Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Monat: Dezember 2020

Und ihr so?

Wie Heiligabend war? An dem haben wir wie immer — wie immer an Heiligen Abenden, mein ich — am Heiligen Abend haben wir also wie immer eine Ente gebraten, die Ente darf man also schon mal nicht fragen.

Traditionell — das heißt: seit Franz Messner nicht mehr seine vielstündige, sensibel kuratierte Weihnachtsmischung auf Bayern 1 ausschüttet — legen wir dazu die Lola Versus Powerman and the Moneygoround, Part One auf, viel eher wegen Strangers als wegen Lola, danach kommt eine überhaupt nicht sensibel kuratierte, sondern algorithmisch zusammengekleisterte Playlist mit Hippiegeschrammel.

Um nicht den Kontakt zur Außenwelt zu verlieren — sagen wir’s mal so: unsere Weihnachtspost bestand aus der Telefonrechnung — hören wir zwischendrin vorsichtshalber Radio: Rundfunkstationen gehören zum Letzten, was im Verteidigungsfall kapeister geht, und die Nachrichten zur vollen Stunde stiften ein Urvertrauen zum Leben und zur Welt, viel eher wegen ihres zuverlässigen Eintretens als wegen ihres Inhalts.

Kein Verteidigungsfall auf eigenem Boden, aber den üblichen affirmativen Erleichterungsschreien, dass dieses doofe Jahr 2020 ja ganz arg bald hinter uns liegt, folgt in den 23-Uhr-Nachrichten die Meldung: Coronavirus-Variante aus England erstmals in Deutschland nachgewiesen” — formuliert mit entschieden zu vielen “erstmals”, “bisher” und “vorläufig”. Die Schreibweise von B.1.1.7 wird man sich “vorläufig” merken müssen: Das erste Jahr der Pest ist nicht zwingend das letzte.

Fröhliche Weihnachtsreste und gedeihlichen Jahreswechsel.
Gott steh uns bei.

Wer die Melodie korrekt mitpfeifen kann, darf sich einen Keks nehmen:
Christina Bowers und Henry Toland: Strangers,
aus: The Kinks: Lola Versus Powerman
and the Moneygoround, Part One
, 1970.
Aufgenommen vermutlich Dezember 2015 in Orlando/Florida, und fast noch hypnotischer als das Original. Also fast. — Man beachte den Hund.

Giesing und zurück

Rotkraut hat’s wohl keins gegeben?

Lockdown findet ja vor allem im Kopf statt. Auf der Straße sieht man jedenfalls nix davon.

Fernkälte-Rohre, Bausetelle Reifenstuelstraße München 2020Die Straße, die ich vom Fenster aus im Blick hab, wird dieser Tage im allerengsten Sinne des Wortes abgeschlossen: mit der letzten Asphaltschicht auf den schmuck schwarzglänzenden Teer. Das war per Flyer vom Oberbürgermeister persönlich für 4. Dezember versprochen, ist also gar nicht mal so schlimm verspätet. Das Foto nebenan hat also ab sofort einen überaus dokumentarischen Seltenheitswert.

Und ab sofort kann man wieder mit dem Auto durch die Reifenstuelstraße. Muss man aber nicht, und vor allem: Wer kann sich heute noch ein Auto leisten? Das Gefühl wohligen Nichts-Müssens muss mit dem Lockdown zu tun haben, die dauerpanische Existenzangst macht widerwillig jener gallig heiteren Auffassung Platz, dass einen das Leben doch langsam kreuzweise kann: Alles den Bach runter? — Ja, und jetzt? Soll ich weinen oder lieber kotzen? Sucht euch was aus, vielleicht mach ich’s, falls ich heuer oder nächstes Jahr mal dazu komm.

Gestern hab ich die fast fertig asphaltierte Reifenstuelstraße dazu benutzt, eine Weihnachtsente aufzutreiben: über eine Stunde zu Fuß zum Händler für Kronen-Enten unseres Vertrauens — ohne öffentliche Verkehrsmittel, damit einem keiner was nachsagen kann. Vor allem ohne Auto lernt man dabei, dass Ober- und Untergiesing richtig was gleich-, aber grundverschieden ausschauen, und wird unterwegs sogar noch unabhängig voneinander von zwei local Beauties angelacht, weil man so ein rüstiger Wandersbursch ist; im Bus passiert einem das garantiert nie.

Vor allem kommt man mit dem Bus nicht über den Ostfriedhof. Auf dem lernt man, egal ob gerade eine Seuche mit oder ohne Lockdown tobt oder nicht: Schlimmer als so wird’s langfristig nicht.

Ist das Fatalismus oder Defätismus? Und braucht man wirklich ein Fremdwort dazu? Wurscht: Wie schön, dass man auch das ignorieren kann. Aber nicht muss. Geil.

Buidl: Fernkälte-Rohre, Baustelle Reifenstuelstraße, ca. November 2020, schenk i Eahna.

Soundtrack: Bob Geldof: The Great Song of Indifference,
aus: The Vegetarians of Love, 1990:

Krisen im Dauermodus

Wann war eigentlich keine Krise

Der Kater blogt.

Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus 2 Schriftzeichen zusammen – das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit.

John F. Kennedy

 

Alles Quatsch – Krise ist der Normalzustand des Menschen. Als permanent aufeinander folgende oder sich zeitlich überlappende Krisen. Der Krisengewinnler ist der Normalgewinnler.

Kubakrise, Erdölkrise, Energiekrise, Atomkrise, Baumkrise, Ozonlochkrise, Balkankrise, die Atomendlagerkrise …

Und ist die Corona-Krise weg, dann kommt die nächste Krise: die nach Covid-19 auf alle Fälle kommende MERS-(Kamelvirus)Krise, an die sich Drosten jetzt hinhängt, die rotgetupfte Schwarzsumpfmückenfieber-Krise, die Hantel- ach Hantavirus-Krise, die Seeadlergrippen-Krise, die moldawische Borstenschweinecholera-Krise, die deutsche Böllerkatastrophenkrise (die Polen liefern nix mehr, verböllern alles selbst …), die chinesische Superbörsenkrise im Jahr der Metallratte, die Baumsterben-Krise II und Baum-Krise stirb langsam Teil III, die allgemeine Gehirnsterben-Krise 4.0 die jetzt schon eingesetzt hat, und die Mega-Krise für moderate und ziemlich Rechte, wenn die Grünen mit den Schwarzen zusammen in einer Regierung sein werden. Über alledem schwebt seit 30 Jahren die Klimakrise. Welche keine geworden wäre, hätte man früher angefangen gegenzusteuern.

Krisen im Angsterzeugungs-Dauermodus der Presse und der Regierenden. Keiner kommt ohne bestimmte Krisen aus. Die Welt scheinen vom Krisenwahnsinn umnachtet zu sein. Alle? Ein kleiner silberner Kater ringelt sich nach seiner Mahlzeit ein und döst selig weg. Ab in den Winterschlaf.

 

Weckt mich bitte auf,

wenn ihr ein nettes Weihnachtsgeschenk für mich habt,

In dem die Buchstaben K, R, I, S und E und PRESSE bitte nicht vorkommen möchten.

 

Euer ruhebedürftiger Kater

will mal ein Jahr keine nervtötenden, neu erzeugten Krisen der klicksüchtigen Presse mehr lesen. Also alle.

 

Resignation ist noch zu viel Engagement

Ausschreibungen? Für die Katz’!

 

Wenn man verletzt gewinnt, steigert das natürlich den Stellenwert eines Siegers, aber Verletzungen können nicht der Preis für Erfolge sein.

Steffi Graf

 

Schwarze Katze auf dunklem Hintergrund

Neulich. Schwarze Gedanken und ein sehr dunkelgrauer Test

Wieder eine Anfrage, diesmal eine Ausschreibung eines Trägers im Freistaat. Es ging früher schon nichts bei kommunalen und staatlichen Trägern. Man hörte gemeinhin nie wieder etwas von denen, egal wie viel Mühe man sich als Büro gab und egal, ob man über eine Woche oder länger an diesen Bürokratie-Frechheiten saß.

Ich grübelte diesmal nicht lange herum wie früher, sondern fackelte nicht. Sendete finster entschlossen ein lebensgefährlich niedriges Gebot ab. Riskante Sache. Wer damit wider Erwarten genommen wird, kann beim Staat nicht mehr abspringen, nix Angebotsfreiheit. Man blockiert seine Ressourcen, muss zur Strafe viel rödeln und zu einem kaum rentablen Preis abliefern.

Ergebnis meines Tests um zu sehen, ab welchem Punkt es den Zuschlag gibt: Es gab anscheinend jemanden, der niedriger bot. Jessas.

 

Spirale nach unten

Jetzt weiß ich, wie niedrig meine Branchenkollegen bei Ausschreibungen bieten. Man müsste wirklich Schwarzmarktpreise reinschreiben, um halbwegs mithalten zu können. Und selbst diese sind zuweilen nicht mehr niedrig genug. Preise, mit denen sich kein einzelner Mensch, schon gar kein Büro mit Mitarbeitern je über Wasser halten kann. Bis zu Arbeiten für Gotteslohn.

 

A bissi wos geht oiwei

Nicht jeder lässt sich davon abschrecken. Manche Bieter haben genau diese frustrierenden Erfahrungen gesammelt. Aber verhalten sich in Zukunft konsequent anders:

Der Trickser-Bieter

Er hat einen taktisch guten Grund, als Anbieter bei einem kleinen Erstprojekt extrem zu dumpen. Dumping nicht als Selbstschädigung, sondern als raffinierter taktischer Trick. Dann, wenn im Anschluss ein wesentlich größerer Folgeauftrag winkt, bei dem genau wieder der gleiche Anbieter genommen werden muss. Da er sich dann inzwischen auskennt und es kein anderer mehr machen kann. Genau das ist das Spiel. Hier in dem Testfall gut möglich gewesen, weil tatsächlich nach den Entwicklungsarbeiten die richtig große Site gebaut werden sollte.

 

Aber dann:

Der Trickser-Ausschreiber

Es ist möglich, dass dann zwar der eigene Bieterpreis tatsächlich der niedrigste war, aber unzulässig nach Gebotsabgabefrist bei anderen nachverhandelt wurde. Weil man unbedingt sein Freunderl drin haben wollte und keinen Neuen.

Es ist auch möglich, als Ausschreiber nachträglich nach Abgabefrist bestimmte Verwaltungs-Kriterien zu ändern oder diese, falls sie den Bietern unbekannt waren, plötzlich ins Feld zu führen. Um jemanden nicht nehmen zu müssen. Sondern den Favoriten, der von Anfang an feststand.

 

Kann man etwas gegen tricksende Konkurrenz und gegen tricksende Ausschreiber tun?

Obwohl das hoch intransparent und oft eine linke Tour ist: Rechtlich kann man als Bieter kaum was machen. Die Nachprüfungsbehörde, die neutral und unabhängig definiert ist, besteht in der Praxis nur aus Verwaltungsfachleuten. Und die entscheiden in der Regel für die ausschreibende Verwaltung, fast nie für den Bieter. Auch hirnrissig niedrige Bietpreise gehen zu häufig problemlos durch. Heimliche, kungelige Vereinbarungen oder Festlegungen auf einen Favoriten vor der Frist sind kaum nachweisbar.

 

Schwarz-samtige Lösung

Wenn ich mich je erneut zu einer Ausschreibung hinreißen lasse, dann nur, wenn ich jemanden dort kenne, persönlich gut kenne ; -)

 

Murmeltiertag

Diese Erfahrung ist beinahe deckungsgleich mit meinen früheren Erfahrungen mit einem Münchner Träger. Ein öffentliches Institut der Forschung mit einem guten Namen. Jahrelang bekam ich von ihnen, eine Ausschreibung “Erstellung einer Broschüre, Gestaltung und Satz”, angefragt. Jedes Jahr bot ich etwas niedriger als im letzten Jahr: nichts! Nie wurde es etwas. Bis ich eines Tages die Faxen dick hatte und fuchsteufelswild Dumping betrieb: 20 EUR pro Seite inkl. Gestaltung und Satz und Bildbearbeitung, jawoll!

 

Rückwärts-Auktion?

Ich bekam tatsächlich nach Ende der Angebotsfrist einen Anruf. Um mir mitzuteilen, dass ein anderes Büro preislich genau so liege, es aber im Unterschied zu mir den kompletten Druck mitbezahlte.

Mir kam die Anruferstimme so vor, als schwänge im Ton eine Aufforderung mit, meine Sterne jetzt neu zu ordnen. Quasi das Eisen zu schmieden solange es noch heiß ist und zu erklären, einfach ebenfalls den Druck mit dazu zu nehmen zum gleichen Endpreis wie vorher. Vielleicht noch ein Extra-Schmankerl dazu zu geben. Als ob wir, statt Dienstleister mit individuellen, nicht skalierbaren Anforderungen, Fischer auf einer Rückwärts-Fischauktion seien.

Ich verzichtete im Telefonat auf die provokante Fischmarkt-Metapher und auch auf betriebswirtschaftlich vernünftige Betrachtungen über die begrenzt skalierbare Zeit und das kaum skalierbare Geld der Kriegskasse eines freien Dienstleisters. Es wäre einfach nicht gegangen, auch noch den Druck für Null mit zu bezahlen. Ich hätte, wäre ich darauf eingegangen, dunkelroteste Miese gemacht. Das misstrauische Finanzamt hätte gefragt: Was machstdu, machstdu Hobby?

Es interessiert Verwaltungsleute einfach nicht. Sie verstehen es auch nicht. Blieb also freundlich und stellte mich dumm, den korrumptiv klingenden mitschwingenden Ton je gehört zu haben. Danach war Ruhe mit diesen richtig Arbeit machenden jährlichen Ausschreibungs-Anfragen.

 

Dunkelschwarzes Fazit

Ich weiß nicht, ob ich ein gutes Büro bin, auf diese Weise jedenfalls bekommen Ausschreibende keine guten Büros und keine guten Leistungen, sondern eine komische Sorte Fischverkäufer.

1 guter Kunde in der Privatwirtschaft ist besser als 100 solcher seltsamer Vergaben. Sie sollen sich bitte ihre Filmvollmachenten (das sind wie ich die Dummen, die sich richtig Arbeit machen und unermüdlich mit anbieten) und ihren Lieblings-Fischverkäufer ab jetzt endgültig woanders suchen.

Man behauptete zwar freundlich, nächstes Jahr gäbe es die neue Runde und ich könne gern wieder daran teilnehmen. Die Runde, in der der jetzt Alteingesessene erneut drin ist. Muss ich nicht haben. Aber nein, danke. Erneut nur als Bauernopfer die Anforderungen zu erfüllen, dass ihr halt genügend Büros angeschrieben habt. Es reicht. So long, and thanx for all the fish!*

Delphin springt aus dem Wasser

*Bei Douglas Adams ziehen die Delphine mit diesem Spruch von der Erde fort, kurz bevor sie von den Vogonen zerstört wird, um einer Hyperraum-Umgehungsstraße Platz zu machen.

 

Interessante Methoden und Tricks von IT-lern, wenn sie trotzdem eine Ausschreibung gewinnen wollen

 

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