Flaschen, Tüten und Papier
Sind dem Walde keine Zier.
Schleppst Du sie gefüllt hierher,
Trägst Du heimzu auch nicht schwer.PR-Lyrik seit ca. 1950.
Malerwinkel, das ist nicht das Eck, das die Esomieze vom dritten Stock in ihrem Abstellraum eingerichtet hat, das ist ein Flurname. Den Malerwinkel bei Geretsried mein ich, gelegen in der Gemarkung Schuss, ziemlich genau in der Mitte des zweiten Tages auf dem direkten Wanderweg von München nach Venedig. Alle Malerwinkel, die Google sonst kennt, liegen in anderen Winkeln und kosten meistens Halbpension. Das Material beschränkt sich auf einen Absatz PR-Prosa bei der Via Bavarica Tyrolensis.
Dabei wurde da ein “Weg der Geschichte” in zwei handlichen Teilstücken zu 10 und 18 Kilometern angelegt, auf dem man allerhand lernen kann. Zum Beispiel Vokabeln wie “Gemarkung”, “Würm-Eiszeit” und “Deltaschotter”:
Die Gegend auf dem Steilufer über dem Zusammenfluss von Rottach und Isar heißt “Malerwinkel”, weil sie ein beliebtes Motiv für Maler ist.
Vor etwa 15.000 Jahren, gegen Ende der Würm-Eiszeit, durchbrach die Isar, die vorher südlich von Bad Tölz Richtung Inn geströmt war, den Moränenrücken zwischen dem Malerwinkel und Rampertshofen und ergoss sich in den Wolfratshauser See, der sich von Hohenschäftlarn bis Bad Heilbrunn erstreckte. Diesen See füllte die Isar zunächst in seiner Mitte durch die Aufschüttung von Deltaschotter im Raum Königsdorf-Wiesen und im Raum Gelting auf. Bei Hohenschäftlarn durchbrach sie daraufhin den hoch aufragenden Endmoränenwall des Isar-Loisachgletschers, so dass der Wolfratshauser See an seinem Nordende auslief. Er wurde das Opfer der reißenden Isar.
1877 wurde in der Nähe des Malerwinkels ein gut erhaltenes Bronzeschwert gefunden. Es befindet sich jetzt in der Prähistorischen Staatssammlung in München.
Der Fischreichtum von Isar und Rottach und gute Jagdmöglichkeiten in den umliegenden Wäldern hatte[n] offensichtlich schon in der Bronzezeit (1.800 bis 700 vor Christus) Menschen in den Malerwinkel gelockt.
Ein Vergeben des Flurnamens “Malerwinkel” veranschlage ich aus sprach- und kulturhistorischer Kenntnis in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als es für den Geretsrieder Sommerfrischler so normal wie heute ein Rutsch zum Gardasee war, mit Staffelei unterm Arm und den Biedermeier im Sinn schöne Landschaften vor Ort in Öl zu pinseln. Da lasse ich mich von zuständigen Experten korrigieren, die z.B. die PR-Prosa für die Via Bavarica Tyrolensis verantworten, aber bis auf begründeten Widerspruch werde ich das glauben.
So malerisch es da tatsächlich aussieht, wird’s aber wohl nichts werden mit dem Widerspruch: Fischreichtum von Isar und Rottach und gute Jagdmöglichkeiten waren vielleicht in der Bronzezeit ausgeprägt, heute gibt’s zwischen Geretsried und Bad Tölz nur alle paar Kilometer ein Schild vom Weg der Geschichte, aber praktisch kein Wirtshaus, und das kann sich ganz schön hinziehen. Der land- und forstwirtschaftlich orientierten Gemarkung Schuss wird das eher wurscht sein.
Also, geschätzte Kulturwanderer: Brotzeit selber mitbringen, aufs Einwickelpapier unter gestalterischer Einbindung der Butterfettflecken spontane Bleistiftskizzen werfen und schön wieder mit heimnehmen.
Ausführliche Fußmärsche machen übrigens wirklich klug: Diese Woche wurde ich nachts um drei mitten in München von einem Taxifahrer nach dem Weg gefragt. Und hab ihn gewusst.
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