Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Monat: Juni 2012

Ein Leben ohne Biskuit, Früchte und Sahne ist denkbar,

aber sinnlos.

Gesund I:

Nur frische Eier (fünf), frische Erdbeeren vom Markt (nur ein Schälchen) und eine frische Ananas (um Gotteswillen nicht aus der Dose).

Gesund II:

Um den Nährwert dieser süßen Sünde zu zügeln, ist der Biskuit anstelle von 150g Zucker mit Stevia-Granulat gebacken. Und die Schicht mit den Erdbeeren bekam eine fettfreie Creme. Diättipp: Wenn statt unsereinen die hoffnungsvolle Katze die Sahnetupfer kriegt, entfallen nochmals einige Kalorien.

Gesund III:

Die Beschäftigung mit Rühren, Backen, Schnippeln und Füllen erdet ungemein.

Ungesund:

Habe den Boden mit Weißwein getränkt (Trebbiano d’Abruzzo, Bio).

Der Himmel über unserer Stadt

Münchner wollen wegen Reichtums keine Startbahn?

Bin Münchner, weder wohlhabend noch saturiert. Soll es auch geben.

Am Sonntag, den 17. Juni 2012 wird per Volksabstimmung abgestimmt. Stimmte gegen die Startbahn (per Briefwahl). Der Grund: Die Zahlen der Gutachter sind nüchtern betrachtet so, dass es nicht unbedingt deutlich mehr Flugaufkommen geben wird. Also ist die Startbahn sinnlos. Man braucht sie nicht.

Wegen der Ruhe ist es mir nicht, denn ich wohne südwestlich am Cityzipfel. Also genau entgegen Erdinger Moos. Vielleicht ist es mir ein bisschen um die Ruhe für andere geplagte Einwohner. Und es ist mir um das Dörfchen, das angeblich dafür weg muss.

Ich will auch einfach das blöde Geschwätz nicht mehr von wegen mehr Arbeitsplätze (angeblich ca. 11.000). Damit glaubt man, sie alle zu fangen. Aber es werden nicht so viele Arbeitsplätze. Und oft meist auch keine guten. Siehe der neue Flughafen Berlin. Ein schnieker Flughafen und ein paar Billiglohn-Arbeitsplätze statt der versprochenen vielen guten. Wie hässlich ist das denn.

 

Make a Change

Keine Ahnung, ob die zeitgenössische Musik besser oder schlechter ist als ihr Ruf, jedenfalls ist sie anders: Entgegen dem sich aufdrängenden Eindruck haben sich die populären Lieder in Moll-Tonarten zwischen 1965 und 2009 mehr als verdoppelt (zahlenmäßig, nicht in der Laufzeit), .mp3-Dateien geben jetzt doch nur 5 Prozent der eingespielten Tonsignale wieder (CDs 15, Vinyl-LPs 100), und der befürchtete galoppierende Missbrauch des Vocoders nach Do You Believe in Life After Love von Cher ist nach 1998 ausgeblieben.

Talking of Cher: Nicht mal das Schreckgespenst des “singenden Schauspielers” führt sich heutzutage noch zwingend so auf wie Uwe Ochsenknecht. Hugh Laurie zum Beispiel, dem deutschen Medienverbraucher als coolster aller Knochen Dr. House in der gleichnamigen Krankenhausserie bekannt, hat sogar singend, schreibend, musizierend angefangen, bevorzugt im Verein mit Stephen Fry, und zwar in allen Disziplinen ziemlich brillant.

Nachdem Dr. House in acht Staffeln alles gesagt hat, was zu sagen war, hat Hugh Laurie während der siebten schon mal wieder angefangen, seine musikalischen Wurzeln zu gießen. Für Let Them Talk 2011 hat er noch keine Lieder selbst geschrieben, bringt uns aber einen schönen Schwung seiner persönlichen Lieblinge des traditionellen Blues nahe.

Ob es dazu eine hundereinundelfzigste Version von Swanee River gebraucht hat, darf man diskutieren. Und zwar sofort: Laurie lässt im aufschlussreichen Beipackzettel seine Kindheitserinnerung dazu durchblicken: Dass er das mit einem gewissen Einfallsreichtum einspielt, ist eine um 45 Jahre verspätete Rache an seiner weiland Klavierlehrerin — daher wohl der diablische Lacher im Solo. Überhaupt will ich durchgehend glauben: Der Mann mag die Lieder wirklich. Das Eröffnungs-Instrumental ist grandios genug, um einen mit allen folgenden Schnitzern zu versöhnen, und so viele kommen da gar nicht mehr.

Liedauswahl und Interpretation begründen sich fadenscheinig, aber allemal gut genug mit because I can und weil’s das bringt. Blues als ausgelassener Spaß für erwachsene Leute — doch: Das ist ungefähr so lustig und lässig wie Dr. House. Schon okay, können Sie kaufen.

Wer .kf8-Dateien löscht, muss keine Bücher verbrennen

Update zu À la recherche de l’Ivar perdu:

Auch sowas, das vor zwanzig Jahren undenkbar gewesen wäre: Man trifft nahezu täglich ausgelesene Bücher im Mülleimer.

Um den Verhandlungsweg zu Godwin’s Law abzukürzen: Wahrscheinlich verschwinden die Bücherverbrennungen inzwischen aus dem kollektiven Gedächtnis; Bücher mit ihrer darin festgeschriebenen Meinungsfreiheit sind nicht mehr das schützenswerteste aller Kulturgüter, sondern etwas unpraktische Lesegeräte, die vergilben.

Ob das schlimm ist? Zumindest ist es ein entspannter Umgang mit Medien. Illegal ist es vermutlich nicht, da muss man als Mediennutzer schon dankbar sein. Außerdem weiß ich noch, wie man seinerzeit ums Abendland fürchtete, als die Schallplattenläden von LPs (das waren pizzagroße Tonträger aus Polyvinylchlorid mit besonderen Soundeffekten) auf CDs umstellten. Dabei war das reines Entgegenkommen: CDs musste man nicht nach der Hälfte ihrer Laufzeit umdrehen, und durchs Aufnehmen entstanden keine neuen Soundeffekte.

Die Bücher im Abfall finden sich immerhin meistens im Altpapier. Und Strg + F vermiss ich bei denen schon lange. Aber ich schau trotzdem erst mal, ob Kindle-Versionen länger lesbar bleiben als die weiland Disketten, so viel zu lesen hab ich noch.

Übrigens: Wer eine wirklich echte, originale, unwidersprechlich fälschungsfreie und antiquarisch tragfähige Goethe-Erstausgabe besitzen will, soll mal nach Wilhelm Meisters theatralische Sendung suchen. Die ist nämlich erst 1911 rekonstruiert, gilt aber als eigenständiges Werk von Goethe. Hab ich gerade, ohne übertrieben angestrengt zu suchen, für 15 Euro gefunden, und zwar von 1911, keinen der lizenzfreien Nachdrucke von Aufbau und Reclam. Es ist eine Lust, im 21. Jahrhundert zu leben.

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