Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Autor: Vroni Grabel (Seite 1 von 12)

„Family from Hell“ oder: Kleine Morde unter Freunden

 

"Clients from Hell" kenne ich als Site.

…als Buch als Gute-Nacht-Lektüre (ISBN 978-0-9824739-3-1); darin wird die missverständliche Sicht auf unsere kreative Arbeit in zahlreichen wunderbaren Geschichten nacherzählt. Diese sind wahr, unfassbar und daher brüllwitzig komisch!

kennt es Thilo vom fontblog.

 

Wer aber kennt das Buch "Family from Hell"?

Ich! Ganz alleine!

Die missverständliche Sicht auf kreative Arbeit darf ich im realen Alltag ab und an „genießen“. Zu Besuch gestern bei meinen Lieben auch wieder.

Nicht nur, dass sie kaum verstehen, was ich mache. (Der Klassiker: „Irgendwas mit Computer, aber früher war das doch mit Pinsel …“) Das habe ich langsam kapieren müssen, dass sich das wohl nie ändern wird. Denn eine Erklärung, was ich eigentlich wirklich mache, die länger ist als 2 Sätze, wird nicht gewünscht und ihr wird auch nicht zugehört. Werde eher abrupt unterbrochen, dass es doch besser gewesen wäre, wenn ich Lehrer geworden wäre, weil ich so gerne belehren würde…

Ich gab es also schon vor längerer Zeit auf. Muss ja keine Magengeschwüre kriegen.

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Man gibt mir aber auch regelmäßig ungefragt Ratschläge, dass ich den „Kunden“ halt einfach alles machen solle, was sie wollten. Ihnen beispielsweise Stellenanzeigen gestalten, wo HohlSPIEGEL-reif widersprüchlichster Schwachsinn im Text stehen solle. Nicht beraten! Die wollen das halt und dann machst du das halt so! Denn dann wären diese zufrieden mit dir und das sei Dienstleistung.

Sie halten sich damit jedoch nicht allzu lange auf, lassen mich verdattert stehen und sprechen bei Torte wieder darüber, wie teuer ihr Gärtner geworden sei, ihre neue Nagellackfarbe, und dass sie versuchen wollen, aus ihrem geschlossenen Immobilienfonds herauszukommen, der zu wenig Ertrag abwirft … .

Was steh' ich aus.

Ich weiß manchmal nicht, ob ich über Realsatire im Alltag lachen oder weinen soll. Satire besser im Buch oder im Film! Besser ist das.

DVD-Empfehlung: „Kleine Morde unter Freunden“

 

Vernünftiges Marketing geht anders

 

Neulich erreichte mich eine typische Anfrage mit der Bitte um ein klares Preisangebot. Im cc waren zu sehen: noch zwei andere Textanbieter :-) Und schnell sollte es gehen. Es sei dringend.

Ich zurückgemailt, dass klares Preisangebot gerne, aber derzeit nicht, da keine klare Beschreibung der Aufgabe und kein klarer Auftragsumfang vorliegt.
Den bekam ich dann, aber sehr kurz und sehr, was soll ich sagen, wenig aussagekräftig. Es kam mir vor, wie wenn man nach Textmenge bezahlen wollte, 1 Wort = xx Cent. Man wollte jedoch: 1 neues Unternehmensprofil und neue Texte für die Website. Vielleicht auch nur ein schöner flotter Text für den index. Ah ja.

Telefonierte zurück, dass sie, wenn sie wirklich 1 neues Unternehmensprofil wollten, welches funktioniert, dass das in ihrer engen und abgegrasten Branche kein Zuckerschlecken sei und sie mit mind. 2000-3000 EUR rechnen sollten, da Recherche, Wettbewerbsbeobachtung, SWOT, Positionierungs-Ansätze, Charts dazu, Strategie- und Marketingüberlegungen dazukommen würden et al. Pause in der Leitung, aha, vermutlich war ihnen das zu teuer. Aber kaum aufgelegt, dachte ich mir, uups, jeder Konzepter, jede Unternehmensberatung würde jetzt über mich lachen, einen dermaßen günstigen Schnappen angeboten zu haben. Sie würden mind. 5000-10 000 berechnen. Ich ärgerte mich.
Aber denen waren 2000-3000 zu teuer, also was soll’s.

2 Tage später kam, dass sie sich jemand anders ausgesucht hätten. Da ich ja weiß, wer diese Kandidaten sind, konnte ich mir schwer vorstellen, dass da allzuviele drunter sind, die ein bisschen Ahnung haben, was es bedeutet, ein strategisches Unternehmensprofil für einen engen Markt zu erstellen, nämlich eine Heidenvorarbeit und nicht erfinderisches Schöntexten. Hallo, sind wir im Supermarkt? 1 mal Waschmittel bitte, aber bitte keine teueren Megaperls, die knacken immer so beim Essen? Hallo?

Wer immer da – noch – günstiger als ich Dumme angeboten hat, oder gar selber getextet hat auf die Schnelle: Ein Unternehmensprofil formulieren, welches funktioniert, ist nicht: Corporate-Schönschwatz abliefern oder ratzfatz, um auf Teufel komm raus Kunden zu kriegen, Billigpreisangebote hypen. Das ist der Anfang vom End’, wie man in Bayern zu sagen pflegt. Wie zum Teufel wollt ihr das hinkriegen, wenn es für den ROI wirklich etwas taugen soll? Wenn es, wie der Auftraggeber sogar selber formuliert, Konversion und Kunden bringen soll, also übersetzt: wirklich attraktive Alleinstellungsmerkmale haben soll, den Markt verstanden haben soll?

Die Website des Anfragers ist http://www.°°°.com/, mit veralteten, suchmaschinenunfreundlichen Frames (!), wobei sie – irritierend – sogar selber Suchmaschinenoptimierung anbieten (sic) und wirbt seit heute mit “Preiswerte Webseite schon ab 25 EUR“, aber hallo. Komma- und “Pläng”-Fehler darinnen ohne Ende. Vorgestern war noch ein anderer Text drauf. War’s das jetzt? Soll dieses Billigreißerangebot mit dem Geldwäschersatz “Effektive und effiziente Geldanlage” im Metatag Description ein attraktives Unternehmensprofil bewerben und wenn ja welches? Ich werde bei Gelegenheit wieder mal vorbeisurfen, versprochen. Gucken, was Kollegas für Umme so texten tun. Am Ende aber ist der heutige Text bereits der gelieferte, hüstel. Dann gehe ich mal fremdschämen.

Oder ist alles im Web eh nur a Gschmarri. (Könnt’ ja sein, in letzter Zeit drängt sich mir dieser Eindruck gehäuft auf.)

Dann hab ich nix gesagt.

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Update (07.08.2008):

Sie haben den Stecker gezogen. http://www.°°°.com/ ist nicht mehr aufrufbar.

 

UPDATE 2 (16.12.2011:

 

Gerade erreicht mich diese Mail deren Geschäftsführers

“Sehr geehrte Herr und Frau Gräbel, ich bitte Sie unverzüglich alle Ihre absichtlichen, meinem Geschäft ausdrücklich schadenden Texte über mein Unternehmen zu löschen sowie deren Löschung aus dem Google-Cash zu beantragen.

Folgender Text auf http://the-missinglink.blogs.com/logisches/200x/0x/xxx

https://blog.vroni-graebel.de/logisches/xxx

sowie alle anderen Texte von Ihnen bezüglich meines Unternehmens sollen sofort und spätestens bis am 22.12.2011 gelöscht werden.

Dass Sie völlig grundlos mein Unternehmen schlecht machen und widerrechtliche Werbung meines Unternehmens betreiben, hat folgende negative Auswirkungen auf mein Geschäft: http://www.°°°.com/topic.html

Ferner sollen Sie diesen Link auf dem °°°-forum, welches mein Unternehmen negativ darstellt, auch entfernen. Wenn meine Forderungen Ihrerseits nicht eingehalten werden, so werde ich rechtliche Schritte gegen Sie einleiten.

Mit freundlichen Grüßen,

X. Y. Geschäftsführer Fa. xxx-xxx

E-Mail: info@xxx.com Skype: xxxxx-xx

Tel./Fax: xxx / xxx xx xx Web: www.xxx.com ”

 

Mein Kommentar dazu:

Wie soll ich den Link im Forum bitte entfernen, geht nicht. Bin nicht der Webmaster dort. Kann ihn drum bitten, aber es liegt nicht in meiner Macht, dass er es auch durchführt.

Werde jedoch die Links hier zu Ihrem Unternehmen, Herr Y, wegtun. Das kann ich Ihnen vorschlagen. Den alten Artikel (mit dem funktionierenden Link) aus dem Google-Cache herausnehmen, kann ich Ihnen auch machen. Hinweis: Die Links entferne ich nur deswegen, weil ich keinerlei Lust auf einen Rechtsstreit habe.

Monsterladies

Isar-typografie

Typografie-Graffiti in Unterführung des Glockenbachs/München

Zu dem Thema, warum Frauen es nicht in die Chefetage schaffen, möchte ich völlig emotionslos ein Buch nennen:

Wie kitzle ich den Tiger, wenn er knurrt?"
So knackt Frau den Hierarchie-Code
Autor: Maria Hof-Glatz
Verlag orell füssli Schweiz

Auszug:

"Steile
Hierarchien sind Systeme, die schwache Männer stützen und starke Frauen
stutzen. Männer lieben Hierarchien, denn sie geben ihnen Sicherheit und
Regeln, Strukturen und Rituale. Sie sind wie Rüstungen: Sie
signalisieren Stärke, aber sie hemmen auch und wirken abweisend."

"Frauen,
die die hierarchische Ordnung nicht kennen, und von der Empfindlichkeit
der Männer nichts ahnen, sehen nur diese Rüstung und sind verführt zu
attackieren. Sie machen es dort, wo ihre weiblichen Stärken liegen: im
persönlichen Bereich, kommunikativ, und wortgewaltig. Aber um
traditionelle Konfliktformen zu durchbrechen und Hierarchien für sich
zu nutzen, müssen Frauen wissen, wie Männer und ihre Systeme
funktionieren."

Weitere Erkenntnisse aus dem Buch (ich kolportiere nur):

Der
Grund, warum es das glass cieling gibt ist, dass Frauen aufgrund ihrer
anderen Kommunikationsbereitschaft und ihrem leicht anderem Wertesystem
(privater, persönlicher, ergebnisorientierter denn statusorientiert)
mit dem männlich geprägten Hierarchiesystem (anonymer,
intransparentere, statusorientiertere Regeln) wenig anfangen können und
sich auch überflüssigerweise auch noch recht ungeschickt darin bewegen.

Sie erkennen Bluffs nicht als Bluff, sie hängen sich zu weit
und zu ungesichert aus dem Fenster und mit der Solidariät ihrer
Geschlechtsgenossinnen können sie auch nicht immer zählen. Männerkriege
werden gelassen als Hirschkämpfe wahrgenommen, die "normal" sind,
Frauenkriege werden als Zickereien wahrgenommen, die nicht "normal "
sind.

Dazu kommt eine doppelte Bewertung, der sich Männer
nicht in diesem Maß stellen müssen: Weibliche "Tomboys", also die etwas
burschikoseren Frauen, gelten als nicht weiblich genug, das gilt auch
im Business als Makel die sehr weiblichen Frauen hingegen gelten
bereits von vornherein als unfähig. Das gilt als ganz großer Makel.
Übrigens sehen das auch Frauen so. Beide Makel sind von vornherein als
ganz klare Aufstiegshindernisse definiert, denn der Aufsteigende muss
makellos sein oder zumindest wirken. Frauen wirken aber in diesen
betriebssozialen Zusammenhängen meist immer mit einem der beiden Makel
behaftet, egal wohin sie tendieren. Dazu oder eben als Ausgleich, um
es doch nach oben zu schaffen wollen sie verstärkt und häufig leider
verbissen mit ihrer guten Fachkenntnis brillieren (welche durchaus da
ist), und das ist aber dann das endgültige Eigentor, der endgültige
Todesstoß, die Steilvorlage: Denn Hierarchie geht in
männlich-orientierten Strukturen vor Fachkenntnis. Die ach so tüchtigen
Damen sitzen in der Falle.

Und daher brauchen wir eine Abkehr
von den beinahe militärischen Hierarchiestrukturen hin zu dezentralen
Strukturen. Wie: Es müssen die Vorteile von offeneren und dezentraleren
Strukturen aufgezeigt werden. Realisierbarkeit: nicht mehr in diesem
Jahrhundert. So etwas dauert Generationen. Status: Zur Zeit wird unsere
Welt wieder eher männlich-hierarchischer.

Eine Quote wie in Norwegen WÄRE ein akzeptierbares Signal zur Umkehr.
Die
Quote hat nur den Fehler, dass sie Frauen höchstens dazu bringt, in
Mengen ausgeprägt männliches Hierarchieverhalten der Topebenen zu
inhalieren und zu lernen bis zur Thatcherisierung und
Grob-Vermännlichung. Damit tut man Frauen aber keinen Gefallen. Ihre
Qualität ist eine andere Art der Machtausübung: die Macht der
richtigeren Argumente und ihrer raschen tatkräftigen Umsetzung. Da sind
Frauen gut. Nicht die männliche ranghöhere Macht von Status und
Statuserhalt, ranghöher als gute Argumente. Männer debattieren aus Lust
an der Debatte und aus Lust an Schaukämpfen. Frauen debattieren, weil
sie als erstes nützliche Ergebnisse wollen, erst dann vielleicht ein
bisschen Schau.

Und Männern tut die Quote daher auch nicht gut,
denn es tut ihnen und der krisengebeutelten Welt eher gut, von extrem
männlich-hierarchischen System WEGzukommen anstatt Frauen
daHINzubekommen, damit die ihnen in allem gleich sind und dazu auch
noch die männlichen Unarten perfektioniert haben. Solche Frauen sind
Monsterladies.

Warum Text für mich jetzt vor Design kommt

 

Radler-mit-haselnüssen

In meiner jungen, wilden Zeit frisch nach der Hochschule war Text in der Praxis    ich rede jetzt nicht von wunderschönen, typografischen Ausflügen, sondern vom "Muss-Text"  für mich so etwas wie eine öde zerfurchte Fläche.  Text war: lästig, mein Feind. Muss-Texte waren die Seuche, sie waren die grässlichen Kratzer im Image.  Sie  erschwerten mir mein Grafikerleben enorm.

Bis ich meinen Mann kennenlernte.

Ab da verstand ich langsam, dass Text    guter Text   das schlüssige Bild im Kopf ist. Ohne das weder eine Konzeption noch eine kurze Copy etwas Gescheites wird.

Mittlerweile fange ich gar kein Design mehr an, ohne zuerst die Dinge mit Worten zu beschreiben, zu erklären, zu drehen, zu wenden, ins Licht zu halten, neu zu formen.  Die bildhaften Assoziationen, die dabei herauskommen, sind wunderbarer Nährboden für Geschichten und deutlich mehr Gestaltungsideen als vorher.

Ist Frust bei der Kundenakquise der Grund für die Flucht ins Netz?

Blaetterdachflaucherhell

Die Frage hat es in sich.

Die Akquise-Flucht in das vermutet  anonymere und in das vermutet  weniger anstrengende, reine, herrlich klare Internet halte ich für ein starkes Motiv vieler, die im Internet ein Geschäft aufmachen wollen.  Der Traum vom Perpetuum Mobile, von dem Ding, das von alleine vollautomatisch Geld verdient und kein Personal braucht! Wunderschön deutlich scheinende Trackingzahlen! Alles läuft anscheinend von alleine, das Serverchen brummt, das wiegt in Sicherheit. Auch in Sicherheit vor lästigen Kunden?

Habe ich von Auftraggebern schon gehört, die sich scheuen, ins Getümmel des Lebens zu
gehen, dass "man keine Lust mehr habe", sich im echten Leben mit
Klingelputzen und anstrengender ungewisser Real-Akquise, quengelnden Interessenten menschlich
herumzuplagen. Real-Akquise wird als menschliche Plage empfunden.
Dauernd akquirieren zu müssen wird zudem noch als hoher Kostenfaktor, id
est: unwirtschaftlich betrachtet.  Reine Finanzleute unter meinen Kunden
sehen das oft so.

Internet-Shop aufmachen, die Leute sollen dich
da das Produkt kaufen oder downloaden, kein Rumdiskutieren wie im Laden
und Tschüss… :-))

Die Frage ist:
Ist es ein sehr kluges Motiv?
Und
muss man nicht auch im Netz als Shopbetreiber freundlich und geduldig auf Kundenfragen
antworten, sich um Zulauf und Akquise kümmern. Die alte unsinnige
Faul-Idee: Zielgruppe sei, wer sich – ausversehen?- in den E-Shop
verläuft, ist ebenfalls nicht auszurotten: 1. Hauptirrtum.  Nur so ganz nebenbei.

Das Motiv ist nicht klug, aber es ist da 
ich weiß es, ich höre es oft.

Doch das Netz ist nicht minder
anstrengend als am Verkaufstresen zu diskutieren oder als Kaltanrufe zu machen.
Nur anders anstrengend, anders expensiv (Kosten jetzt). Internet, das gut läuft,  kost'
net nix. 2. Hauptirrtum vieler hoffnungsvoller Aspiranten.

Wer da
Erfolg haben will, muss sehr wohl investieren nicht zu knapp. Mit
seinen Kunden reden, verhandeln und kann sich nicht als hohler Avatar zurückziehen.
Märkte sind Gespräche (Cluetrain), gerade im Netz. Und keine von allein sprechenden Plakate. Gerade da, wo der
Wettbewerb dicht wird. Wer Gespräche als anstrengend empfindet, wird
auch im Netz nix reißen.

Ein akquirieren müssendes Unternehmen (und das sind 99%) muss sich gar
nicht überlegen, wo es denn besser aufgestellt wäre, was denn strategisch
mehr Sinn gäbe. Oft gibt es die Frage, was ist besser gar nicht: Man muss beides machen. Weil die Menschen, ob jung oderälter mittlerweile sich beide in beiden Welten bewegen.  Cross eben.  Für den der Cross für Schoko-Chips hält
:- ): Marketing/Akquise-Mix Offline und online. Der Mix bringt am meisten.

Featuring Great Cat Content 2

Gummikaetzchen  

Liebes Finanzamt, bin ja schon drüber.
Leider hast du mir immer noch nicht gesagt, ob man als Kreativer seine Gummibärchen-Miezen als Betriebsausgabe absetzen kann, weil Standard-Nahrung zur Kreativaufrechterhaltung. Meine Anfrage, ob unsere Betriebskatze Moritz als festangestellter Mitarbeiter "Einsatzgebiet Motivation und Blutdrucksenkung" oder eher als Mouselancer einzustufen ist, hast du auch noch nicht beantwortet.
Also wie jetzt.

Die typische Handbewegung eines Grafikdesigners im Aufzug

Oder: Warum Elevator-Pitches krachdumm sind.

Ketzerey: Ich glaube nicht, dass man bei Übungen für Elevator-Pitsch-Veranstaltungen fürs echte Leben trainieren kann. Man kann versuchen, Investoren damit zu beeindrucken.

Im
echten Leben wird man meist das "Und was machen Sie so?" als
rhetorische Frage gefragt, die keine tiefschürfende superschlaue
Antwort innert der Laufzeit eines Adidas-Spots erwartet. Man fragt das nur als soziale Übersprungshandlung, aus lauer Neugierde, wenn keinem im Smalltalk was Gescheites
einfällt^^. Jeder kennt das auf gnadenlosen Visitenkarten-Parties, beim
gemeinsamen Essen nach Vorträgen oder im Hotel-Foyer. Das Gegenüber
erwartet eigentlich nicht wirklich einen perfekten 30 sec. Maschinengewehr-Vortrag. Es ist eher
wie beim amerikanischen "How do you do?". Es wird lediglich ein "Oh,
I'm fine!" erwartet. Liefert man den tiefschürfenden Supah-Vortrag mit
in rascher Sprache trainierter Zunge dennoch ab, entpuppt man sich
meist dem Fragenden als naiver Business-Langweiler, der brav aufnimmt, was alle so sagen, was man tun und sein müsse. Voll uncool.

Da ich von Natur aus ein sehr faules Zirkuspferd bin, überlege ich sehr genau, ob sich für meine Geschäftserwartung so eine Zirkusvorführung lohnt. :-)

Wenn mich jemand fragt: Und was machen Sie so?
mache ich einfach lächelnd eine typische Handbewegung…
Ist das "Opfer" immer noch interessiert, wird es weiterfragen…
Wenn es eh nur eine rhetorische Frage war (was es meist ist),
ist es zumindest amüsiert.
Also Schritt für Schritt, und abwarten, was passiert: Ob sich echtes Interesse einstellt.
Aber keinesfalls sofort zum Voll-Vortrag ausholen. Max. 1 Satz.

In
der klassischen Werbung ist AIDA fast tot, aber damit kann das faule Zirkuspferd im echten Leben noch etwas damit anfangen:
Attention…., …. interest…

[Weitere
Ketzerey, da ich Elevator-Pitches eh nicht leiden kann: Wenn man bedenkt, dass der Ursprung des Elevator-Pitches
angeblich darin lag, dass Angestellte versuchten, im
Aufzug den Entscheidern, die in den 7. Stock fuhren, ihre Superideen
zwecks Beförderung aufzuschwatzen – höhere Tiere residieren immer im 7.Stock und exakt so
viel Zeit zu reden hat man… Wenn man das bedenkt und man sicher weiß, dass Vorstände ihnen unbekannte Firmenmitarbeiter  im Aufzug keinesfalls fragen:"Und was machen Sie so?"
kann man sich ausmalen, wie wenig realitätsbezogen die Kunstform
Elavator-Pitch ist. Sie hilft maximal dabei, sich zu zwingen, sich
Gedanken zu machen, wieviel und wie interessant – und wie sozial
angemessen – man seine Sachen preisgeben könnte. Der Lastwagenfahrer in
der lustigen Eckkneipe will da anders "unterhalten" werden als der
FAZ-Journalist, der einem im ICE gegenübersitzt und nett fragt, was man denn "so mache". Also
sollte man eigentlich besser seinen situativen EQ trainieren als in
jeder Lebenslage starr zu versuchen, ein Assessment-Center-Perfekti zu sein.]

Dazu themennahe Begleit-Musik, beginnend mit "basement". Bob Dylans Version des Elevator-Pitch. Er ist der Beste. Das ist sein Text dazu:  http://www.lyricsfreak.com/b/bob+dylan/subterranean+homesick+blues_20021303.html  So einen Pitch würde ich machen (I'll play the harmonica, the friendly wolf plays the banjo or the steel guitar…) – alle anderen nur unter Protest, da sie unter das Langeweileverbot seit 1611 fallen:

Logo von PRAKTIKAWELTEN.de

Voher:

Praktikawelten-alt

Nachher:

Praktikawelten-neu

Vorher etwas Missionsstationshaftes, jetzt Babysitteragentur?

Die Neugestaltung ist nicht von uns (the missinglink).
Ich bin am Überlegen, ob ein Babyfußabdruck wirklich das richtige Signal für die Vermittlung von Praktikanten in alle Welt ist.

Das neue Logo befindet sich in genau dieser Größe auf der konzeptionell unveränderten Website www.praktikawelten.de

Das alte Logo der Website platziert auf der Website findet man auf diesem Archivlink


Knallrosa im Webdesign. DER Trend?

Bin derzeit fassungslos. Das heißt was, denn ich habe schon einiges gesehen.
Jetzt muss ich mich halt auch noch an knalliges Rosa gewöhnen. Und zwar quer durch alle Branchen:

1. Beispiel Bestattungsmesse (!!)  in Düsseldorf

http://www.befa2010.de/cms/index.php?id=27&L=2

Bestattungsmesse

2. Beispiel Kultur(!!)referat der Stadt Nürnberg

http://www.nuernbergkultur.de/

Kulturreferat-Nuenberg


Echte Mädchenfarben, die einem nur bei Bravo Girl und Hello Kitty unterlaufen sind, werden zu Farben des wirtschaftlichen Optimismus und Geld-Frohsinns in jedem Bereich (BWLer tragen des längeren bereits rosa Krawatten.)

Wer hat noch weitere Beispiele im Web (IT, Maschinenbau… :-) )?

Irrglaube und Religion im Grafikdesign

“Es ist ein Irrglaube, dass es bei Design um Grafik geht.” (HD Schellnack)

Style über alles Aussage/Bedeutung wurschtegal.

Genau das gilt es anzugehen. Stimmt 100%ig als der Kern des Problems der ganzen Diskussionen um diese Branche und um Crowdsourcing.

Auch Designer erliegen nicht zu knapp dieser Religion der Oberfläche.
Daher ist es müßig, nur Kunden (hier die SPD) oder nur die Plattformbetreiber (die Gärtnerböcke)  wegen des missglückten ausgewählten Runen-Logos “missionieren” zu wollen. Der Feind sitzt doch längst in der eigenen Reihe (ich bin schon lange kein Verteidiger der eigenen Zunft mehr, merkt man das nicht?).

Wann wird endlich Klartext gesprochen?
Die Blogs sind voll, aber ich sehe nur, dass Debatten über Crowdsourcing beiderseits von Eifersucht auf das entweder jeweils “moralisch bessere” oder “cleverere” Geschäftsmodell getrieben sind und nicht darüber, was eigentlich wirklich passiert.

Dieser Irrglaube ist das häufigste Problem, das ich mit manchem Kunden habe. Wobei ich feststelle, dass je kleiner (ungebildeter? werfe ich mal arrogant in den Raum) der Kunde, desto mehr Irrglaube. Welcher nicht einmal durch Geduld, freundliche und gutmütige Aufklärung zu beheben ist, sondern erstaunlicherweise auf geharnischten Widerstand trifft. Mit dem erbitterten Vorwurf, mit “unnützen” inhaltlichen statt Oberflächen-Behandlungen nur künstlich den Preis rauf treiben zu wollen, hatte ich sehr oft zu kämpfen. In 10 % führte das zu Abbruch der Geschäftsbeziehung von meiner Seite aus – es herrscht Vertragsfreiheit, mei – und der Rest war ein Hin- und Hergeziehe, ein immer wieder Päppeln und Anspornen, dass ich vom Gedanken daran bereits erschöpft bin. Daher verdränge ich diese Art unguter “Design-Prozesse” lieber.

Ich mag nicht daran denken, was noch kommt, die Zeiten werden jedenfalls nicht besser. Und mancher liebe Standeskollege nutzt jeden Strohhalm, ins Geschäft zu kommen. Und schon ist man wegen 3 Mark fuffzig draußen, da zu “teuer” und zu “anstrengend”.

Man kann jetzt hergehen und sagen, ist doch prima, gut für den, der wirklich durchdachtes Design (Semiotik, Inhalt, gute Geschichten/Typografie auf dem Punkt und weiß der Geier) statt hübsche Oberflächengrütze abliefert. Diese andere oberflächlichere Klientel, Kunde mitsamt grafischer Mitbewerber, verdient es, gemeinsam miteinander unterzugehen, denn ihre Arbeit ist hübsch aber schlecht. Unternehmen, die ihr Design auf Oberfläche abstellen, werden schlechtere Chancen auf dem Markt haben, bla, Grafiker, die ihre Haut hübsch und billig verkaufen, werden auch immer nur herumkrebsen, bla.

Aber stimmt diese schöne (da tröstliche) Markttheorie auch? Noch sehe ich das nicht. Ich sehe, dass sich Schrottwerbung und Design-Glump (bairisch für Schrott) ganz gut verkauft und kein Unternehmen deswegen pleite gegangen ist.

Man sollte diese Markttheorie überprüfen. Kann sein, dass wenn alle auf der Religion Style sind, dass sich die Markt-Parameter längst verschoben haben.
Ich sage bewusst Religion, da mich das Wort Irrglaube dazu inspiriert hat. Und wer gegen Reilgion ankämpfen will, der tut gut daran zu wissen, dass er Thesen an Kirchtüren nageln muss, dass er exkommuniziert wird und sich auf Kreuzigungen gefasst machen muss. Amen.

“Fachwissen ist uninteressant.” Teil1

"Richtig manipulieren.

Niemand kauft Ihnen etwas ab, nur weil Sie auf Ihrem Gebiet kompetent
sind. Ihr Fachwissen ist selbstverständlich, sonst käme ich doch gar
nicht erst zu Ihnen!“

Geht es dem Leser auch so, von solchen textlichen Trainer- oder Coach-Anreißern massiv genervt zu sein? Meist übergehe ich solche Dinge, wenn sie mir in Newslettern oder im Netz begegnen, weil sie seltsamerweise plötzlich recht harmlos weiterreden – um wohlbekannte Binsen zu formulieren, wo ich das Gähnen unterdrücken muss. Weil mir der Tag zu schad ist.

So wie bei der Weiterrede, die exakt auf die obige  "provokative" Anmache folgt, dass Fachwissen uninteressant sei:

"Erfahren Sie von der Kraft der Vorannahmen. Lernen Sie, wie Medien Meinungen nach Belieben bilden oder ändern. Hören Sie, warum wir immer wieder den gleichen Mustern folgen."

Ja. Könnte interessant sein. Könnte. Weil der gewiefte medienerfahrene Leser das schon weiß. Könnte, auch, wenn es nicht so einen plötzlichen inhaltlichen Bruch gäbe und fad formuliert und brav daherkäme.

Was fehlt

Hier wäre Schreiber-Fachwissen nötig: Der fachwissende Kommunikator, der sich mit Menschen, Aussagen und Texten beschäftigt, bemerkt hier den deutlichen Bruch zwischen Anreißer und Weiterführung. Manchmal bemerken ihn sogar Journalisten^^.

Wo ist der Punkt

Wenn der geneigte Leser nicht gleich drauf kommt, was ich meine: Der geistige Bruch zwischen der Verheißung im Anreißer (der Headline, der Überschrift oder wie auch immer Sie das nennen), dass Fachwissen für den Erfolg nicht wichtig sei und der seltsamen Conclusio darauf, dass man von den Medien lernen solle, wie man Meinungen steuert. Der Sprung zu dem Medienthema ist nicht nachvollziehbar: Was hat es mit dem sich persönlich gut Verkaufen per Presse zu tun, wenn der Dienstleister bereits beim Kunden ist?

Solcherlei Sprünge macht nicht einmal BILD, sondern sie bleibt beim hechelnden Thema und zieht es schmatzend durch. (Aktuell: Der Amokschütze in Baden-Württemberg)

Public Relations in eigener Sache

In der Weiterführung gemeint ist Public Relations in eigener Sache, die man geschickt(er) machen solle, indem man von den "tollen" Medien abschaut. Aber man kommt spontan nicht über diese Brücke.  Warum? Tja, das ist der Fehler, der Bruch, den der Fachwissende sofort sieht:  "Abgeholt" wird der interessierte Leser dabei, wie er als Dienstleister vor dem Kunden steht, der ihn ja eh für sein tolles Fachwissen geholt hätte. Dann aber wird er stehen gelassen und plötzlich mit der Binse zugedeckt, dass er von der Presse lernen solle.

Hallo? Jemand da? 

Ein Profi hätte diese "Auflösung" entweder nie so geschrieben, oder eben einen anderen Anreißer für das Thema "Steuern der tollen Medien"  gewählt. Eine elementare Sache, die sogar der junge Copywriter-Praktikant in Werbeagenturen lernt, dass das so nicht geht. Und er lernt in guten Agenturen, wie es anders und besser geht.

Fachwissen ist durchaus nicht selbstverständlich

Nicht alles, was sich auf dem Markt tummelt und sich Texter oder Journalist nennt, hat Fachwissen und Professionalität. (Haben wir ja gerade gesehen.)

Und klar sind Diplome oder Uni-Abschlüsse nur die halbe Miete. Ein Blick in den beruflichen Werdegang aber und in die beruflichen Stationen des Dienstleisters, Texters oder Designers hilft sehr. Weit entgegen der provokativen Aussage, dass Fachwissen nichts nütze, da es eh jeder haben müsse. Letzeres ist Dummfasel.

Nachtrag: Medien sind eben nicht toll

Ich halte es für fatal, wenn ein Dienstleister/Unternehmer versucht, nach einer solchen Anleitung mit den Tricks der Medien PR so zu machen, wie die Medien es vormachen. Wenn ein Cocch oder ein "Erfolgs"-Trainer versucht, Ihnen das weis zu machen, verlangen Sie seine Ausbildungs-Zertifikate oder noch besser: Suchen Sie gleich das Weite.

Oder möchten Sie von einem Manipulations-Crashkurs-Besucher bedient werden? (Diese Frage ist manipulativ :-) )

Disclosure: Dieser Beitrag wurde von dem Designer des Teams geschrieben. Bitte keine Anwürfe, was Kommafehler, fehlende Blancs oder Tippfehler betrifft, danke! Unser Blog ist authentisch, spontan geschrieben. Die Texte kommen – anders als bei Presseveröffentlichungen, Ratgebern und Broschüren, da muss es – nicht ins teuere Lektorat :-)


The Good, the Bad and the Ugly


Ich überlege mir schon lange, ob ich nicht in regelmäßigen Abständen so etwas Ähnliches mache wie auf dem Designtagebuch:

Logos zeigen, die gut sind. Sagen, warum sie gut sind.
Sie in den side-by-side-Vergleich stellen zu Logos, die eindeutig schlecht sind (the bad ones).

Und auch da sagen, warum (auch in der Gefahr, dass man mal daneben liegt). Denn der Mensch braucht Orientierung. Nur noch das Ding mit den Rechten muss ich klären: ob ich überhaupt fremde Logos auf dem Blog zeigen darf.

The ugly Logos werden ein dritter nasty Strang zum lustigen maßvollen Ablästern. Weil sie jenseits von gut und böse sein werden. Allein schon als Honneurs an die Glorreichen Halunken, oder

Buono, il brutto, il cattivo.

. :-)

Ha! daß wir nicht unmittelbar mit den Augen malen!

Ha! daß wir nicht unmittelbar mit den Augen malen! Auf dem langen Wege, aus dem Auge durch den Arm in den Pinsel, wie viel geht da verloren! – Aber, wie ich sage, daß ich es weiß, was hier verloren gegangen, und wie es verloren gegangen, und warum es hat verloren gehen müssen: darauf bin ich ebenso stolz, und stolzer, als ich auf alles das´bin, was ich nicht habe verloren gehen lassen.
Aus Lessings Emilia Galotti

Auf dem langen Wege, aus dem Auge durch den Arm in den Pinsel, wie viel geht da verloren!  Dieser Satz  ist wunderschön: ich fühle mich verstanden. Wer jemals versucht hat, eine Idee, die er doch glasklar vor Augen hatte, festzuhalten und genau so wiederzugeben, weiß was ich meine.

Emilia Galotti war zwar ein politisches Stück, es prangerte damals die Unfähigkeit des Bürgertums an, sich gegen den Adel zu emanzipieren und beschrieb die Käuflichkeit der Macht.

Aber dieser emotionale Ausbruch Ha! mit dem dran hängenden Satz ist ganz modern: Werden doch schon “Gedankenhelme” gebaut (z. B. bei den Australiern von Emotiv ), mit denen man durch reines Denken, Fühlen oder durch Mimik PCs oder Geräte steuern kann.

Warum nicht auch ein Graphic Tablet ganz ohne Pen?

Augenmalen1

Augenmalen2

Ein Logo wird wohl mit dieser reinen Kraft der Gedanken vorerst nicht entstehen.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: “In der Krise, da ist Kreativität gefragt”

(Quelle: SPON)



Findet   the missing link auch. Dumm nur: kreative Buchhaltung und kreative Produkte erfinden (zum Beispiel Finanzprodukte, die keiner versteht und beherrscht), hatten wir schon.

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Aus dem Zyklus "Echte Politiker-Volksreden im Lichte verschiedener Banalitätstheorien". Spaß-Kategorie: Alle sind kreativ oder was.

Das Cottbus Marketing- und Touristenverband Logo: Der schillernde Darmdurchbruch ist weg.

Mein Beitrag im Fontblog zu “Das Cottbus-Logo ist vom Tisch”:

Man kann das http://www.fontblog.de/das-cottbus-logo-ist-vom-tisch#comment-104006 auf http://www.fontblog.de/das-cottbus-logo-ist-vom-tisch gerne als Entertainment sehen.

Für Designer ist das http://the-missinglink.blogs.com/logisches/2009/01/stadtmarketing-und-tourismusverband-cottbus-ev-und-sein-neues-logo.html auch ein wenig traurig.

Die Tendenz zu Ramsch-Design und Überladenheit in den Logos und
Auftritten gibt es ja nicht nur bei Cottbus, Den Haag oder Posemuckel.

Ich sehe sie überall. Typisch für diese Tendenz auch die Web 2.0
Logos mit ihren Farborgien und ihren Spiegelungen und Schättelchen.
(Ja, ich sehe letztere ebenfalls als entfernte Verwandte von
schillernden Cottbus-Aliens und -Darmdurchbrüchen, möge man mich
steinigen…)

Ich denke auch an eine Aussage, vom Cottbusser Marketingverband
selber kommend, wenn ich mich nicht irre (memoriert): “Wir wollten mal
etwas anderes, nicht so etwas Langweiliges, Steifes, das alle haben.”

Dann passiert so etwas…

Zu solchen Aussagen sollten Designer etwas zu sagen haben. Brüll und
LOL ist mir da zu wenig.

Ist das so? Logos, die auf einer single-minded
(sorry für das Englisch, auf Deutsch klingt es bescheuert) Grundidee
bestehen und planvoll durchstilisiert sind, sind steif? Langweilig? Was
meinen Logodesigner dazu? Wie geht Ihr als Designer mit Kunden oder
Auftraggebern um, die so argumentieren?

Ist die Reduktion ausgereizt? Will man keine Regeln – und implizit
– keine Bevormundung mehr? Auffallen ist alles? Wird nicht mehr
erkannt, dass sich nur Einfachheit gut merken lässt? Sind die
Designerzünfte zu wenig in der Öffentlichkeit an solchen Themen dran?

Oder ist das nicht eher ein gordischer Knoten von Schule und
ungenügender kultureller Ausbildung (Achtsamkeit, Wahrnehmung, Schule
des Sehens), die Designer in öffentlicher Diskussion und mit Appellen
gar nicht lösen können.

Ich denke, das ist ein wichtiges Thema. Auch für den Fontblog, der Positionen für gute Typografie und klares Design vertritt.

+++.de (Logos ab 49,00 Euro) und wundersame Versprechungen. UPDATE.

UPDATE:

Ich
wurde dieser Tage vom Geschäftsführer des Unternehmens +++.de angerufen
und bin gebeten worden, den ganzen Artikel (den Komplett-Beitrag) 
über seine Logo-Fabrik rauszunehmen, aka ihn ganz zu löschen*. Wegen insgesamt
geschäftsschädigender Äußerungen. Ihn störte vor allem die Passage, wo
ich davon rede, dass es Betrug wäre, ein Logo in so rascher Zeit und
vermutlich baukastenmäßig als individuell anzubieten. Diese Passage
habe ich jetzt so abgeändert, dass ich jetzt von fachlich nicht in Ordnung
rede, denn Einzigartigkeit ist in der Regel in so schneller
Herstellungszeit nicht erreicht. Normalerweise ist ein Grafiker im
Schnitt mind. eine Woche über einem Logo – und nicht weil er zu langsam
ist, sondern weil ein vernünftiges Logo (das nicht nur technisch in Ordnung ist, sondern auch die restlichen Forderungen an ein Logo in den größten Teilen erfüllt  und wirklich für das Unternehmen einzigartig ist) das nach meiner unmaßgeblichen
Meinung braucht. Die Logos von +++.de sind in den meisten Fällen grafisch überladen. Was für eine Vignette sehr nett sein kann, aber für ein Logo nicht funktioniert. Das hat mit  überforderter Wahrnehmung zu tun auf Märkten, die vor solchen Logos wimmeln. Das hat zur Folge, dass sie derart überladen nicht gut merkfähig und erinnerbar sind, dazu müssten sie wesentlich reduzierter sein UND gleichzeitig auf ihre Art unique. Das Gehirn merkt sich so viele Gestaltungselemente auf einen Schlag nicht.  Dazu aber ein ander Mal.

*Ich
möchte den Komplett-Beitrag nicht löschen, da ich die Meinungsfreiheit
angetastet sehe. Ich habe ihm angeboten, seinerseits ein Dementi zu
schreiben, das ich gern veröffentliche, wenn es da ist. Habe aber dafür
den Originalnamen seines Unternehmens  in +++.de geändert. So wird es
in den Suchergebnissen nicht direkt unter oder gar über  von +++.de auf
Google Seite 1 gelistet (wie derzeit und wie er beklagte).

Memoriert
wiedergegeben: Gleichzeitig wurde von ihm inkriminiert, wie ich denn derart
gegen +++.de argumentieren könne, wenn ich doch gleichzeitig selber ein
Shopmodell plane mit ähnlicher Ausrichtung. Ich möchte dazu sagen, dass
mein geplantes Shopmodell auf alle Fälle anders ist: Ich werde bereits fertige
Produkte
verkaufen, die nicht  billig erst nach Auftrag, sondern frei vorher und ausschließlich von mir hergestellt sind. Ich vertrete die Ansicht, dass eine vernünftige Logo-Auftragsarbeit auf günstigem Massenniveau nicht funktioniert. Für die Logo-Fabrik schon, aber nicht für den Auftraggeber.  Und ich
beschäftige keine Grafiker wie +++.de, die nach Auftragseingang
geschätzt pro Nase ca. 3-5 Logos am Tag herstellen. Insofern sind für
mich diese beiden Geschäftsmodelle nicht vergleichbar. Ich verspreche in meinem Shop keine hohe zugeschnittene Individualität und Einzigartigkeit,  denn das können meine  fertigen Produkte grundsätzlich nicht leisten.

Ich
vermute, dass der feine Unterschied zwischen einer wirklich
unverwechselbaren Logoerstellung (Logo nach Maß), einem Logo von der Stange (ein bereits fertiges) und einem Logo im
Stundentakt  nicht nur potenziellen Kunden schwer vermittelbar ist.
Sondern auch Anwälten oder Richtern, denn ich denke da an die
Empfehlung eines früheren Chefs von mir, der mal eine langwierige
Gerichtsauseinandersetzung hatte wg. eines Auftrags, bzw. einer
Rechnung: Richter wissen wenig über das Fachliche in dieser Branche. Um
sich einen Überblick zu verschaffen sind meist Gutachter notwendig
(Sachen wie Schöpfungshöhe, etc.). Und das wird teuer.

_________________________________________________________________

Der alte Eintrag:


Und die gehen so [edit: Die wundersamen Versprechungen, siehe Headline, d. S.]:

(Auszug):

Sie möchten von Design-Profis Ihr Logo erstellen lassen, ohne dafür ein Vermögen zu bezahlen? 

Interessanter kompetitiver, aber leider unwahrer und sehr unfairer Konkurrenz-Ansatz gegenüber Einzel-Designern und Designbüros, die vernünftige Logos bauen (die eine Aussage und einen Sinn ergeben und nicht nur gefällig sind) und vernünftig kalkulieren müssen, da sie Familie haben, Steuern bezahlen müssen und Leute beschäftigen.

Klartext und die Wahrheit: Ein Vermögen ist relativ, es kann sein
das, was die Erbtante hat, geht für Hungerleider aber schon ab 300,00
Euro los und für Erbschleicher langsam ab dem Preis für einen SUV.
Die Logos dieser normale Stundensätze kalkulierenden und seriös arbeitenden Designer mit Semiotik-Expertise kosten im Gegenteil kein wie auch immer geartetetes Vermögen, sondern Netto vor späterer Verwendung und etwaigen Nutzungsrechten bei kleinen Designbüros etwa zwischen 800,00 und ca. 2000,00 Euro. Wenn das bereits für einen hoffnungsfrohen Gründer, der seinen BMW-Geschäftsführerwagen schon eingepreist hat, aber die Kosten für die Putzfrau vergisst^^ ein Vermögen sein soll, möge er bitte seine komplette Geschäftsidee überprüfen, ob er für sie überhaupt irgendwelche Marketingkosten eingeplant hat und sich leisten kann. Er wird sie sich leisten können müssen, denn sonst wird es hinten am dicken Ende teuer. Ein schöner englischer Claim bringt das gut zum Ausdruck: "Can you afford not to afford it?"

Nur für kluge Rechner und Leute, die wissen, was ROI ist, die anderen sollen sich besser jetzt ein Youtube-Filmchen reinziehen: Logo- und Folgemarketingkosten sind rasch wieder refinanziert und drüber hinaus, wenn die Logos zusammen mit der Geschäftsidee stimmig sind, sitzen, und von der angepeilten Zielgruppe klar erfasst, verstanden und erinnert werden -  also merkfähig und nicht nur gefällig sind.

So gesehen ist +++.de die ideale Geschäftsidee. Für Nachfrager, die in ihrem Marketing (wie muss ich was draußen anbieten, damit es nachgefragt wird) vermutlich nicht nachgedacht haben, sondern augenscheinlich autistisch ihren eigenen Geschmack als Maß aller Dinge wähnen. Auch hier Glückwunsch an +++.de, der Nachfrage-Markt diesbezüglich ist riesig, denn es gibt ihrer viele. www.+++.de hat, was das betrifft, seine BWL-Hausaufgaben sehr wohl gemacht, Hutzieh, seine Kundschaft aber macht meist keine, das ist der Trick, der funktioniert.

                                                   * * *


Ein bisschen Kopfzerbrechen – aber nur ein bisschen -  macht mir nur, was denn die Grafiker kriegen, die von +++.de und ähnlichen Plattformen bezahlt werden. Mehr als ein Hungerlohn kann es nach meiner Einschätzung nicht sein, also auch hier: +++.de hat wohl seinen Lieferantenmarkt gut erkannt: die sich gegenseitig auf die Füße trampelnden Grafiker. Die meisten Grafiker und künstlerischen Berufe können nach meinem Dafürhalten entweder nicht rechnen, buchhalten, kalkulieren und gezielt akqirieren (das konnten sie noch nie, das weiß ich seit dem Studium) oder stecken vermutlich eh schon tief in der Krisen-Defensive – oder meist alles auf einmal.

Weitere werbliche Argumentation von +++.de:
(Auszug)

Dann sind Sie hier richtig, denn wir entwerfen preiswerte Logos für über 1.500 Kunden pro Jahr! Firmenlogos, Produktlogos, Vereinslogos, Schullogos, Bandlogos, Privatlogos u.v.m. Individuell, exklusiv und kreativ – das ist professionelles Logodesign!

Werbeblabla: Ein sauberer Zirkelschluss mit vagen Adjektiven, der nicht stimmt. Professionelles Logodesign ist nicht "individuell" (geschmäcklerisch-eitel, wie ein Armband mit Gravur es sein könnte), sondern es muss sein: wiedererkennbar, merkfähig. Dazu braucht es über die vorhanden sein sollende Kreativität hinaus (Kardinaltugend, muss eh sein) Erfahrung, Expertise vom Designer über bewusste und unbewusste Wahrnehmung von Information, ihre Prinzipien und Expertise über die Semiotik (die Bedeutung von Zeichen, Zeichensprache und Zeichenprozessen).

"Exklusiv" ist es auch nicht bei +++.de. Was bitte an 49,00 €  ist exklusiv. Nach meiner unmaßgeblichen Einschätzung haben die Grafiker, die das machen, im Vorfeld vermutlich zig Raster im Kopf und vielleicht auch Blankomuster in der geistigen oder echten Schublade (wie der Fernsehkoch den ruhen gelassenen Teig, die feingehackten Zwiebeln, die vorgeschnittenen feinen Julienne-Streifen: "Da habe ich ein klein wenig für Sie vorbereitet, …" und schwupps ist sein Menue fertig, das der Hausfrau locker 1 Stunde mehr kostet als geguckt. Ein Menue ist aber das eine, nach fertigem Rezept gekocht, ein Logo aber muss eine Innovation sein). Sonst zeitlich in einer Stunde (im Vergleich: Gesellenpreis im Handwerk: 1 Stunde à 45,00 Euro) unattraktiv und wirtschaftlich kaum zu schaffen. Den Rest der "Individualität" erledigen mit allergrößter Vermutung modifizierte Farbgebung, leicht geänderte Anordnung der Elemente, ein fertiger Katalog von trendigen Schriften, egal ob sie passen oder  nicht und diverse Illustrator-Plugins und Filter. Hauptsache, netter Effekt. Den neuen Firmennamen eingesetzt, einen hübschen Bogen drunter oder drüber, fertig. Wollen wir wetten?


Wenn das so ist, ist das aber nicht exklusiv, sondern oberflächlich, pseudo-exklusiv nach Fertigbaukasten (wird beim Webdesign genauso gemacht, da kann ich aus dem Nähkästchen berichten), billig und austauschbar: Ich kann Ihnen aus dem Stand und ohne jegliches Briefing viele solcher netten Logos machen, sind in einer Stunde fertig. Ich tue es aber nicht, weil ich das für fachlich nicht in Ordnung halte. Gegenüber dem Kunden, denn ich plündere damit nur meine formalen Sammlungen für einen Appel, ein Ei und Beliebigkeit. Geschäftlich geholfen ist dem Kunden leider mit so etwas nicht, meist geschadet, da undurchdacht: Den Dingern fehlt einfach die echte Einzigartigkeit, die inhaltliche Substanz und die Relevanz zum Zielmarkt.

Fazit:
Für ein Privatlogo fürs Blogtagebuch, die Privatkorrespondenz, für den Verein für graue Tauben im Sinkflug e.V., oder ein kleines Standard-Handwerksunternehmen von mir aus. Tun Sie, was Sie nicht lassen können :-).

Meine Empfehlung: Für ein neues Firmenlogo, ein Produktlogo: Hände weg!

Disclosure:
Nein, ich bin nicht futterneidig auf +++.de. Die Firmenauftraggeber/Gründer, die sich für clever halten und solche wie +++.de beauftragen, muss man als kluger Designer dem Mitbewerb (euphemistisch-neudeutsch für Konkurrenz) überlassen. Denn dieser Mitbewerb und diese Kunden, sie werden sich gegenseitig in feinster Schluderarbeit unprofessionell selber erledigen.

Man nennt das exitorientiert.
:-D

Wer nicht exitorientiert ist, sondern aus Fehlern anderer lernen möchte:
Warum Startups scheitern

Die häufigsten Fehler im Businessplan


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