Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Die Beschwerden über mein Verhalten (und nicht über die Katze)

Die Beschwerden über mein Verhalten häufen sich.

Am fleißigsten häuft Vroni, die am meisten von meinem Verhalten abkriegt, also schon rein statistisch mehr Material zum Häufen ansammeln kann. Natürlich liefere ich, was ich kann.

Ebenso natürlich liefere ich weder aus Stolz auf mein Ungenügen noch aus böser Absicht. Leider lässt sich niemals sagen, es sei nicht so geplant gewesen, habe sich nur so ergeben, weil jeder seines Glückes Schmied ist durch die Entscheidungen, die er sein Leben lang im Millisekundentakt zu treffen hat. Wie jeder denkende und fühlende Mensch versuche auch ich Kenntnis auf Erkenntnis zu häufen und nicht immer nur die doofen Beschwerden, um Göttern oder wenigstens Gelehrten zu gleichen. Wie jedem denkenden und fühlenden Menschen muss mir jedoch die Verantwortung all der Millisekunden erst alle Knochen und dann das Herz brechen, und am Ende gleiche ich doch wieder einem Knalldeppen. Gut, dass es nur die Beschwerden über mein Verhalten sind, die sich da häufen, und nicht über mich selbst, sonst wäre ich schon vor sehr vielen Millisekunden Kummers und Schande gestorben.

In meiner Gesellschaft kann eine stinknormale Samstagnacht nämlich durchaus schon mal knapp zusammengefasst ablaufen wie:

Die Frau stellt fest, dass eine von zwei Katzen im Bett fehlt.
Die Katze muss gesucht werden, genauer: Die restliche Nacht muss durchwacht werden.
In der Baustelle im Nachbar-Innenhof fällt man besser nicht in die Baugrube, sonst saut man sich die nagelneue Levi’s 501 (36/36) von oben bis unten mit Schlamm ein; das Dilemma ist: Man kann es auch nicht bleiben lassen, sonst: schuldhafte Vernachlässigung möglicher Aufenthaltsorte einer jungen Katze, die noch gar nicht raus darf.
In der richtigen Stimmung kann man lärmende Gäste von Hausnachbarn, die früh um halb fünf im Regen auf ein Taxi warten, mit einem einem einzigen Blick zur Ordnung rufen. Erfolgreich.
Man muss auch in den frühen Sonntagmorgenstunden die relevanten Hinterhöfe mehrmals nach der Katze absuchen. Auch die mit Baustellen. Besonders in den frühen Sonntagmorgenstunden. Besonders die mit Baustellen. Und vor allem: mehrmals.
Man kann sich dabei sogar die Schulter auf mehrere Tage behandlungswürdig verrenken. Man kann ja jederzeit bei einem Arzt vorsprechen, die Katze kann das nicht.
Sonntag früh um fünf ist eine gute Zeit, um Futternäpfe mit ausgesuchten Leckereien im Treppenhaus und an regengeschützten Plätzen im Freien aufzustellen. Findet die Frau.
Sonntag früh um halb sechs ist eine gute Zeit, um von einem frisch dazueroberten Schlafplatz aufzustehen: dem zweitobersten Regalfach hinter den zweitneuesten Levi’s 501 (auch schon 36/36, meine — schwarz) und einem nicht ganz billigen Schal mit goldenen Troddeln (ihrer — schwarz). Findet die Katze (schwarz).
Und es macht dann besonders Spaß, Frauchen und Herrchen vom gemütlich geheizten Zimmer aus beim mehrfachen Absuchen der Hinterhöfe zuzuschauen. Jedenfalls spinnen die alle — findet abermals: die Katze.
Nach kurzem Erschöpfungskoma ist eine gute Zeit, endlich eine anständige Taschenlampe zu bestellen. Findet die Katze zwar nicht, weil man die nicht fressen kann, aber die Katze wird ausnahmsweise nicht gefragt.

Mein Gott, Riebesehl“, stöhnt Vroni, “kannst du nicht einmal eine Katze suchen wie andere Leute auch?”

Die Beschwerden über mein Verhalten häufen sich, wahrscheinlich sind sie sogar berechtigt. Vielleicht sollte ich doch lieber …

Ach, letztendlich ist wurschtegal, was ich sollte: Leben kann man davon garantiert nicht.

2 Kommentare

  1. Archegonus

    Liebe Vroni, lieber Wolf,
    als eifriger Leser von Tierheim-Verlustmeldeseiten mit Schwerpunkt in Unter-Franken kann ich leider nur sagen, dass die Wiederfindquote der gemeinen Hauskatze durch den urspr. “Besitzer” subjektiv empfunden bei weniger als 1,5% liegt. Hunde sind da deutlich mehr fund- und futteraffin. Katzen interessieren sich “einen Dreck” über die Herkunft irgendeines Futternapfs oder gar für dessen Befüller. Entweder sie kommt aus freien Stücken zurück oder gar nicht. Ich wollte mal eine Sache aufschreiben, die gelautet hätte, “Die Katze, die mit dem Teppich ausgeschüttelt wurde” (Erdgeschoß [also gemeint ist das Stockwerk, nicht die Katze], nix passiert, aber sie hat dann trotzdem gekündigt), nachdem aber damals dann so Sachen erschienen sind wie “Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg … ” etc. hab ich es wieder aufgegeben. Wäre ich unterwegs auf den Pfaden von Ambrose Bierce, würde ich zu dessen Originalzitat (Des Teufels Wörterbuch, den Eintrag Katze NIE einem Katzenliebhaber zeigen, sonst ist man unter dem Küchentisch durch!) einen Eintrag hinzufügen: “Katze, ugs. auch Dachhase, häufiges, aber flüchtiges Element, das unter Haus- und Heimbedingungen mit einer Halbwertszeit von ca. 3-5 Jahren festgestellt werden kann”.

    • Vroni

      Verehrter Archegonus,
      kann ich so nicht ganz bestätigen!
      Habe bis jetzt mehrere eigene Katzen, die abgängig waren, wiedergefunden.

      Die eine hatte sich 2 Wochen lang benommen in ein Kinder-Tipi in einem Garten verkrochen, nachdem sie von einem Auto erfasst wurde und einen Schlag an den Kopf bekommen hatte (gottlob nicht mehr als ein Schlag).

      Ich verteilte Handzettel in der Nachbarschaft, klebte kleine Plakate mit großem Bild und die griechische Oma der Kinder, die diese Mieze täglich fütterte, rief mich dann an. Katze wieder da, alle glücklich.

      Die andere Mieze wurde von einer alten wohlhabenden Lady “weg”-gefüttert. Ich verteilte Handzettel in der Nachbarschaft, klebte kleine Plakate mit großem Bild an den Edeka mit entsprechenden Andeutungen, dass die wer füttert – und die entsprechende Dame las das und gab zu, dass sie meine Katze mit Superleckerchen verwöhnte. Katze wieder da, alle glücklich.

      Die nächste verlief sich wohl beim Mausen und verirrte sich in einem fremden Hinterhof, aus dem sie nicht mehr wie gewohnt rauskonnte (Hoftor zugesperrt worden). Ich verteilte Handzettel in der Nachbarschaft, klebte kleine Plakate mit großem Bild. Ein Ehepaar hörte tagelang eine Katze in ihrem Hinterhof, immer kläglich aber auch steigernd nervig, miauen. Sie war es. Man fing sie ein mit einem Korb und man rief mich sofort an. Katze wieder da, Katze tagelang heiser und sehr hungrig, alle glücklich.

      Die schöne Diva mit den weißen Pfoten, lief tagsüber während ich auf Arbeit war vor ein Mofa, fiel um und wurde von guten Menschen ge-johannitert. Sie kam ohne unser Wissen in eine Tierklinik in der Nachbarschaft. Ich verteilte und klebte …, die Geschichte kennt man nun schon …
      Nachdem die Tropfer ab waren, durfte ich sie überglücklich abholen.

      Eine andere – unsere Lieblingsmieze, der Mor – kam von alleine schon nach 1 Tag wieder, sie hatte sich einfach nur beim Mausen verspätet.

      Gerade das Handzettel verteilen und Plakate kleben mit Bild bringt etwas.

      Und natürlich ruhig und gefasst suchen, mehrmals suchen und mit ruhiger Stimme und sanft rufen, sotto voce – ohne Geschrei und Gepolter, in den Gärten, in den Höfen. Sie hören dich, sitzen heimlich im Busch neben dir, lauschen hingebungsvoll deinen sanften Worten und kommen später darauf zurück. Und natürlich als Vorbeugung gut zur Mieze sein. Eine Katze, die jeden Tag und gerne heimkommt, das ist ein Zeichen, dass sie wohl artgerecht gehalten wird und sich wohlfühlt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

© 2024 Freitag! Logbuch

Theme von Anders NorénHoch ↑