Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Monat: März 2015

Nymphenburg von hinten

Bei “Nymphenburg” denkt man ja immer automatisch ans Schloss. Selbst wenn einer in München wohnt, ist der Versailles-Aufguss so prominent, dass man gern vergisst, dass so ein bayerischer König nicht gleich einen ganzen Stadtteil bewohnt haben wird.

Maria-Ward-Straße, Nymphenburg

Im Schloss selber ist eigentlich nur die Schönheitengalerie relevant, eine Art begehbares Fotoalbum von der Stärke eines alten Analogfilms: 36 Bilder. Außenrum gibt’s verdammt viel Park, sogar ziemlich schönen, und dann noch die gar nicht mal so ärmliche Stadt, die so einen König am Leben und Laufen hält.

Maria-Ward-Straße, Nymphenburg

Durch die Schloss Nymphenburger Periphierie gibt’s keine Führungen für die Japaner; schade eigentlich. Selbst mein eigenes Leben hört sich gleich interessanter an, wenn ich erzähl, dass ich in Wirklichkeit in dem Spalt unter der Sofalehne wohn. Das Leben bietet nichts Wesentliches, was man von dort aus nicht so gut wie irgendwo anders tun könnte (wenn man Zugang zu einem Klo hat), und ich bin noch nicht mal mit Regierungsaufgaben molestiert, eher im Gegenteil.

Maria-Ward-Straße, Nymphenburg

Dafür grenzt mein Sofa nicht an den Botanischen Garten.

Maria-Ward-Straße, Nymphenburg

Self-deinstalling beta version with a lousy RAM, and the image resolution is a joke

An Robinson’s Bar steht außen weiß auf Schwarz:

Alcohol is the liquid version of Photoshop.

Das sieht man durchs Busfenster, Linien 52 und 62. Seitdem rätsle ich, warum da niemand drunterschreibt:

Only without a memory function.

Weil ich, der ich niemanden zu Straftaten wie Gewalt gegen Sachen anstiften würde, den einzigen weißen Edding der Stadt rumtrocknen hab?

Bei- und Nachträge zur Kritik der reinen und praktischen Unvernunft

Und ich hab gedacht, damit wäre im Lauf der Achtziger Schluss gewesen: dass Werbung so offensichtlich ihre Zielgruppe zum Besten haben kann. Die zynische Abwertung “Zielgruppe” wird sich wohl so schnell keiner mehr abgewöhnen, aber wurde “Reklame” nicht mit dem Wechsel in die Neunziger in “Werbung”, also etwas Altfränkisch-Deutsches, und noch fürnehmer in “Verbraucherinformationen” umbenannt? Damit wurde doch ein gewisser Respekt vor dem Melkvieh zumindest nach außen hin behauptet — so wie heute auch kein Landwirt mehr damit prahlt, wie viele Stück Vieh er hinter wie wenig Stallfenster stopfen kann; egal wie er daheim wirtschaftet, wenn die PETA nicht hinschaut.

In der Werbung kann man’s noch machen, ist ja bloß Reklame. Seit Lidl nicht mehr durch Arbeitsbedingungen wie in der Legebatterie, sondern richtig entspannte, fröhliche Angestellte auffällt, müssen sie ihre “Ich Chef, du nix”-Allüren wohl an irgendwem anders auslassen und hängen in ihre Filialen und mitten in den öffentlichen Raum Plakate, auf denen sie fragen: “Woran erkennt man gutes Brot?”, “Woran erkennt man gute Wurst?” und was eben sonst noch so weg muss. In einer Art Parodie auf Verbraucherinformationen geben sie auch gleich die Antworten in drei Unterpunkten; der vierte zählt nicht, der heißt immer: “Und an einem guten Preis.” Und was soll ich sagen: Woran man guten Kaffee erkennt? — Am guten Kaffee! Ja scheiß doch die Wand an.

Hab ich gedacht. Bevor ich nachgedacht hab.

Wenn heute aufgeklärte Kreise der, Obacht: Zielgruppe statt Kaffee lieber gleich die Tränen der kolumbianischen Plantagensklavinnen trinken würden, wenn da bloß genug Koffein drin wäre, muss man solche Wackelkonsumenten wieder daran erinnern, dass billiger eben doch besser ist, nicht andersrum. Fast schon liebhaben könnte man in seiner Abkehr von allem, was das 21. und 20 Jahrhundert ausmacht, die Verbraucherinformation für den wahren Genießer: “Woran erkennt man guten Wein?”

Jaja, klar, am “guten Preis”, wie alles andere auch, aber an erster Stelle? Soll ich’s sagen oder wollen Sie selber zum Lidl? Okay, ich bin ja gar nicht so. Die schonungslose Enthüllung lautet: “An seinen Eigenschaften”!

Ist das nicht schnulli? Ist es nicht wunder-wunderschön? Wein ist gut, wenn er im dreidimensionalen Raum eine bestimmte Zeitlang in Beziehung zu seiner Außenwelt, dem Nicht-Wein, existiert — und nix kostet. Und das von einem marktorientierten Unternehmen. Kant wäre begeistert.

Nun ist ja Kant tiefes achtzehntes Jahrhundert, dagegen sind die Gepflogenheiten der Achtziger des 20. Jahrhunderts Avantgarde. Und seit Einstein nachgewiesen hat, dass Zeit und Raum gar keine reinen Kategorien des unzulänglichen Menschengeistes sind, sondern dass es die womöglich in echt gibt, lässt sich guter oder schlechter Wein durch nichts treffender beschreiben als durch seine Quantität, Qualität, Relation und Modalität, schon wahr.

Woran würde man gutes Marzipan erkennen? — Es wäre nicht saisonal verknappt, sondern im dreidimensionalen Raum einer Lidl-Filiale Montag bis Samstag, 7 bis 20 Uhr ganzjährig da.

Mein Freund der Baum

DEM KATER SÎN BLOG: Hier spricht der Kater.

Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt. (Khalil Gibran,1883 – 1931)

Kastanie im Hinterhof wurde gefällt

Öd und leer – kein Schatten weit und breit

Ein kätzischer Nachgesang

Eigentumswohnungsversammlungen sind nie der Brüller, man ist als Eigentümer-Katzer nicht verwöhnt. Weder in München noch anderswo. Die letzte jedoch war geprägt von Miteigentümern und Baumfreunden, die ihr Gewicht locker für den Baum in die Waagschale hätten werfen können. Die aber leider … zu dem Termin fehlten.

Post-“Demokratie”, wie man es gewohnt ist.

Kastanie im Hinterhof

Einst der große Schattenspender in heißen Sommern

Und so wurde “mehrheitlich beschlossen”, dass die Kastanie gefällt wird. Mit 7 gegen 5 Stimmen. (Ich natürlich dagegen.) Ich verstehs nicht, ich kapiers nicht. Nur weil man befürchtet, dass der Baum recht hoch werden würde.

Unser Schattenspender ist tot.

Der 17jährige Moritz 2015 auf Leiter

Ein gscheider Baum muss her, diese Balkone sind doch nix!

Mir als Katze bleibt nur noch, auf irgendwelche nutzlose Leitern zu steigen. Sinnlos nach noch höheren Balkonstufen äugend. Ach, wie vergeblich!

Unsere Kastanie im Hinterhof von oben

Unsere Kastanie 2010 einst im Hinterhof von oben – ein letzter Gruß!

Unsere Hinterhof-Kastanie nachts

Unsere Hinterhof-Kastanie nachts

Glühwürmchen waren im Baum und in den Büschen.

Aber ich hör schon auf.

Moritz verlässt den Hof über den Baum

Wünsche mehr Quality Time! (Experte)

Ich verschwinde jetzt einfach über den virtuellen Baum in die anderen Höfe – machts gut!

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