Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Kategorie: The Good, the Bad and the Ugly (Seite 1 von 6)

Gras, ich hör‘ immer nur Gras

Die Schönheit von blühendem Gras

Der Kater bloggt.

Das aber glauben alle Dichter: Daß, wer im Grase oder an einsamen Gehängen liegend die Ohren spitze. etwas von den Dingen erfahre, die zwischen Himmel und Erde sind.  Friedrich Wilhelm Nietzsche

 
Das unscheinbarste, das dieser unscheinbare begrünte Hinterhof hervorgebracht hat, ist dieses Gras.


Seine Büschel wurden auszurupfen vergessen, die Kater haben es verschmäht.

Es lebt in einer trockenen Gießlücke und hat im Unterschied zu mir den heißen Sommer gut gepackt. So eroberte es sich einen Platz zwischen der Katzenminze mit der Punk-Frisur, einem halbkahlen Opi-Rosenstrauch, der mit Sternrusstau kämpft und bereits im Sommer anfing, altersstarrsinnig mit gelb gewordenen und schwarz betupften Blättern um sich zu werfen – und der wuchernden Fettblattrosette (Echeveria), die als Einzelkind anfing, im ersten Winter reinzuholen vergessen wurde und sich in den Jahren trotzig zu einem dicken Teppich knüpfte.

Die grazile Schönheit des Grases neben der breiten Dickblatt-Succulente erschloss sich mir erst, als seine langen Halme blühten.

Ob das ein spezieller Zierhafer ist oder einfach nur irgendein wildes Gras, habe ich noch nicht herausfinden können. Nun darf es bleiben – in der Hotelbar der Überlebenden.

 

Gulugulu!

Was wenige über mich wissen: Ich sammle Bilder von Enten, die sich rasieren.

Mein immerhin viertes Exponat in fünf Jahrzehnten ist das schönste: aus Romano Scarpa mit Rodolfo Cimino: Der letzte Gulu-Gulu, 1960, in: LTB Lustiges Taschenbuch 79: Dagobert Duck auf Taler-Safari, 1982, als Carl Barks den Griffel noch nicht auf immer hingelegt hatte, aber die Lustigen Taschenbücher noch lustig waren.

Dagobert Duck rasiert sich, Romano Scarpa mit Rodolfo Cimino, Der letzte Gulu-Gulu, Dagobert Duck auf Taler-Safari, LTB 79, 1982

Die anderen drei Exponate sind gesammelt und dort ausgewiesen als “Mother Goose Shaving“, der Ausarbeitung nach aber entgegen der Kategorisierung keine Gänse, sondern eher zweimal die Wildform der Stockente (Anas platyrhynchos) und eine Pekingente (Anas platyrhynchos domestica).

Fürs Leben nehmen wir mit: Wir unterscheiden Kochenten und Guckenten, wobei sich die Kochenten zum Verzehr eignen und daher Weihnachtsbräche aufs schärfste missbilligen; die Guckenten sind “nur” schön und daher im Vorteil.

Das ist ja gerade der Kick an den Enten: Mäuse, im Hause Walt Disney ebenfalls gern bei human konnotierten Tätigkeiten abgebildet, Mäuse, bevor man sie ins Wasser schubst, würde man aus dokumentarischen Gründen durchaus in seiner einschlägigen Sammlung mitbeherbergen; aber wegen ihrer bekannt haarigen Oberfläche wäre man bei Muroidea nicht ganz so überrascht über eine Rasur.

Als berufliche Nickeligkeit wollen wir meinen Widerwillen gegen die Inkonsistenz in der Schreibung werten: Schreibt sich ein Gulu-Gulu jetzt Gulu-Gulu oder Gulugulu? Man weiß so wenig.

Soundtrack: Lauren Bacall (sowas wird heute ja gar nicht mehr gebaut) in ihrem Filmdebut:
Musik und am Klavier: Hoagy Carmichael Text: Johnny Mercer: How Little We Know,
aus: To Have and Have Not, 1944:

Sternstunden der Autorenfotografie

Was wenige über mich wissen: Ich sammle Bilder von bedeutenden Menschen, die gephotobombt wurden. Die Bilder, nicht die Menschen. Obwohl … – Chronologisch:

  1. Barbara Niggl Radloff, André Maurois im Münchner Hofgarten, Schlafender auf Parkbank im Hintergrund, undatiert, vor 1962, via Münchner Stadtmuseum

    Barbara Niggl Radloff: André Maurois im Münchner Hofgarten, Schlafender auf Parkbank im Hintergrund (undatiert, vor 1962), via Münchner Stadtmuseum.

  2. Sepp Dreissinger,  Thomas Bernhard in Wien, 1988, via Ansichtssache, Thomas Bernhard – Das führt alles zu nix, Der Standard, 3. Februar 2011

    Sepp Dreissinger: Thomas Bernhard in Wien, 1988, via Ansichtssache: Thomas Bernhard – Das führt alles zu nix, Der Standard, 3. Februar 2011.

Vroni meint: “Kann man doch photoshoppen.”

Soundtrack: Led Zeppelin: Nobody’s Fault But Mine, aus: Presence, 1975 (übrigens in den Münchner Musicland Studios aufgenommen, wo heute das Arabella Sheraton Hotel drin ist),
zusammengekochte Version von Jimmy Page & Robert Plant mit dem Egyptian Ensemble und dem London Metropolitan Orchestra: live 1994:

Spending my Produktionsmittel

Wenn man jedoch sich nicht verdutzen läßt, sondern frägt, was denn eigentlich die Ideen seien, als deren Vermögen die Vernunft bestimmt wird; so erhält man gewöhnlich, als Erklärung derselben, einen hochtrabenden, hohlen, konfusen Wortkram, in eingeschachtelten Perioden von solcher Länge, dass der Leser, wenn er nicht schon in der Mitte derselben eingeschlafen ist, sich am Ende mehr im Zustande der Betäubung, als in dem der erhaltenen Belehrung befindet, oder auch wohl gar auf den Verdacht geräth, es möchten ungefähr so etwas wie Chimären gemeint sein.

Arthur Schopenhauer:
Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde,
5. Zweite Klasse der Objekte für das Subjekt, § 34: Ideen, 1813.

Wenn man einen Jüngling absichtlich verdummen und zu allem Denken völlig unfähig machen will, so gibt es kein probateres Mittel, als das fleißige Studium Hegelscher Originalwerke: Denn diese monströsen Zusammenfügungen von Worten, die sich aufheben und widersprechen, so dass der Geist irgend etwas dabei zu denken vergeblich sich abmartert, bis er endlich ermattet zusammensinkt, vernichten in ihm allmählich die Fähigkeit zum Denken so gänzlich, dass von da an hohle leere Floskeln ihm für Gedanken gelten. – Wenn einmal ein Vormund besorgen sollte, sein Mündel könnte für seine Pläne zu klug werden, so ließe sich durch ein fleißiges Studium der Hegelschem Philosophie diesem Unglück vorbeugen.

Karl Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde II.
Falsche Propheten: Hegel, Marx und die Folgen, 1958.

Mit Schopenhauer ist es nicht viel anders als mit Hegel, Marx, Popper und Luhmann: Man wacht immer erst bei den Redundanzen auf. Oder wie der nicht zu unterschätzende Philosoph Per Gessle es ausdrückte: Don’t Bore Us, Get to the Chorus! (1995).

Blue Moon

Auf Gastronomendeutsch heißt
Vollmond
“Heut kommen sie
wieder alle aus
den Löchern”. Der
Vollmond
hat ein Mondgesicht,
brüllt ausdauernd Geschichten
aus “der Arbeit”
durch die Kneipe
(der meint das
nicht so, das
ist bei denen
bloß der Dialekt)
und stinkt aus
dem Hals nach
Destille.

Soundtrack: Black Eyed Vermillion & The Inheritance:
Pass Me The Bottle, aus: The Pleasure Tide, 2014:

Vatertag

“Hans Wurst?” sag ich, “bist du das?”

Leider schon finster. An einem geparkten Auto lehnt ein Kerl, der meinem alten Studienkollegen ähnlich sieht.

“Wer ist ein Hanswurst?” fragt der Kerl. Beim Näherkommen sieht man, dass er eine gebückte junge Frau umfasst und ihr von hinten die Haare aus dem Gesicht hält.

“Uuööööörrrghh”, sagt die Frau.

“Ach so”, sag ich, “hab ich Sie wohl mit dem Hans Wurst verwechselt.”

“Uuööööörrrghh”, sagt die Frau.

“Das ist meine Tochter”, sagt der Kerl.

“Glückwunsch”, sag ich.

Soundtrack; The Secret Sisters: Carry Me,
aus: You Don’t Own Me Anymore, 2017:

Diktators genug

1772. Dass man sich aller zweihundertfuchzich Jahre wiederholen muss.

Murr,

——— Johann Gottfried Herder:

2. Naturgesetz

aus: Abhandlung über den Ursprung der Sprache,
Zweiter Teil: Auf welchem Wege der Mensch sich am füglichsten hat Sprache erfinden können und müssen, 1772:

Rousseau und andre haben so viel Paradoxien über den Ursprung und das Anrecht des ersten Eigentums gemacht; und hätte der erste nur die Natur seines geliebten Tiermenschen befragt: so hätte der ihm geantwortet. Warum gehört diese Blume der Biene, die auf ihr sauget? Die Biene wird antworten: weil mich die Natur zu diesem Saugen gemacht hat! mein Instinkt, der auf diese und keine andre Blume hinfällt, ist mir Diktator gnug, der mir sie und ihren Garten zum Eigentum anweise! Und wenn wir nun den ersten Menschen fragen: “Wer hat dir das Recht auf diese Kräuter gegeben?”, was kann er antworten als: die Natur, die mir Besinnung gab! Diese Kräuter habe ich mit Mühe kennen gelernt! mit Mühe habe ich sie mein Weib und meinen Sohn kennen gelehrt! Wir alle leben von ihnen! Ich habe mehr Recht daran als die Biene, die darauf summet, und das Vieh, das darauf weidet; denn die haben alle die Mühe des Kennenlernens und Kennenlehrens nicht gehabt! Jeder Gedanke also, den ich darauf gezeichnet, ist ein Siegel meines Eigentums, und wer mich davon vertreibet, der nimmt mir nicht bloß mein Leben, wenn ich diesen Unterhalt nicht wieder finde, sondern würklich auch den Wert meiner verlebten Jahre, meinen Schweiß, meine Mühe, meine Gedanken, meine Sprache – ich habe sie mir erworben! Und sollte für den Erstling der Menschheit eine solche Signatur der Seele auf eine Sache, durch Kennenlernen, durch Merkmal, durch Sprache, nicht mehr Recht des Eigentums sein als ein Stempel in der Münze?

Bild: Murr lässt sich von seinem Instinkt zum Eigentum des Gartens anweisen, 4. Mai 2022. Selber gemacht, schenk ich Ihnen.

Soundtrack: Michelle Gurevich & Cyranó: Goodbye My Dictator, April 2022:

We were having too much fun
Drinking coffees in the sun
Someone wanted to be king
Came and fucked up everything

[…] It’s hard for most to understand
That good intentions not all have
Why must we always stand on guard
When there is love and there is art

Wundermacht

Das lässt ja auch tief blicken, was der deutsche Kriegskonsument von Künstlervolk hält, zumal von ausgebildeten Schauspielern. Bei Wolodymyr Selenskyj, den man sich unglückseligerweise fortan merken muss, hat man sich erst gewundert, wieso ein fertiger Jurist sich ans Schauspielern, Synchronisieren und Moderieren von Kasperlkram wegschmeißen kann, und dann, dass er’s nicht nur zum Regisseur und Produzenten – das sind doch die mit der Kohle, oder? – gebracht hat, sondern zum f***ing Präsidenten von Kleinrussland.

Und wenn er’s gesagt hat, glaubt’s ihm bis heute keiner: weil er das so will.

Oder wie darf ich die Bilder von dem überaus schätzbaren Manne, die ausnahmsweise nicht von aktuellem Kriegsgeschehen handeln, sonst auffassen, wenn nicht als Misstrauen gegen und Entsetzen über jemanden, der sich mal in einer rosa Ganzkörperkluft hat filmen lassen? Erst den Hanswurst machen, weil er sich als Anwalt zu fein ist, und dann die Welt retten – so wörtlich verstanden wie nie?

Und wenn ich’s sag, glaubt’s wieder keiner: Gerade deswegen.

Gerade einem herumgetingelten Künstler ist bedeutend eher zuzutrauen, seinen Charakter gebildet zu haben, als einem, sagen wir klischeehalber, BWL-Abbrecher, der “in der Politik” gerade mal seine “Chancen nutzen und Risiken minimieren” gelernt hat. Der musste sich schon mal selber was einfallen lassen, siehe auch unter: selbstständiges Denken, und weil er schon mal am eigenen Leib und Leben seiner Lieben gemerkt hat, wie sich eine Krise anfühlt, und aus welcher man unter Umständen wieder rauskommt und aus welcher nicht.

Wider die defamatorische Darstellung von Berufsständen, vor allem von Künstlern. Oder haben Sie sich in finsterer Stunde – in jüngstem Fall vor kurzem, als noch Ausgangssperre “wegen Corona” war – an Anwälte und Büchsenmacher gewandt? Oder an Künstler?

Und bevor einer davon anfängt: Nein, weder bin ich ein ausgebildeter Künstler noch will ich mit Herrn Selenskyj tauschen. Der scheint das einzige Glück zu sein, das sich die Ukraine seit langem eingehandelt hat. Falls ich genug Krieg konsumiert hab. Und falls er zum Zeitpunkt der Niederschrift noch lebt.

Soundtrack: Joachim Witt & Peter Heppner: Die Flut,
aus: bayreuth eins, 1998:

Das grauenhafte Gewinnspiel

Preisfrage: Von wem ist:

Und jetzt, während dieser Eindruck in mir wuchs, kam schließlich das Grauen – Grauen in einem Maße, wie keine Worte es vemitteln können. Trotzdem behielt ich meinen Stolz, wenn nicht sogar Mut, und in Gedanken sprach ich zu mir: “Dies ist wohl Grauen, aber es ist nicht Furcht; solange ich mich nicht fürchte, kann mir nichts geschehen; meine Vernunft bestreitet die Existenz dieser Erscheinung, es ist eine Illusion – ich fürchte mich nicht.”

Als Multiple choice chronologisch zum Ausdrucken und Ankreuzen:

  • □ E. A. Poe, 1842
  • □ E. G. Bulwer-Lytton, 1856
  • □ H. P. Lovecraft, 1926

Googeln müsste nach meiner Stichprobe zwecklos sein, ich hab den Klotz noch papierförmig.

Wer richtig liegt, darf sich in der Konditorei seines*ihres Vertrauens eine Torte seiner*ihrer Wahl kaufen. Buttercreme! Marzipan optional, wenn dabei steht, wo es her ist! Der Einsendeschluss ist nach hinten offen.

Soundtrack des Grauens: Bridge City Sinners – Devil Like You,
aus: Unholy Hymns, 2021:

I drank ten pints of beer and I cursed all the people there

At the time, I was working for a landlord
And he was the meanest bastard that you have ever seen
And to lose a single penny would grieve him awful sore
And he was a miserable bollocks and a bitch’s bastard’s whore.

The Pogues, a. a. O., 1984.

Immobilienmakler sind goldig. Die kennen alle ein einziges Lied, das nur aus dem Refrain besteht; der geht:

Lage, Lage, Lage.

und das singen sie jetzt den ganzen Tag. Süß. Wenn es nicht so zynisch wäre.

Schlachthof München, August 2021Man freut sich nicht, wenn einem innerhalb eines Google-Suchlaufs der Sinn des Lebens, nein: der Wert der eigengenutzten Immobilie auf die Hälfte zusammensackt, und innerhalb eines weiteren solchen auf ein Viertel.

Nicht dass man sich selbst in der Isarvorstadt, vulgo Glockenbachvierel, durch die schiere Tätigkeit des Wohnens im noch laufenden Leben als Millionär wiederzufinden erhofft hätte. Allerdings hätte man sich in einer “Lage. Lage, Lage”, deren Wert sich angeblich immer noch aller zehn Jahre verdoppelt, gewünscht, dass die prospektiven Erben einen gewissen Gegenwert für zwei verdaddelte Leben davontragen.

Wenn man trotz lebenslänglicher Vermögensbildung und praktischer Altersvorsorge verarmen wird, kann man seine Burg doch wenigstens verrenten, oder nicht?

Im August 2021 stand die Inflation bei 3,9 %. Aber ich bin der Zyniker, gell?

Rechenbeispiel:

And it’s lend me ten pounds, and I’ll buy you a drink,
And mother, wake me early in the morning.

The Pogues: Boys from the County Hell, aus: Red Roses for Me, 1984:

Buidl: Plakat am Schlachthof München, selbergemacht August 2021.

Der aktuelle Filmtipp:

Rambo III, USA 1988:

Laut Guinness-Buch der Rekorde mit 221 Gewalttaten und 108 toten Menschen brutalster Film, daher FSK 18 ohne Jugendfreigabe; von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden mit dem Prädikat “wertvoll” ausgezeichnet. Endet mit: “This film is dedicated to the gallant people of Afghanistan”, deutsch: “Dieser Film ist dem tapferen Volk von Afghanistan gewidmet.”

Highlights:

“Das ist Afghanistan! Alexander der Große wollte dieses Land erobern, Dschingis Khan, die Briten und jetzt die Russen, aber wir lassen uns nicht erobern!”

“Gott muss lieben verrückte Menschen!”
“Wieso?”
“Er machen soviele davon.”

“Meine Zeit ist um.”
“Was heißt das?”
“Das heißt, mein Krieg ist vorbei:”

Und mein Liebling:

“Wozu ist das?”
“Das ist blaues Licht.”
“Und was macht es?”
“Es leuchtet blau.”

Danke für die Idee an Sven (Website erloschen)!

Und morgen versuchen wir dann, drei vollständige Staffeln durchzubingen

Rest des Nachmittags : faul und bösartig. (Wie Gott vor der Schöpfung).

Arno Schmidt: Brand’s Haide, 1951; BA I,1,136.

Na bitte: den ganzen Tag
          kein Spaß und keine
                    neuen Katastrophen.

Geht doch —
          für einen Tag, an dem
                    man aufgestanden ist.

Soundtrack: The Secret Sisters: He’s Fine,
aus: You Don’t Own Me Anymore, 2017:

Truth is the perfect disguise

“What kind of music do you usually have here?”

“We got both kinds, we got country and western.”

Blues Brothers in Bob’s Country Bunker, 1980.

All she could pay was attention
So all they could take was her time
Proving an ounce of possession
Ain’t worth a piece of your mind.

‘Cause nightmares are somebody’s daydreams
Daydreams are somebody’s lies
Lies ain’t no harder than telling the truth
Truth is the perfect disguise

Kris Kristofferson: Sandy, aus: Spooky Lady’s Sideshow, 1974.

Diese Woche aufgefallen und mit eilig neu angeschafften Kamerabatterien dokumentiert:

Fällt ja sofort ins Auge, nein: sogar ins Ohr, dass es nur ein Liedertext sein kann. In diesem Fall von The Legendary Band aus: Pirates, 2014. Und es erinnert doch stark an eins der frühen Funny Forwards, für das die — oft aus Gründen — anonym gebliebenen Content Provider mehr überlegen mussten, als wie man einen Text nicht über 30 Anschläge Impact bold versal in ein ohnehin überstrapaziertes Filmbildchen photoshoppt.

Wirklich beeindruckt war ich erst diese Woche — nach der Entdeckung eines Aufklebers von 2021 zur Werbung für eine CD (sic) von 2014 — bei der Erkenntnis, dass die Liste gar nicht so frei erfunden ist, wie sie aussieht. Die Lieder gibt’s wirklich, die liebevoll gesammelten Zeilen nicht immer als Überschrift, sondern umso schwerer auffindbar als Zitat — und die meisten lohnen sich sogar aufzurufen. Yeehaw, folks.

The Best of the Worst Country-Western Song Titles

  • Drop Kick Me, Jesus, Through The Goalposts Of Life
  • Get Your Biscuits In The Oven And Your Buns In The Bed
  • Get Your Tongue Outta My Mouth ‘Cause I’m Kissing You Goodbye
  • Her Teeth Were Stained, But Her Heart Was Pure
  • How Can I Miss You If You Won’t Go Away?
  • How Can You Believe Me When I Say I Love You When You Know I’ve Been A Liar All My Life?
  • I Been Roped And Thrown By Jesus In The Holy Ghost Corral
  • I Changed Her Oil, She Changed My Life
  • I Don’t Know Whether To Kill Myself Or Go Bowling
  • I Fell In A Pile Of You And Got Love All Over Me
  • I Flushed You From The Toilets Of My Heart
  • I Keep Forgettin’ I Forgot About You
  • I Wanna Whip Your Cow
  • I Would Have Wrote You A Letter, But I Couldn’t Spell Yuck
  • I Wouldn’t Take Her To A Dawg Fight, Cause I’m Afraid She’d Win
  • I’d Rather Have A Bottle In Front Of Me Than A Frontal Lobotomy
  • I’m Just A Bug On The Windshield Of Life
  • I’m The Only Hell Mama Ever Raised
  • I’ve Been Flushed From The Bathroom Of Your Heart
  • I’ve Got The Hungries For Your Love And I’m Waiting In Your Welfare Line
  • If I Can’t Be Number One In Your Life, Then Number Two On You
  • If Love Were Oil, I’d Be A Quart Low
  • If My Nose Were Full of Nickels, I’d Blow It All On You
  • If You Don’t Leave Me Alone, I’ll Go And Find Someone Else Who Will
  • If You Leave Me, Can I Come Too?
  • Mama Get The Hammer (There’s A Fly On Papa’s Head)
  • My Every Day Silver Is Plastic
  • My Head Hurts, My Feet Stink, And I Don’t Love Jesus
  • My John Deere Was Breaking Your Field, While Your Dear John Was Breaking My Heart
  • My Wife Ran Off With My Best Friend, And I Sure Do Miss Him
  • Oh, I’ve Got Hair Oil On My Ears And My Glasses Are Slipping Down, But Baby I Can See Through You
  • Pardon Me, I’ve Got Someone To Kill
  • She Got The Gold Mine And I Got The Shaft
  • She Got The Ring And I Got The Finger
  • She Made Toothpicks Out Of The Timber Of My Heart
  • She’s Got Freckles On Her, But She’s Pretty
  • Thank God And Greyhound She’s Gone
  • They May Put Me In Prison, But They Can’t Stop My Face From Breakin’ Out
  • Velcro Arms, Teflon Heart
  • When You Leave Walk Out Backwards, So I’ll Think You’re Walking In
  • You Can’t Have Your Kate And Edith Too
  • You Can’t Roller Skate In A Buffalo Herd
  • You Done Tore Out My Heart And Stomped That Sucker Flat
  • You Were Only A Splinter As I Slid Down The Bannister Of Life
  • You’re The Reason Our Kids Are So Ugly

Soundtrack ist das aus der Liste, das einem wieder kein Mensch glaubt:
Jimmy Buffett mit den Oak Ridge Boys als Background-Schubiduapdap-Truppe: My Head Hurts, My Feet Stink, And I Don’t Love Jesus, aus: Havana Daydreamin’, 1976:

I drink and I smoke, I play music with friends

Diese Woche gelernt: Aldi lässt jetzt bei Oettinger brauen, wovon man sich auch nicht weniger Schädelweh zuzieht, und meine ganzen Helden passen auf ein Bild DIN A4, und da passt noch großflächig Efeu dazwischen.

Wenn ich endlich Herder von Wieland auf weniger als zwei Zentimeter unterscheiden kann, sprech ich nochmal auf einer idyllischen Uni vor, Literatur muss ganz lustig zu studieren sein (entgegen einem verbreiteten Vorurteil hab ich Linguistik studiert); dafür hab ich jetzt das wahrscheinlich einzige Bild von Günter Stössel südlich der Altmühl an der Wand.

Merke: Schädelweh rentiert sich immer für irgendwas.

Soundtrack: Krista Shows: Full of Sin, aus: Prone to Wander, 2020:

I am a girl that’s full of sin
I’ve done some harm, less outward than in
I drink and I smoke, I play music with friends
I have no regard, my mercy runs thin

Giesing und zurück

Rotkraut hat’s wohl keins gegeben?

Lockdown findet ja vor allem im Kopf statt. Auf der Straße sieht man jedenfalls nix davon.

Fernkälte-Rohre, Bausetelle Reifenstuelstraße München 2020Die Straße, die ich vom Fenster aus im Blick hab, wird dieser Tage im allerengsten Sinne des Wortes abgeschlossen: mit der letzten Asphaltschicht auf den schmuck schwarzglänzenden Teer. Das war per Flyer vom Oberbürgermeister persönlich für 4. Dezember versprochen, ist also gar nicht mal so schlimm verspätet. Das Foto nebenan hat also ab sofort einen überaus dokumentarischen Seltenheitswert.

Und ab sofort kann man wieder mit dem Auto durch die Reifenstuelstraße. Muss man aber nicht, und vor allem: Wer kann sich heute noch ein Auto leisten? Das Gefühl wohligen Nichts-Müssens muss mit dem Lockdown zu tun haben, die dauerpanische Existenzangst macht widerwillig jener gallig heiteren Auffassung Platz, dass einen das Leben doch langsam kreuzweise kann: Alles den Bach runter? — Ja, und jetzt? Soll ich weinen oder lieber kotzen? Sucht euch was aus, vielleicht mach ich’s, falls ich heuer oder nächstes Jahr mal dazu komm.

Gestern hab ich die fast fertig asphaltierte Reifenstuelstraße dazu benutzt, eine Weihnachtsente aufzutreiben: über eine Stunde zu Fuß zum Händler für Kronen-Enten unseres Vertrauens — ohne öffentliche Verkehrsmittel, damit einem keiner was nachsagen kann. Vor allem ohne Auto lernt man dabei, dass Ober- und Untergiesing richtig was gleich-, aber grundverschieden ausschauen, und wird unterwegs sogar noch unabhängig voneinander von zwei local Beauties angelacht, weil man so ein rüstiger Wandersbursch ist; im Bus passiert einem das garantiert nie.

Vor allem kommt man mit dem Bus nicht über den Ostfriedhof. Auf dem lernt man, egal ob gerade eine Seuche mit oder ohne Lockdown tobt oder nicht: Schlimmer als so wird’s langfristig nicht.

Ist das Fatalismus oder Defätismus? Und braucht man wirklich ein Fremdwort dazu? Wurscht: Wie schön, dass man auch das ignorieren kann. Aber nicht muss. Geil.

Buidl: Fernkälte-Rohre, Baustelle Reifenstuelstraße, ca. November 2020, schenk i Eahna.

Soundtrack: Bob Geldof: The Great Song of Indifference,
aus: The Vegetarians of Love, 1990:

Der CSU nachträglich zu ihrem fünfundsiebzigsten

Marihuana verdammen und dazu Schnaps ausgeben

Der Kater bloggt.

 

O, wie der Falschheit Außenseite glänzt!

William Shakespeare (Der Kaufmann von Venedig)

 

 

Die Stammtischpartei, die alles darf, was der bayrische Bürger hinter vorgehaltener Hand auch darf: sich gegenseitig reinlegen, Suff-Fahrten, hinterkünftige Vetternwirtschaft, gieriges und scheinheiliges Gekungel um Grundstücke, samstags ab in den Beichtstuhl und am Sonntag gebadet, flauschig gefönt in die Katholische Messe gehen.

 

Glückwunsch!

Der Kater

 

Enten nicht füttern

Das hat man, wenn man in Seuchenzeiten die Wohnung verlässt, um den halbwilden Hausmuscheln im Hektoliterbottich eine neue Wohnung auszusuchen:

 

Wittelsbacher Brücke von oben auf den Flaucher

Einen Stoß Fotos vom Fluss ohne den Fluss drauf.

 

Wittelsbacher Brücke

Dafür bleiben die Muscheln, wo sie waren, weil Enten Muscheln fressen.

 

Wittelsbacher Brücke

 

Soundtrack Отава Ё: На речке, на речке, aus: Что за песни, 2013:

 

На речке, на речке, на том бережочке,
Мыла Марусенька белые ноги.

 

Die russischen Pogues machen aber schon auch die besten Videos. Auch vom Fluss, mit dem Fluss drauf.

 

 

Internet macht einsam

Nichts Neues — außer dass es oft nicht einsam genug macht. Es gibt auch gute Nachrichten: Facebook geht schon ein paar Internet-Generationen lang den Weg von Myspace, und Spotify hat sich nie darauf eingelassen, eine “Community” zu bilden, die Musikverbraucher dazu verleitet, ansonsten gutartigen Speicherplatz mit Bewertungen oder gar Kommentaren zu verunreinigen.

Spotify ist ein Segen — nicht allein wegen der ersten drei Platten der Herren Zupfgeigenhansel von 1976, 1977 und 1978, die allesamt Volkslieder heißen und deren Erwerb vor zwei Generationen in den meisten Fällen zugunsten solcher Künstler zurückstehen musste, die mein Vater bis heute “Eintagsfliegen” nennt: Bob Dylan, Rolling Stones, Neil Young und so. Ein Segen ist Spotify natürlich auch wegen denen, und weil man seine vollständigen LPs von Pink Floyd nicht mehr wertmindernd aus den Hüllen schütteln und mit einem im Lauf der Jahrzehnte fragwürdig gewordenen Saphir abwetzen muss.

Und dann buddelt man in den spotifyischen Tiefen ein obskures Divertimento von Mozart in c-Moll in einer Mono-Einspielung von anno 1963 aus, und die Werbung nach dem zweiten Satz fragt mich, ob ich die heißen und Hits und coolen Beats “will”. So was schimpft sich Datenkrake.

Doch, ich hab durchaus was verbergen; da können Sie jederzeit meine Mutter fragen, deren kompletten Datensatz man ja heutzutage von jedem Jeansladen mit Onlineshop erfahren müsste — zum Beispiel hab ich eine Jalousie vor dem Fenster und veröffentliche keine Gedichte, die als Akrostichon meiner Passwörter gebaut sind. Trotzdem ist Spotify nicht zuletzt deswegen ein Segen, weil es mich erfolgreich darüber zu beruhigen versteht, dass es einen irgend einen Papp über mich weiß.

Dann noch als Anregung, die Playlisten auf Spotify in gedeihlicher Weise zu nutzen — Tipp für Fortgeschrittene: Die besten Sachen findet man im “Künstler*in-Radio” — das erste Lied von Iris DeMent: Our Town, 1986, aus: Infamous Angel, 1992, live 2007 im Strathgarry House zu Perthshire für die Transatlantic Sessions 3, mit Emmylou Harris als zweite Stimme, Jerry Douglas an der quergelegten Dobro, Molly Mason am bockwurstbespannten Schrank, vulgo Kontrabass, und Aly Bain an der Fiedel. Oder was haben Sie von mir erwartet? Hippe Neuentdckungen mit heißen und Hits und coolen Beats? Jetzt bitte mal.

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