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Schlagwort: Ostern

In der Osternacht

Hannah, der tote Fisch

 

In der Osternacht gegen 1:00

Ein Fischlein – auf der Jagd nach kleinen Mücken an der Wasseroberfläche – schoss hoch in die Luft und plumpste mit Effet aus seinem Aquarium. Ein Sturz aus immerhin ein Meter fuffzich.

Die Hausherrin schlief vor dem schlechten Osterprogramm längst ein und bekam die tierische Katastrophe nicht mit. Aber die Kater schon.

Die Racker hatten den Fund ihres Lebens, denn nach den Aquariumfischen trachteten sie jahrelang. Erfolglos, aber ständig.

Sie trugen das neun Zentimeter große Fischlein mit ihrem Maul in den Flur, bahrten es frustriert auf dem roten Teppich auf, nachdem es aufhörte zu zappeln und nicht mehr interessant für sie war. Der Fisch lag ohne Vitalitätszeichen auf dem Boden, sein Mäulchen schnappte nicht mehr, die Kiemen zugeklappt, die Kiemenflosse eng angelegt. Kein Mucks, nur unhöflich tapeziert mit Katerspeichel, Katzenstreu und roten Teppichfusseln.

So muss es ziemlich lange gelegen haben. Die Haut fing an zu trocknen.

Das öffentlich-rechtliche Osterprogramm wurde noch schlechter – ein fieser Blockbuster-Bumm, der der Hausherrin ins Ohr fuhr – und sie erwachte. Musste eh ins Bad.

Und sah den Fisch. Im Flur. Daneben beide Kater links und rechts davon, die sie hoffnungsvoll mit den Nachtaugen der Kobolde anblickten. Oh!

Ach du liebe Güte, ein toter Fisch. Wie damals Käthchen. Die aus ihrem abgedeckten Quarantänebecken sprang. Wie sie das schaffte, ist heute noch ein Rätsel. Käthchen war danach unauffindbar und man ging davon aus, dass die Kater sie gefressen hatten.

Die Hausherrin betrachtete den hübschen unbewegten Fisch lange und traurig, dann fasste sie einen vorwärtsgewandten und praktischen Gedanken: Anständig beerdigen, aber vorher müssen die Streu und die Fusseln weg!

Sie legte ihn behutsam und ohne seine silberne Haut zu verletzen auf ein frisches Cleenex, ließ Wasser in ein Gefäß laufen. Den Fisch hinein. Fusseln und Streu klebten hartnäckig und es waren weitere Bäder notwendig. Türe der Küche zu und Deckel mit Luftloch fest auf das Gefäß. Wegen der Kater, nicht dass sie nochmals zuschlugen.

Am Tag wird der gesäuberte Fisch beerdigt neben einer schönen Blume. Möge er bis dahin noch einen ungestörten würdevollen, artgerechten Aufenthalt in klarem Wasser haben. Statt verschmutzt herumzuliegen. Oder ins Klo gespült zu werden.

Totenruhe

Um fünf erwachte die Hausherrin erneut. Irgendein Kater rumorte stark in der Katzenkiste, bohrte am Kistenboden mit seinen Schabe-Krallen nach Öl bis China. Der angeborene leichte Schlaf von Müttern, die nachts wachsam sein müssen. Ging in die Küche für einen Schluck schlaffördernde Milch und blickte aufs Gefäß.

Der tote Fisch schwamm!

Und gründelte aktiv nach unten, suchte Futter in diesem puren Wasser. In dem nichts war außer Wasser und Fisch. Vor Freudenschreck ließ sie den Milch-Tetrapak fallen.

Sie betrachte das Osterwunder lange und nachdenklich.

Schließlich fasste sie sich ein Herz und ließ das Fischlein zu den anderen. Plitsch! Weg war es. Bei seinem Schwarm und beim Futter, das sie jeden Tag auf den Aquariumboden gab. Nachdem sie nochmals prüfte, ob alles am Fisch in Ordnung war, Augen, Kiemen, Flossen, Haut, nichts war verletzt. Vorher taufte sie das Fischlein Hannah, denn es war ein Weibchen.

Sie hätte es auch Lazarina taufen können. Schließlich war es auferstanden und wieder am Leben.

Man muss aufpassen, auf welcher Party man diese Geschichte erzählt. Sonst gilt man noch als verrückt. Aber es hat sich so zugetragen.

In der Osternacht.

 

Hier wie dort

Blutige Ostern

Der Kater bloggt.

Und der zweite Engel goss aus seine Schale ins Meer; und es wurde zu Blut wie von einem Toten, und alle lebendigen Wesen im Meer starben. (Neues Testament. Die Offenbarung des Johannes (Offb 16,3)

Blutig I


Bild: Deutsches Tierschutzbüro

Blutig II

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8d/%D0%9D%D0%B0_%D0%A5%D0%B5%D1%80%D1%81%D0%BE%D0%BD%D1%89%D0%B8%D0%BD%D1%96_%D1%83%D0%BA%D1%80%D0%B0%D1%97%D0%BD%D1%81%D1%8C%D0%BA%D1%96_%D0%B7%D0%B0%D1%85%D0%B8%D1%81%D0%BD%D0%B8%D0%BA%D0%B8_%D1%83%D1%81%D0%BF%D1%96%D1%88%D0%BD%D0%BE_%D0%B2%D1%96%D0%B4%D0%B1%D0%B8%D0%BB%D0%B8_%D0%B0%D1%82%D0%B0%D0%BA%D1%83_%D0%B2%D0%BE%D1%80%D0%BE%D0%B3%D0%B0_%D1%82%D0%B0_%D0%B7%D0%B0%D1%85%D0%BE%D0%BF%D0%B8%D0%BB%D0%B8_%D1%82%D1%80%D0%BE%D1%84%D0%B5%D1%97_03.jpg?uselang=de
(Wikipedia Commons. Urheber: armyinform.com.ua)

Eigentlich wollte ich etwas Nettes schreiben über den Frühling und Bilder zeigen, wie es im Hinterhof grünt und blüht. Salweide, Forsythie, Tulpen, Blausterne, alles will ans Licht.

Heuer ist mir der Spaß daran vergangen, ich hoffe man versteht. Wie kann man hier so tun, als wenn alles easy ist und beispielsweise fürs hohe Mahl Lämmchen töten (so was von nicht mehr in Ordnung), wenn nur 900 km weiter die Menschen kein Ostern haben werden. Aber gar keins.

Entweder weil sie schon tot sind oder weil sie ums Überleben kämpfen. Meine Gedanken sind bei den Menschen in Mariupol. Sie sind auch bei denen in Odessa und überall, wo schreiendes Unrecht geschieht oder geschehen ist, in Bucha oder in Borodjanka.

Gruß

Der Kater

 

 

Die Wettervorhersage des Katers Mor: Ostern wirds frisch, Leute!

Dazu eine kleine Hasimation, eins zwei:

Osterhasi

Es ist das Osterfest alljährlich für den Hasen recht beschwerlich.

Und weitere christliche Segenswünsche:

Wenn die Schokolade keimt,
wenn nach langem Druck bei Dichterlingen
„Glockenklingen“ sich auf
„Lenzes Schwingen“ endlich reimt,
und der Osterhase hinten auch schon presst,
dann kommt bald das Osterfest

Joachim Ringelnatz

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