Update zu À la recherche de l’Ivar perdu:
Auch sowas, das vor zwanzig Jahren undenkbar gewesen wäre: Man trifft nahezu täglich ausgelesene Bücher im Mülleimer.
Um den Verhandlungsweg zu Godwin’s Law abzukürzen: Wahrscheinlich verschwinden die Bücherverbrennungen inzwischen aus dem kollektiven Gedächtnis; Bücher mit ihrer darin festgeschriebenen Meinungsfreiheit sind nicht mehr das schützenswerteste aller Kulturgüter, sondern etwas unpraktische Lesegeräte, die vergilben.
Ob das schlimm ist? Zumindest ist es ein entspannter Umgang mit Medien. Illegal ist es vermutlich nicht, da muss man als Mediennutzer schon dankbar sein. Außerdem weiß ich noch, wie man seinerzeit ums Abendland fürchtete, als die Schallplattenläden von LPs (das waren pizzagroße Tonträger aus Polyvinylchlorid mit besonderen Soundeffekten) auf CDs umstellten. Dabei war das reines Entgegenkommen: CDs musste man nicht nach der Hälfte ihrer Laufzeit umdrehen, und durchs Aufnehmen entstanden keine neuen Soundeffekte.
Die Bücher im Abfall finden sich immerhin meistens im Altpapier. Und Strg + F vermiss ich bei denen schon lange. Aber ich schau trotzdem erst mal, ob Kindle-Versionen länger lesbar bleiben als die weiland Disketten, so viel zu lesen hab ich noch.
Übrigens: Wer eine wirklich echte, originale, unwidersprechlich fälschungsfreie und antiquarisch tragfähige Goethe-Erstausgabe besitzen will, soll mal nach Wilhelm Meisters theatralische Sendung suchen. Die ist nämlich erst 1911 rekonstruiert, gilt aber als eigenständiges Werk von Goethe. Hab ich gerade, ohne übertrieben angestrengt zu suchen, für 15 Euro gefunden, und zwar von 1911, keinen der lizenzfreien Nachdrucke von Aufbau und Reclam. Es ist eine Lust, im 21. Jahrhundert zu leben.
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