Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Monat: November 2018

Nicht die Sonne

Update zu Before Frühstück:

Immature poets imitate; mature poets steal; bad poets deface what they take, and good poets make it into something better, or at least something different. The good poet welds his theft into a whole of feeling which is unique, utterly different from that from which it was torn; the bad poet throws it into something which has no cohesion. A good poet will usually borrow from authors remote in time, or alien in language, or diverse in interest.

T. S. Eliot.

Lesser artists borrow, great artists steal.

Igor Stravinsky.

Talent borrows, genius steals.

Oscar Wilde.

Es scheint alles eine Frage des Standpunkts. Ganz wörtlich, auch im sehr großen Stil:

——— Franz Hohler:

Sprachlicher Rückstand

aus: Vierzig vorbei, 1988:

Immer noch
sagen wir dem
was am Morgen geschieht

die Sonne geht auf

obwohl seit Kopernikus klar ist
die Sonne bleibt stehn
und
die Welt geht unter.

——— Wayne Coyne und Steven Drozd für The Flaming Lips:

Do You Realize??

aus: Yoshimi Battles the Pink Robots, 2002:

You realize the sun doesn’t go down
it’s just an illusion caused by the world spinning around.

——— Thees Uhlmann für Tomte:

Die Schönheit der Chance

aus: Hinter all diesen Fenstern, 2003:

Das ist nicht die Sonne, die untergeht,
sondern die Erde, die sich dreht.

——— Martin Endres:

Montierte Überlegung. Eine Lektüre von Nietzsches ‘Am Gletscher’

aus: Christian Benne und Claus Zittel, Hrsg.:
Nietzsche und die Lyrik. Ein Kompendium,
Stuttgart 2017, Seite 46 bis 58,
hier: Unkorrigierte Druckfahne:

Die Analyse des Verses

[Um Mittag, wenn zuerst
Der Sommer in’s Gebirge steigt]

macht deutlich, dass die Rede an eine ego-geozentrische Perspektive gebunden ist, denn es ist ja nicht die Sonne, die steigt, sondern die Erde, die sich dreht. Doch nicht nur das: Diese Perspektive zeigt ebenso die Unhintergehbarkeit einer — pointiert gesagt — grundsätzlichen Metaphorizität und Anthropomorphizität der Sprache: Die Dechiffrierung des Verses ist keine Rückführung auf eine ‘eigentliche’ und ‘wortwörtliche’ Bedeutung, sondern endet erneut nur in einem Sprachbild: das der ‘aufgehenden’ oder ‘steigenden’ Sonne.

Und jetzt mal eine Frage: Offenbar bin ich selber anno 2011 darauf verfallen, die angeführte Formulierung von Tomte (deren Fan man nicht sein muss) beziehe sich nicht auf The Flaming Lips, sondern auf Sokrates, ohne allerdings einen nachweisenden Link beibringen zu können. Weiß jemand ein Detail über das altgriechische Weltbild, das eine solche Zuschreibung ermöglichen könnte?

Soundtrack: Tomte (hilft ja nix …), a. a. O.:

Und weil Musik ja auch ruhig Spaß machen darf, noch eine erbauliche 80er-Schnulze:
The Stranglers: Always the Sun, aus: Dreamtime, 1986:

Muss ich da dabei sein?

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——— Joseph Freiherr von Eichendorff:

Der Isegrim

1837:

Aktenstöße nachts verschlingen,
Schwatzen nach der Welt Gebrauch,
Und das große Tretrad schwingen
Wie ein Ochs, das kann ich auch.

Aber glauben, daß der Plunder
Eben nicht der Plunder wär,
Sondern ein hochwichtig Wunder,
Das gelang mir nimmermehr.

Aber andre überwitzen,
Daß ich mit dem Federkiel
Könnt den morschen Weltbau stützen,
Schien mir immer Narrenspiel.

Und so, weil ich in dem Drehen
Da steh oft wie ein Pasquill,
Läßt die Welt mich eben stehen –
Mag sie’s halten, wie sie will!

Soundtrack: Tocotronic: Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk,
aus: Digital ist besser, 1995:

Farbraum

4 Wäschekübel im Hotelkeller

Endlich möglich:
CMYK an 3D-Objekten:
Küche, Grün, Blau, Rosa.

Vroni meint: “Wolfwolfwolf. CMYK ist kein Farbraum, sondern ein Farbmodell. Und taugt höchstens für Tintenstrahl.”

“Tröste dich, ist ja bloß die Dokumentation. Das Foto ist im RGB-Farbraum.”

“Wolfwolfwolf.”

Bild: selber gemacht, können Sie aber haben,
wenn’s Ihnen nicht graust.

Soundtrack: The Rolling Stones: She’s a Rainbow,
aus: Their Satanic Majesties Request, 1967:

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