Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Monat: Oktober 2019

Der Nachbar, das Zeitbömbchen

Als ich klein war, hatten wir eine Nachbarsfamilie, die mit einem sehr niedrigen Zaun direkt neben unserem Haus gebaut hatte. Sie hatten eine ältere Tochter. Und einen Sohn, der ungefähr drei Jahre jünger war als ich.

Von dem später das Gerücht ging, er wäre von einem anderen Mann. Welcher etwas seltsam gewesen sei.

Dieser Sohn schlich, als er noch klein war, altersgemäß mit seinem kleinen Kumpel um die vier Ecken seines Familienhauses mit Holzschwert oder Cowboy-Pistole. Als ich mal bei ihm auf Besuch war, malten wir zusammen Ufos und Aliens. Etwas anderes konnte man mit ihm nicht anstellen. Nicht Fangen spielen und auch keine Ballspiele. Die hatten sich in seinem Garten sowieso erledigt, weil seine Mama sämtliche Bälle, die auf ihren englischen Rasen flogen, stets mit der Gartenschere und mit rotem wutverzerrtem Gesicht kaputtzuhacken pflegte. Es waren einige von unserem Taschengeld bezahlte Bälle, die wir drei Geschwister nie mehr wiedersahen.

Er konnte sich mit Aliens, und auch sonst, richtig reinsteigern. Er malte nichts anderes.

Er sagte nie viel, hatte mal den gerade eben frisch angesäten Rasen meines Vaters in einem nicht enden wollenden Wutrausch mit seinen Stiefelhacken kaputt getreten. Und danach – oder davor?, ich erinnere mich nicht mehr – den drei Birken, die uns unsere Oma pflanzte, komplett das Laub abgerissen bis sie kompett nackt waren.

Jahre später erzählte man mir, dass dieser inzwischen große Sohn weiterhin herum schlich. Diesmal mitten im kalten Winter mit kurzen Bermudas, also nackten Beinen statt wie früher nur um die vier Ecken seines Elternhauses in den Straßen der nicht mehr ganz so kleinen Kleinstadt mit ihren inwischen zu 3.200 Einwohnern geschrumpften Seelen. Er würde immer die Hände ballen und dabei ein wutverzerrtes Gesicht machen. Und garstig dabei ausschauen, obwohl er eigentlich ein Hübscher sei.

Kaum Freunde – und die Lehre als Holzschnitzer und ein paar Jahre Arbeit bei der einzigen Möbelfabrik am Ort lange her. Seitdem sei er arbeitslos. Seine Mutter habe ihm eine Eigentumswohnung gekauft, weil es zuhause mit ihm kompliziert geworden sei. Er hätte auch seine eigene Oma, die mit im Haus lebte, mal mit dem Messer bedroht.

 

Beschreibungsimpotenzbeschimpfung

Update zum Promihaiku:

Jetzt knistert es im Gebälk; es knistert im Gebälk des Daches, das ist der schwere Schnee; es knistert nicht im Gebälk der Gesellschaft.

Peter Handke: Begrüßung des Aufsichtsrats. Prosatexte, 1980.

Na, haben wir wieder ein Schwein, so als Gesellschaft.

Wenn man sich so überlegt, wie der Nobelpreis, gerade für Literatur, durch die vielen lachhaften Fehlgriffe im Wert heruntergekommen ist, und im Augenblick nur einen — freilich beneidenswert dotierten — Meisterbrief der Gehobenen Mittelmäßigkeit darstellt….. (achselzuckend)

Arno Schmidt: Ein unerledigter Fall,
Bargfelder Ausgabe, Abteilung 2, Band 3, Seite 138, 1965.

Ja, was dann? Die Gruppe 47 müsste damit annähernd vollständig mit Nobelpreisen zugepflastert sein. Grad mal noch so halbwegs am Leben wären Walser (nicht Robert, * 1927), Ror Wolf (* 1932) und Eff Zeh Delius (* 1943), wie wär’s? Peter Bichsel (* 1935), der einem wenigstens ab und zu mal ein anerkennendes Grinsen abzuringen versteht, trauen sie sich eh wieder nicht.

Bin im Wald. Kann sein, daß ich mich verspäte.

Moderne Kommunikation

Fünf Mal nachts in kurzen Abständen geht’s Telefon. Klingelt jedes Mal lange.

Das Display zeigt jedes Mal “Anrufer unbekannt”. Gehe bei so etwas nicht ran. Dann aber doch. Damit es aufhört.

 

Ich: räusper: “Ja?!!”

Telefon bellt: “Wer isn do?”

Ich:Zuerst sagen SIE doch BITTE wer SIE sind! Hier steht ‘Anrufer unbekannt’ auf dem Display!”

Telefon nuschelt: “Grmbpfl!” – – –  dann Pause – – –  “Hom ghört, dass dem nuschel: Gmarbpfl wos passiert is! Is er do?”

Ich: “Wos soll ihm denn passiert sei?”  [Der genuschelte Gmarbpfl liegt im Bett, kriegt von all dem nichts mit und schläft.]

Telefon:  – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – !! (Festentschlossenes Schweigen)

Ich:Dann konn ich aber nix ausrichten, verstehns?”

Telefon bellt: “Richtens na aus, dasser sich sofort möldn soll!”

Ich: “Ähm …”

Telefon: Knöcks, tuut tuut tuut.

 

Finde den Fehler was fehlt.

Grüßgott, entschuldigen Sie die Störung, bitte, danke, hat mich gfreut.

 

Murr und Merlin wundern sich. Katzen muss man so etwas nicht sagen, sie sind von Natur aus höflich, zuvorkommend und rücksichtsvoll.

 

 

We’ll be watching you. Thank you.

Update zu Wo der Aufschwung angekommen ist:

Bei mir bewirkt jeder Dancefloor-Remix egal wovon das, was er soll: Er jagt mich quer über die Tanzfläche. Meistens Richtung Ausgang bis in die Bierschwemme gegenüber der Disco. Das hat sogar Stefan Raab anno 1999 mit seinem notorischen Maschen-Draht-Zaun und 2000 mit seiner Zusammenarbeit mit Gerhard Ho’ mir ma’ ‘ne Flasche Bier Schröder geschafft. Es musste 2019 werden, bis Anne Clark etwas anderes versucht:

Anne Charlotte Clark, Jahrgang 1960, firmiert als Poetin, Songwriterin, Sängerin, Pianistin und elektronische Musikerin; Greta Tintin Eleonora Ernman Thunberg, Jahrgang 2003, ist Tochter zweier immerhin Wikipedia-würdiger Künstler: Opernsängerin Malena Ernman und Schauspieler Svante Thunberg, und neigt zu Depression und Asperger-Syndrom. Da sind sie’s ja gewohnt, wenn sich wieder bloß die angesprochen fühlen, die es auch ohne Remix erwischt hätte.

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