Kapuzinerkloster Isarvorstadt, Innenhof
Irgendwo in den Tiefen der Blogosphäre
hat es mir mal den Vorwurf “Heuchlerin” eingetragen, als ich auf einem fremden Blog fand, dass es eine gute Sache sei, ob man jetzt Veganer sei oder nicht, sich zusätzlich für Animal’s Angels einzusetzen. Weil ich fand: Alleine vor sich hin vegetarisch oder vegan zu leben reicht nicht ganz aus, wenn man wirklich das Leid der Tiere verringern will.
Denn das vegetarische Dasein eines Teils der Bevölkerung kratzt trotzdem nicht die, die mies mit den Tieren per Massentierhaltung und Massentransport umgehen. Das kratzt trotzdem nicht die homines oeconimici, die den wachsenden Fleischhunger außerhalb unserer Landesgrenzen mit möglichst minimalen Kosten = maximalem Erlös brutal und ohne Gefühle ausnützen.
Weltfrust versus Achtsamkeit
Egal, woher der Forist sich das Recht nahm, persönlich zu diffamieren: Empathie, Mitfühlen mit den Wesen auf dem Erdball war es wohl nicht. Persönlich diffamieren ist eher die Lust, sich ein Ventil im Internet zu schaffen, um seinen allgemeinen oder persönlichen Lebensfrust loszuwerden.
Artgerechte Haltung sollte doch eigentlich beim Menschen beginnen. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Wenn man sich selbst nicht mag, wer gar voller Selbsthass ist, kann seinen Nächsten auch nicht leiden. Wie man mit sich selbst umgeht, lässt demnach auf ebensolchen entweder respektvollen oder schlimmen Umgang mit Menschen und Tieren schließen.
Es hat sich zwar einiges geändert seit der vorletzten Jahrhundertwende, wenn man an die miesen Produktionsbedingungen für die Arbeiter in der Gründerzeit denkt.
Doch ganz ist es aus den Arbeitsleben nicht verschwunden, dass Menschen unter unzumutbaren Umständen arbeiten müssen. Großraumbüros mit üblem Neonlicht, die allein schon deswegen stressen, sind noch das Wenigste. Ein Luxusproblem – verglichen mit den Zuständen in globalisierten Produktionsstätten.
Es muss um die Zeit der New Economy gewesen sein
Mir hat – erneut Luxusproblem natürlich – die Art des Umgangs meiner letzten Ex-Cheffin mit ihren Mitarbeitern nicht gefallen. Sie hat ihre eigenen Leute vor ihren Kunden in die Pfanne gehauen. Alle. Sie hat nach erschöpfenden Pitches, wo die Arbeit unter Zeitdruck jedesmal bis in die Nacht ging, an den Tagen danach keine Freistunden erlaubt. Sie hat Zusagen nicht eingehalten. Sie hat nachts um elf den für den Pitch eingekauften Freelancern vorgeworfen, sie würden unnütze Zeiten schinden. Dabei warteten sie auf sie, auf ihre Textlieferungen, mit denen sie sich ganz schön Zeit ließ. Damit sie endlich in die Layouts eingefügt werden können, die am nächsten Tag frühmorgens präsentiert werden sollen.
Das volle Programm. Die Lady war eine Pest. Wenn schon Neonröhren, dachte ich mir, dann doch wenigstens mit Menschen, mit denn man vereint an einem Strang ziehen kann. Und nicht mit Menschen, die einem auch das noch vorwerfen.
Jeden Tag sehen müssen, wie es anders geht
Mit sehnsuchtsvollen Gedanken nach Ruhe, Einkehr und gutem statt stressigem Umgang miteinander fuhr ich jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit an einem Kapuzinerkloster vorbei. Da wäre ich jetzt gerne, dachte ich. So weit war ich schon als aus der Kirche Ausgetretener, mich in ein Kloster zu wünschen, um der Pest zu entgehen.
Ich wünschte mir dringend artgerechtere Haltung.
Umsetzung
Wenig später kündigte ich. Ich versuchte anschließend, mich selbst artgerecht zu halten. Mein eigenes Büro hat einen schönen Kamin und keine Neonröhren. Wenn ich mal nachts bis früh um fünf durcharbeite, gönne ich mir das Ausschlafen. Ich gönne mir freundliche Kunden. Miesepeter, misstrauische 200%-Optimierer und Indien-IT-Outsourcer not welcome. Ja, und Tiere im Büro sind unabdingbar. Moritz ist Betriebsklima pur.
Kommentare