag.com:80/hebraeischkurs/primer/alefbet.html, und ich find’s klasse, um welche Ecken die Wahrheit grinst, wenn man sie absichtslos gar nicht mal sucht.
    !שלום

  11. Tina

    Ojemine. Ich lasse einfach nicht gern Fehler stehen, nicht mehr und nicht weniger. Aber ich sage doch meistens noch “Gesundheit!”, wenn jemand niesen muss, auch wenn’s sich nicht gehört … :-)

  12. Susi

    Lieber Wolf, hast du denn inzwischen eine Einladung gekriegt? Sonst schicke ich dir sehr gerne eine. :-)

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