Der Kater bockt.

 

Vor nichts soll man sich so hüten als vor dem Aufwachsen jenes Unkrauts, welches Anmaßung heißt und in uns jede gute Ernte verdirbt.
Friedrich Wilhelm Nietzsche

 

 

Journalisten und ihre anmaßenden Besinnungsaufsätze

 

SPIEGEL

[…] ” … – dabei bewundern wir sie doch gerade, weil sie sich nicht an Regeln halten.” […]

Lead-in im Artikel “Stars in der Coronakrise”

 

ZEIT

[…] “Ach, was machen wir nur ohne ihn, in einem Unterhaltungsgeschäft, das glaubt, man sei schon komisch, wenn man nur blöde tut.” […]

Nachruf “Der große Show-Stehler” ( Herbert Feuerstein)

 

Wer ist “wir”

 

Es gibt das Angeber-Wir (Pluralis Majestatis)
Und es gibt das journalistische Wir

Das erste ist klar. Oberhäupter, Päpste und Könige wähnen sich schon immer in erhabener Mehrzahl: “We in the grace of god.” Wenns schee macht. Entweder ist es Legitimationsgerede, damit man als rhetorische Medusa und körperlicher Medusalem nicht sofort vom Volk geköpft wird sondern “legitimiert” ist. Und damit erst später geköpft wird. Oder, Ferndiagnose: Multiple Persönlichkeit. Alles a bisserl Ding.

 

Das journalistische Wir hat es noch nicht in den Duden geschafft

Es steht jedoch zu befürchten, dass es sich etabliert. Auch a bisserl Ding. In fast jeder Zeitung gibt es täglich Aufsätze, die es verwenden und damit den Journalisten selbst und seine Leser meinen (“uns”). Ich halte das für übergriffig und damit unzulässig, jemanden, der das nur liest, aufgrund seiner oberflächlichen Eigenschaft des Lesers schon eifrig einzugemeinden. In was auch immer.

Ich will – einfach nur – lesen. Ich will nicht vom Autor sofort in seine Denkschule oder seine Meinung eingemeindet werden. Ich will auch nicht dauernd mit dem subtilen moralischem Druck konfrontiert werden, den das in mir auslöst.

 

Freundlichen Gruß

der un-wir-sche Kater