Es fällt bestimmt wieder nur mir auf, aber unsere Wortbeiträge werden immer kürzer, zugunsten von Bildern. Ende des Meta-Bloggings, Anfang der Begründung:
Ich bin mit Lyrik aufgewachsen und mit Werbetext halbwegs was geworden. In beiden Disziplinen ist jedes Wort kostbar. In der ersten holpert bei jedem überflüssigen Wort sofort alles, in der zweiten mosert der Grafiker über die Anschlagszahl. Bevor ich ein Adjektiv hinschreibe, geh ich immer erst eine rauchen. Eine Marotte, die ich mir ausschließlich beim Bloggen erlaube, sind bekräftigende oder relativierende Partikel wie “ja”, “wohl”, an Feiertagen sogar “ja wohl”. Das dient dem Satzrhythmus, und ich bin ja mit Lyrik aufgewachsen.
Dafür spar ich mir die ganzen “absolut”, “total” und “vorprogrammiert”. Mit denen ist ein total versauter Satzrhythmus vorprogrammiert, die sind also absolut unnütz, und merken Sie was? Beim Versuch, mit solchen Staubflusen seine Beweiskraft zu steigern, müllt man sie zu. Da kann ich gleich Bilder von Katzen posten, bei denen gehören die Staubflusen zum Konzept.
Mehr Ähnlichkeit mit dem unaufgeräumten Schreibtisch denn mit der Staubfluse hat die vermutlich vom Oberdeutschen ausgehende Sitte, Texte mit “Und zwar” anzufangen, um sie ohne Inversion weiterzuführen. “Und zwar wir haben uns heute hier versammelt” hat man wahrscheinlich schon mal gelesen. “Und zwar indem dass mir sich heite hier versammelt haben dennen” sagen sie heute wahrscheinlich nicht mal mehr in Großdingharting (das heißt wirklich so). Korrekter wäre es, wenn schon nicht innerhalb des deutschen, so doch innerhalb des bairischen Sprachsystems.
Man steigert seine Beweiskraft auch nicht durch Demonstration eines möglichst fließenden Amtsdeutsch. Nominalkonstruktionen können Sinn ergeben (nicht etwa “machen”, liebe Deutschlehrer, nämlich immer wenn Tätigkeiten als potenziell aktive Sub- oder Objekte aufgefasst werden. Das zu erkennen und bitte auch zu begründen muss man allerdings raus haben), Thomas Mann verwendete aus Überzeugung den Deppenapostroph (immer nach Endvokalen: “Das Auge verlangt entschieden danach”, da können Sie ruhig mal wieder die Joseph-Tetralogie überfliegen), aber warum sollte ein Mensch “bereits” nehmen, wenn er “schon” haben kann? Vor allem: “schon bereits” ist keine Bekräftigung, sondern genau so ein Geschwür wie “bereits schon”.
Schulen wir unser Stilbewusstsein an einem der anerkannt klarsten, seit Jahrhunderten gültigen Denker, Schiller persönlich, und da am sinnvollsten an einem Text, der Spaß macht: der Mutter aller Mystery-Thriller Der Geisterseher von 1787:
Das Mädchen, welches die Königinn vorstellte, war von mir unterrichtet, und ihre ganze Rolle mein Werk. Ich vermuthete, daß es Eure Durchlaucht nicht wenig befremden würde, an diesem Orte gekannt zu sein, und (verzeihen Sie mir, gnädigster Herr) das Abentheuer mit dem Armenier ließ mich hoffen, daß Sie bereits schon geneigt sein würden, natürliche Auslegungen zu verschmähen, und nach höhern Quellen des Außerordentlichen zu spüren.
Holla. Waren ihm wohl gerade die faulen Schnupperäpfel ausgegangen, dem Meister.
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