Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Kategorie: Der Kunde, das unbekannte Wesen (Seite 1 von 3)

Scherz im März?

Cannabis frei ab 1. April

Der Kater bloggt.

Heute wird die Messe gelesen: Lesung im Bundestag über die Freigabe von Cannabis.

 

Ich habe jetzt den absoluten Beweis, dass das Rauchen auch nur einer Marihuanazigarette einen Hirnschaden anrichtet, der der Explosion einer H-Bombe auf dem Bikiniatoll gleicht. Ronald Reagan

 
Wie auch immer und was er wirklich geraucht hat: Etwas Ähnliches wuchs längst in unserem Hofgarten.

Hundertprozentig harmlos ist Cannabis jedenfalls nicht. Wie man bei Reagans Bemerkung sieht.


Kratzfuß

 

“Schön, dass Sie hergefunden haben!”

Aus aktuellem Anlass diese lustige Geschichte nochmal. Denn der öffentliche Nahverkehr hat sich immer noch nicht geändert. Er ist eher noch schlechter geworden: Man kommt jetzt garantiert nimmer am gleichen Tag heim …

Ein Beitrag zur aktuellen Diskussion “Öffentlicher Nahverkehr im ländlichen Raum” im verstörenden Lichte des Klimawandels.

 

Ein Grafikdesigner und das Zahlen mit richtigem Geld.
Du hältst deinen Platz an der Bar wie ein richtiger Held.
Die ganze Welt gegen einen, das ist nicht fair.
Die rettende Kavallerie, die kommt heut nicht mehr.

Element of Crime, 1999.

“Haben Sie gut hergefunden?” fragt mich der Kunde als Ice-Breaker, wie er es aus “Smalltalk für Manager” gelernt hat.

“Aber ja, sofort! Der einzige Taxifahrer am Bahnhof hat sich geweigert, aber hinterm Sägewerk kommt ja nicht mehr viel”, verkneife ich mir. Laut antworte ich ein klares, uneingeschränktes: “Ja”, wie ich es aus “Leitfaden für Beziehungsgespräche” gelernt habe.

In der ersten Stunde verfehle ich mein Gesprächsziel, dem Kunden von seinem angedachten Firmennamen “Wurstberaterei” abzuraten. Nach zwei weiteren Stunden, die ich nicht mehr berechnen kann, ist deshalb schon Sense; über den Rest senkt sich der Mantel der Diskretion über einige unerfreuliche Betriebsgeheimnisse. Die des Kunden.

Mein Exkunde in spe arbeitet, wo andere Urlaub machen: in einem Handy-Funkloch. Ein Telefongespräch wollte ich ihm nicht mehr aufhalsen. Die Bushaltestelle belehrt mich, dass wir uns hier in der Rufbus-Region Mangfalltal oder Leitzachtal oder Murnau-Land oder irgend sowas befinden. Das heißt, dass man den Bus persönlich anrufen muss, mit dem man fahren will.

Die für den Landkreis zuständige Gaststätte hab ich schon mal gesehen: in einer frühen Kurzgeschichte von Heinrich Böll. Am Stammtisch schweigt sich eine Runde glasäugiger Austragsbauern an, weil man so früh am Tag noch nicht schafkopfen kann und bis dahin saufen muss. Wenn sie geredet hätten, wären sie bei meinem Eintritt verstummt. Beim Hinsetzen versuche ich die Stille so wenig wie möglich zu stören. Sollte ich hier jemals lebendig wieder rauskommen, werde ich das Thema des Abends sein: “Wos wor denn des heint fir oana?” Die Bedienung mistet hinten den Kuhstall aus und kommt hoffentlich zur vollen Stunde den Bauern Bier und Birngeist nachfüllen.

Praktischerweise war es gerade kurz nach halb. Die Bedienung stutzt, hat aber in ihrer Weltläufigkeit schon mal jemanden gesehen, der ein Vorstellungsgespräch bei meinem Kunden hatte. Und sie war so ziemlich die einzige, die ihn je gesehen hat.

“A Hoibe und telefoniern?” fragt sie.

Ich nicke beeindruckt.

“Telefon is do hint”, sagt sie, hat schon mit Bierzapfen angefangen und zeigt mit dem Kinn in den Flur hinaus, wo ein handgeschnitzter und -gemalter Wegweiser “Pissoir/Scheißhäusl” grüßt.

Es gibt tatsächlich noch Telefone mit Wählscheibe. Und sie funktionieren! Die Nummer vom Rufbus klebt am Telefontischchen, seit der mit dem Vorstellungsgespräch hier eingekehrt ist. Muss doch schon länger her sein.

“???!” meldet sich der Rufbus.

“Grüß Gott”, versuche ich, “fahren Sie heut noch?”

“Freilich!!” bellt jemand (ich versuche hier eine grobe Simultanübersetzung), “wann wollen Sie denn fahren!!”

“Wär’s Ihnen recht um…” – ein Blick zu dem Bierfassdeckel mit Uhrzeigern über der Pissoir/Scheißhäusltür – “um sechse?”

“Wird schon wie gehen”, mault der andere und legt auf. Woher ich anrufe, schien ihm keine Frage zu sein, woher soll man in Funklöchern schon anrufen, gell.

Vor lauter Empathie in die Bedürfnisse eines Rufbusunternehmers habe ich dessen Zeitfenster zur Anreise spontan etwas großzügig berechnet, denn als die Bedienung ihre Fünf-Uhr-Runde macht, kassiert sie nacheinander ihre Bauern ab.

“Jaaaaaaa…”, will einer von ihnen zahnlos widersprechen.

“Nix ja, Wiggerl!” streichelt sie ihm über die Steppe seines Gelöcks, “woaßt eh, dass heint Samstag is. I wui aa no ind’Stoodt eine nachant!”

“Nacha brauch ma nimma hockableim bis aufs Kartn?”

Offenbar ist das eine Gehirnregion, die bei Wiggerl noch anspricht. “Nein neinzge kriagidi na von dir”, nutzt die Bedienung seinen lichten Moment aus. Nachdem er quälende Minuten lang in seinem Ledergeldbeutel herumgekratscht hat, lässt er’s auf zehn Euro aufgehen. Zu mir kommt sie zuletzt. Auch bei mir kommt sie auf neun Euro neunzig, das ortsübliche Trinkgeldgebaren habe ich schon verinnerlicht.

Das gibt mir eine Stunde Zeit, mich ohne Verzehrzwang dort umzutun, wo andere Urlaub machen. Ganz hinten auf der Wiese gegenüber dem Gasthaus, schon fast im dichten Tann, scheißt eine alleinstehende Kuh einen neuen Fladen für ihre Sammlung. Damit sind die Freizeitmöglichkeiten erschöpft. So wie ich.

Fast pünktlich höre ich an der Rufbushaltestelle ein fernes Röcheln. Ein gut erhaltener VW-Bus keucht um den Hügel. Gerade als die Bedienung geschminkt und aufgedirndlt aus der Gasthaustür stöckelt, ohne ihren fremden Gast (mich) noch einmal zu grüßen, die Haustür mit einem gusseisernen Schlüssel zusperrt, in einen rostigen Ascona steigt und davonröhrt, hält der VW-Bus vor meinen Schuhkappen.

“Was ist jetzt?” kläfft der Fahrer duch die geöffnete Tür, ich steige ein. “Zum Bahnhof”, sage ich. “Bitte.”

“Ja, eh.”

Das Dorf, das hinter den schlammverspritzten Scheiben vorbeizuckelt, hat es schon lange nicht mehr nötig, sich an “Unser Dorf hat Zukunft” zu beteiligen. Eine Kirche mit Zwiebelturm, modernisierte Bauernhöfe, zu Eigenheimen ausgebaute Bauernhöfe, stillgelegte Bauernhöfe, der maßgebliche Arbeitgeber: das Sägewerk. Die Volkshochschule versucht seit Jahren, Bert Hellinger für einen Vortrag zu gewinnen, doch nicht einmal er nutzt die Chance für eine Familienaufstellung. Zum ersten Mal verstehe ich ihn, denn wir hatten einen Grund, die Agentur innerhalb einer Postleitzahl zu eröffnen, die mit 80 anfängt.

Dahinter Wiesen, dahinter Wald. Da, wo andere Urlaub machen, weil hier noch keine Stadt und keine Alpen mehr sind. Die Züge fahren hoffentlich bis nach 20 Uhr – die in Richtung München. Der Fahrer versieht seinen Job nur unter Protest und erkennt deshalb keine Not, Fahrgeld von mir zu verlangen. Auf einer Lichtung, aber ich kann mich täuschen in der Dämmerung, äst ein Hase. Wäre nicht das Geweih, ich hätte geschworen, er hat Reißzähne.

Soundtrack: Element of Crime: Kavallerie, aus: Psycho, 1999.

Voraussehbares Nirvana

NIRVANA Cover-Spoof von Pål Nordseth  CC BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0)

 

Es gibt fast nichts Sichereres, wenn man von jemandem nichts mehr hören möchte:

Man muss in Zeiten von WhatsApp und Twitter nur darum bitten, zwei, drei Fragen per E-Mail zu beantworten.

 

E-Mail heißt nachdenken und längere schlüssige Sätze tippen.

Auf diese Mail wird man ewig warten.

 

Fort sind sie. Ins Nirvana abgetaucht.

Funktioniert erstaunlich oft. Läuft.

 

Beiträge zur Arbeitsmoral (Ich begreif nicht, was Ihr habt)

Nämlich zur Arbeitsmoral von Auftraggebern.

——— Robert Gernhardt:

Der Abt von San Marco an Raffael

aus: Schreiben, die bleiben. Höhepunkte abendländischer Briefkultur,
in: Wörtersee. IV: Spaßmacher und Ernstmacher, 1981:

Verehrter Meister Raffael,
wir brauchen die Madonna, schnell!
Seit Monaten ist sie bezahlt,
bis heute hab’n Sie nichts gemalt.

PS Avanti!

Raffael an den Abt von San Marco

Hochverehrter Vater Abt,
ich begreif nicht, was Ihr habt.
Das Bild kommt mit dem Glockenschlag
um zwölf Uhr am Madonnastag.

PS Schickt Chianti!

Wie schön für den Signor Raffaello Sanzio da Urbino, dass er sich solche Antworten leisten konnte; es wird ja nicht jeder knapp drei Jahrhunderte nach seinem eigenen Ableben von Ludwig Tieck und seinem Kumpel Wackenroder in den Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders so hymnisch verewigt, bloß weil er seinen Hintergrund von Wolken auf Engelsköpfe uminterpretiert hat.

Allein den letzteren Schachzug kann heute einer, der nichts als Künstlertum studiert hat, kaum mehr in ausreichend verwölkendes BWL-Deutsch übersetzen, damit’s auch ein Auftraggeber versteht. Dass jeden Tag Mdonnastag sei, versteht er wahrscheinlich schon nicht mehr. Schon 1928 konnte ein immerhin Tucholsky nur noch listenförmig um Ruhe bitten.

Einen Versuch ist es wert: Schickt Chianti!

Soundtrack: Electra: Die Sixtinische Madonna, aus: Die Sixtinische Madonna, Amiga 1980:

GFM-Gruppe oder gfm Geschäftsführer – Bonn München Hamburg

Wer als Werbeagentur oder Designagentur oder freier Grafikdesigner aus Bonn München oder Hamburg – also bundesweit – diese oder letzte Woche im heurigen August Anfragen für konkrete Angebote und entsprechende Dienstleistungen bekommen hat oder soeben bekommt von einem Geschäftsführer von Ledexchange und einer gewissen GFM-Gruppe für: Komplettpakete Logo, Flyer, Webauftritt / Webdesign, und dem erzählt wurde, ein Finanzinvestor hätte ihn als Geschäftsführer vor die Tür gesetzt und sein Lebenswerk zerrupft, der möchte sich bitte bei mir über E-Mail oder Telefon melden (Daten hier in  “Über …” oben in der Navigation). Stichwort Verfügungsverbot und § (Paragraph) 133 der Insolvenzordnung.

 

 

Das Haustier und das Nutztier und die schöne regionale Welt

Unser Umgang mit Tieren

Hier spricht mal wieder der Kater.
DEM KATER SÎN BLOG: Hier spricht der Kater. 17 und forever young.

Wenn der moderne Mensch die Tiere, deren er sich als Nahrung bedient, selbst töten müsste, würde die Anzahl der Pflanzenesser ins Ungemessene steigen. (Christian Morgenstern)

Weh dem Menschen, wenn nur ein einziges Tier im Weltgericht sitzt. (Christian Morgenstern)

Die Tiere empfinden wie der Mensch Freude und Schmerz, Glück und Unglück. (Charles Darwin)

 

Moritz am Ende ihrer Tage

My sun sets to rise again. (Moritz,17, † 17. Mai 2015)

Es geht um Anzeigen gegen Schlachthöfe, die CO2-Gruben, abgebrühte Schweine im Todeskampf und den juristischen Kampf gegen uneinsichtige Betreiber und lahme Kommunen.

Der Staat gibt sich – fast wie immer  – hilflos.

Ich wiederhole der Einfachheit halber den Link dort unten zum Spenden:

Mit Ihrer Hilfe schalten wir für die Tiere die Justiz ein.

 

Man kann viel gegen PETA e. V. haben, aber hier spenden ist eine wirklich gute Sache!

Falls Interesse an Infos aus der unabhängigen, investigativen Presse besteht, der Schlachthof Landshut lässt es grade „tierisch“ krachen. Die SZ berichtet am 27. Juli 2016:

http://www.sueddeutsche.de/bayern/verbraucherschutz-tierquaelerei-und-ungeziefer-auf-niederbayerischem-schlachthof-1.3097244

CO2-Begasung die nachgewiesen qualvoll ist (siehe auch Bundesfleischforschungsanstalt Kulmbach), Ü-Stunden bis oder über 10 Stunden/d der überlasteten Arbeiter (Akkord, nehme ich mal an), die den Tötungstich den nicht mehr sauber setzen und die Tiere im Brühgang erst qualvoll verecken.

Einfach nur kein Fleisch mehr essen reicht nicht, wenn sich was für die Tiere und wenn sich unser Umgang mit Tieren verändern soll.

Der Fleischkonsum in Deutschland sinkt stetig. Aber díe Fleischerzeugung steigt widersinnigerweise dennoch. Die Fleischerzeuger machen dann eben schwer auf massiven (Billig?-)Export. Und zerstören dann eben die heimischen Infrastrukturen eben dieser anderen Länder.

Am Ende auch noch EU-subventioniert ist anzunehmen. Aber auf den Webseiten der einschlägigen “Erzeugergemeinschaften” ein Werbe-Gesülze an Texten, dass man pfeilgrad fast glauben könnte, den Tieren und der heiligen regionalen Erzeugung würde ante und post Mortem ein rosarotes Himmelreich errichtet. Dass sogar ein Werber im Gesicht rot wird. Ob diese ungesunde Gesichtsfarbe von Scham oder vor Wut kommt, ist auch schon egal.

 

Gruß

der Kater

Bibliothek deutscher Knauserer

Als Kathrin Passig, die grande vieille dame des Webloggens (ich darf das sagen, ich bin der Ältere) noch cool war, was nach ihrem Bachmannpreis nachgelassen hat und sich deshalb auf 2006 festlegen lässt, konnte sie außer Entbehrlichem wie One-Rope-Bondage, Fußfetischismus oder dem Beschriften von Backup-CDs immerhin auch Bücher als Geldanlage empfehlen.

Gut, das war 2001, da wurden Gegenstände und Dienstleistungen sowieso noch gegen Geld gehandelt. Seit das meiste Geld dem Umlauf entzogen wurde, ist mit Büchern das passiert, was Frau Passig 2001 dem Elektroschrott bescheinigt hat: Da muss man sogar die — selbstverständlich ehrenamtlich ihre Tagesfreizeit hinbringenden — Hausfrauen bei Oxfam anbetteln, dass sie einem das ganze Altpapier als “Bücherspende” abnehmen.

Seit 1985, als das Ding erschienen ist, spare ich auf die erste und einzige vollständige — und vor allem: anständig kommentierte — Ausgabe Phantasus von Ludwig Tieck. Vor 31 Jahren hat dieser sechste von zwölf Einzelbänden der Gesamtausgabe 198 D-Mark gekostet, seit dem Zusammenbruch der europäischen Währungen 2002 kostet er 102 Euro; man kann also gar nicht sagen, dass er in über einer Generation wesentlich teurer geworden wäre. Leider ist die Leinenausgabe in einen durchsichtigen, dennoch hässlichen Plastikeinband gewandet, was dem geschätzten Erdölaufwand einer Fahrt mit einem VW durch die Euro-Zone entspricht, und dann am Ende noch bei dem verführerisch naheliegenden Amazon.de, also überhaupt nicht zu verantworten ist.

Es muss deshalb heutzutage die streichelweiche Lederausgabe sein, für 164 Euro. Dafür kriegen Sie den in literaturwissenschaftlicher Pionierarbeit erschlossenen zuverlässigen, maßgeblichen Text, “nach Erstdrucken ediert, die wichtigen Abweichungen von den Handschriften und der von Tieck selbst veranstalteten Gesamtausgabe werden im Kommentar ausgewiesen. Erstmals werden die Texte durch grundlegende Kommentare erschlossen”, auf über 1500 Seiten alleredelsten, bei Schoeller & Hoesch eigens für die Bibliothek entwickelten alterungsbeständigen Dünndruckpapiers, in rotes Leder gebunden (man korrigiere mich, aber es müsste Schaf sein) und im vertrauenerweckend stabilen Schuber, und bei der einzuschätzenden Drehzahl sollte es mich nicht wundern, wenn Sie bis heute bei Verlagsbestellung aus der Erstauflage bedient werden. In dieser Art ist jeder Band der Bibliothek Deutscher Klassiker: leider. Jeden. Cent. Wert.

Die 164 sind der Neupreis. Sollte ich Sie also gerade zu einer mittelgroßen Geldanlage animieren, dann möglichst nicht ausgerechnet bei Amazon.de: Wenn Sie das Ding ohne Aufpreis und diskutierwürdigen Premium-Status auf den nächsten Tag in einem kuschligen Buchlädchen bestellen, kriegen Sie wahlweise vom Inhaber oder der hübschesten Azubine auf den Mund geschmatzt oder wenigstens die Tür aufgehalten. Was die 164 vormals in D-Mark waren, hat mich anno 1985 gar nicht groß interessiert: Damals wäre ich mir sogar vermessen dabei vorgekommen, die Bierdosen mit 0,33 statt der im im Literpreis effizienteren 0,5 Liter wegzulitern.

Gebraucht gibt’s die Lederausgabe schon mal um 95 Euro, die im Laufe des Klimawandels indiskutabel gewordene Leinenausgabe für 65. Für einen 47-Jährigen wie einen ehemals 17-Jährigen immer noch ein Haufen Holz für 1500 Seiten angehendes Altpapier, das ich bei meinem Lebenswandel vielleicht noch 20 bis 30 Jahre ausnutzen kann, wofern weder meine Sehkraft noch mein Auffassungsvermögen wesentlich nachlässt, und auf das meine mir persönlich bekannten Erben garantiert keinen Wert legen werden.

PS: Der Diels/Kranz ist genauso theoretisch erhältlich: alle drei Bände, zweisprachig, in halbwegs ordentlichem Zustand bei Amazon.de ab 182 Euro, bei anständigen Leuten für 200 aufwärts. Noch theoretischer gibt’s Die Gelehrtenrepublik von Klopstock: als abkopierten Nachdruck eines nicht näher ausgewiesenen Fraktur-Schinkens von einer amerikanischen Klitsche, die einen für ihr bisschen Bindearbeit ganz schön aufkommen lässt, und für den man sich lieber selber ein Stündchen an den Münzkopierer der Unibibliothek stellt und den Stapel dann zum Copyshop trägt. Mitnichten erhältlich sind Der Geheimnisvolle von E.T.A. Hoffmann, Isle of the Cross von Herman Melville, Das Kind und die Stadt von Franz Kafka und Clemens von Thomas Mann, wofür aber kein heutiger Verlag etwas kann. Das Trauerspiel dabei ist ja: Wenn einem nach hundert Jahren endlich doch noch die Abflussrohre unter dem Kellerboden wegrosten, müssen auch auf einmal ein paar Tausend für nix da sein.

So hätte das bestimmt Kathrin Passig als Studentin gehalten, als sie noch Bücher gekauft hat, statt ihnen als überzähliges Material, das sich gerade noch bedingt zur Wanddämmung eignet, zugunsten unkopierbarer Textdateien, die auf einem Fernsprechapparat gespeichert werden, Hausverbot zu erteilen. Und ich hätte Dosenbier gekauft — hab ich wahrscheinlich sogar, meine Erinnerung an diese Zeit verschwimmt vor allem in den Teilen, welche die Wochenenden anbelangen. Aber damals war sogar ich noch cool.

PPS: Gibt es eigentlich Buchhändlerwitze? “Ein Grossist heißt nicht Großist, weil er groß ist” oder so?

Bei- und Nachträge zur Kritik der reinen und praktischen Unvernunft

Und ich hab gedacht, damit wäre im Lauf der Achtziger Schluss gewesen: dass Werbung so offensichtlich ihre Zielgruppe zum Besten haben kann. Die zynische Abwertung “Zielgruppe” wird sich wohl so schnell keiner mehr abgewöhnen, aber wurde “Reklame” nicht mit dem Wechsel in die Neunziger in “Werbung”, also etwas Altfränkisch-Deutsches, und noch fürnehmer in “Verbraucherinformationen” umbenannt? Damit wurde doch ein gewisser Respekt vor dem Melkvieh zumindest nach außen hin behauptet — so wie heute auch kein Landwirt mehr damit prahlt, wie viele Stück Vieh er hinter wie wenig Stallfenster stopfen kann; egal wie er daheim wirtschaftet, wenn die PETA nicht hinschaut.

In der Werbung kann man’s noch machen, ist ja bloß Reklame. Seit Lidl nicht mehr durch Arbeitsbedingungen wie in der Legebatterie, sondern richtig entspannte, fröhliche Angestellte auffällt, müssen sie ihre “Ich Chef, du nix”-Allüren wohl an irgendwem anders auslassen und hängen in ihre Filialen und mitten in den öffentlichen Raum Plakate, auf denen sie fragen: “Woran erkennt man gutes Brot?”, “Woran erkennt man gute Wurst?” und was eben sonst noch so weg muss. In einer Art Parodie auf Verbraucherinformationen geben sie auch gleich die Antworten in drei Unterpunkten; der vierte zählt nicht, der heißt immer: “Und an einem guten Preis.” Und was soll ich sagen: Woran man guten Kaffee erkennt? — Am guten Kaffee! Ja scheiß doch die Wand an.

Hab ich gedacht. Bevor ich nachgedacht hab.

Wenn heute aufgeklärte Kreise der, Obacht: Zielgruppe statt Kaffee lieber gleich die Tränen der kolumbianischen Plantagensklavinnen trinken würden, wenn da bloß genug Koffein drin wäre, muss man solche Wackelkonsumenten wieder daran erinnern, dass billiger eben doch besser ist, nicht andersrum. Fast schon liebhaben könnte man in seiner Abkehr von allem, was das 21. und 20 Jahrhundert ausmacht, die Verbraucherinformation für den wahren Genießer: “Woran erkennt man guten Wein?”

Jaja, klar, am “guten Preis”, wie alles andere auch, aber an erster Stelle? Soll ich’s sagen oder wollen Sie selber zum Lidl? Okay, ich bin ja gar nicht so. Die schonungslose Enthüllung lautet: “An seinen Eigenschaften”!

Ist das nicht schnulli? Ist es nicht wunder-wunderschön? Wein ist gut, wenn er im dreidimensionalen Raum eine bestimmte Zeitlang in Beziehung zu seiner Außenwelt, dem Nicht-Wein, existiert — und nix kostet. Und das von einem marktorientierten Unternehmen. Kant wäre begeistert.

Nun ist ja Kant tiefes achtzehntes Jahrhundert, dagegen sind die Gepflogenheiten der Achtziger des 20. Jahrhunderts Avantgarde. Und seit Einstein nachgewiesen hat, dass Zeit und Raum gar keine reinen Kategorien des unzulänglichen Menschengeistes sind, sondern dass es die womöglich in echt gibt, lässt sich guter oder schlechter Wein durch nichts treffender beschreiben als durch seine Quantität, Qualität, Relation und Modalität, schon wahr.

Woran würde man gutes Marzipan erkennen? — Es wäre nicht saisonal verknappt, sondern im dreidimensionalen Raum einer Lidl-Filiale Montag bis Samstag, 7 bis 20 Uhr ganzjährig da.

Du musst kein Schwein sein,
auch wenn der SPIEGEL das sagt.

DEM KATER SÎN BLOG: Hier spricht der Kater.

Trust and belief are two prime considerations. You must not allow yourself to be opinionated.

Only the gentle are ever really strong.

James Dean

Man kommt schon ohne Betrug oder ohne andere zu nerven in der Welt zu etwas. Einfach nur mal ausprobieren! Es tut gar nicht weh.

Ein tendenziöser Artikel auf SPIEGEL Online diese Woche zeigte mir, wie wichtig doch auch seine Kommentaristen sind.

Zeigte der SPIEGEL-Artikel “dank” eines “Whistleblower”-Verkäufers reißerisch auf, wie stark auf Einkäufer- und Verkäuferseite erfolgreich, da höchst-kreativ, getrickst und betrogen werde – bis hin zum dreisten Doppelfake, der Fake-Ausstellung angeblich gefakter China-Produkte, um Preise des starken Lieferanten stark zu drücken.

Rührte sich darauf ein Kommentarist, was das vom Autor und dem Interviewten soll. Und ob man auch bedacht hat, dass solches als gängige Geschäftspraktik gepriesene ruppige und bis ins illegale betrügerische Geschäftsverhalten nicht von Dauer ist. Beständige und vertrauensvolle Kunden-Lieferantenbeziehungen könnte so jedenfalls nicht entstehen und er selber hätte geschäftlich nur positive Erfahrungen mit nachhaltigerem Umgang.

Was soll ich sagen: ich auch.

Danke an diesen Kommentaristen. Ich mag es, wenn Kommentaristen geistig heller sind als derlei trübe Artikelschreiber. Und wünsche mir ebenfalls keine entfesselte Zockerbande als einkaufende Kundschaft, sondern vernünftige bodenständige Menschen und handle selbst ebenso.

Mit Schwein sein, kann man gern schnell reich werden wollen. Aber dann gehen Sie bitte woandershin. Ausgang nächste Tür rechts. Aber gerne! Nichts zu danken.

Hängebauchschwein mit blauen Augen, sich ausruhend

Dieses Hängebauchschwein, das sich gerade ausruht, bedankt sich auch. Diese Augen! blau und sehr menschlich. Der Vergleich solcher Menschen mit einem Schwein ist aber eigentlich eine Beleidigung. Für das Schwein.

 

 

 

Meistens ist offen.

Türschild Geschäftszeit Antiquariat Hauser, Schellingstraße 17, München

Die Stunden verrannen unmerklich, und noch immer schritt ich mit hungrigen Augen prüfend von Regal zu Regal, als ich in einer Ecke einige grosse, eben erst geöffnete Kisten erblickte und bei ihnen den Buchhändler, wie er sorghsam Band um Band heraushob, aus der Papierhülle befreite, aufmerksam die für seine Kataloge erforderlichen Angaben notierte und nach kurzerm von jahrelanger Übung zeugender Überlegung, rasch und sicher neben jedes Buch seiner Liste den Preis setzte. Ich trat hinzu und fragte nach Herkunft und Inhalt der Sendung; worauf er mir, mich mit den alten klugen Augen ansehend, vertraulich und wie einem Eingeweihten seine Auskunft erteilte. Die Bücher kamen aus Upsala und enthielten in bunter Reihenfolge Werke von Holberg und Sars, seltene Nachdrucke älterer deutscher Dichter wie Fouqué und Wieland und ganze Reihen von Öhlenschläger Ausgaben und Übersetzungen. Ich griff nach dem nächsten Stapel und sah eine Ausgabe der Werke von E.T.A. Hoffmann in 10 Bänden, Berlin, 1827–28 in entzückenden grünen Einbändenmit goldenem Rückenschildchen; ich hatte zufällig den Band herausgegriffen der die “Prinzessin Brambilla” enthielt mit ihren Kupfern nach Jacques Callot, den phantasstischen Masken und ihren seltsamen Tänzen, und dachte der Stunden, da ich zuerst bei sommerlichem Lampenschein die Erzählungen des Kammergerichtsrates las und in ihm den großen Zauberer und Dichter verehren lernte.

Arno Schmidt: Die Insel, 1937, Einleitung,
in: Bargfelder Kassette 1, Juvenilia.

Telefon-Networking

Das verdammte Telefon: Füddeldi, üddeldi, üddeldi? Füddeldi, üddeldi, üddeldi? Füddeldi, üddeldi, üddeldi?

Ich: Gutewortecopiesclaimsundliebesliederwerbetextmünchenmeinnameistwolfgräbelwaskannichfürsietun?

Mausestimmchen: Hallo?

Ich: Hallo?

Mausestimmchen: Hallo, ich weiß nich, bin ich da jetz richtich bei Whholf Gcheeebl?

Ich: Jaja, sag ich doch.

Mausestimmchen: Dann hallo. Mein Name is Annika-Maria Elfenhaarpinsel [Klarname d. Red. bekannt, aber entf., d. Red.], und ich wollte gern fragen, ob ich in Ihrm Hause ein Praktikum anreten könnte.

Ich: Ein was??

Mausestimmchen: Ein Praktikum. Bitte.

Ich: Ja um Gottes willn, Mauserl, was kennst denn du scho für Wörter? Wie, ähmnaja, wie “alt” bist denn du?

Mausestimmchen: Zehnte Klasse schon.

Ich: Zehnte schon! A so a Große!

Mausestimmchen: Ja, ich weiß, ich bin etwas spät. Die letzten Jahre hatte ich mich eher in der pharmazeutischen und Pflegebranche orientiert.

Ich: Wolltst Krankenschwester wern, gell?

Mausestimmchen: Eher Richtung Altenpflege. Da erkenn ich viel mehr Chancen auf einem Wachstumsmarkt.

Ich: Hat dir des dei Lehrerin gsagt?

Mausestimmchen: Stand in der Financial Times.

Ich: Gibts die no af Deitsch?

Mausestimmchen: Hatten wir letztes Schuljahr in Englisch als Pflichtlektüre.

Ich: Respekt. Und heuer steht gwiss was anders drin?

Mausestimmchen: Ich möchte gerne Qualifilationen draufsatteln, um flexibel für den Markt zu bleiben.

Ich: A so. Hats dir recht graust vorm Nachttöpfausleern?

Mausestimmchen: Eher vor den zwölfstündigen Schichten. Das kollidiert oft mit den Schulstunden.

Ich: Vor allm wenns ein’ in der Früh wieder net pünktlich zum Feierabend nauslassn, gell.

Mausestimmchen: Ja, genau. Da kommen häufig die Hobbies zu kurz.

Ich: Was machstn da gern in deiner, ähmnaja, in deiner “Freizeit”?

Mausestimmchen: Ich kann sehr gut zeichnen.

Ich: A geh. Was malstn da immer?

Mausestimmchen: Hauptsächlich Character Design, manchmal auch gleich mit Storyboarding.

Ich: Die Diddl-Maus kannst, stimmts?

Mausestimmchen: Ja, die. Ich kann aber auch Pferde.

Ich: Jedenfalls die Köpf, wetten? Wird halt gar net viel verlangt …

Mausestimmchen: Bereits während des Kindergartens habe ich mir …

Ich: Passt scho, Mauserl, entspann dich. Brauchst dich net so bewerben, i bring di eh net unter.

Mausestimmchen: Auf Ihrer Website stand aber …

Ich: Und außerdem wars die oberste, gell. A Papp steht da. Sagt dir Panda-Update was? Und was des heißt, wenn des Wort “nicht” oder “kein” wo davorsteht?

Mausestimmchen: Zwei oder drei Monate würden schon genügen.

Ich: Und zahln kann i dir auch nix, dich krieg i ja net amal als Zulieferer verrechnet.

Mausestimmchen: Sie würden mir für mein Praktikum etwas bezahlen?

Ich: War des net so üblich?

Mausestimmchen: Keine Ahnung, was zu Ihrer Zeit üblich war …

Ich: Mauserl, i wüsst noch net amal, wo i dich hinsetz. Aufs Sofa oder was? Oder auf an leern Bierkasten?

Mausestimmchen: Das wäre kein Problem.

Ich: Schreibtisch brauchst ja auch. Zwei leere Bierkästen vielleicht?

Mausestimmchen: Ich sagte ja bereits, das wäre kein Problem. Wir können das gerne übers Home-Office abwickeln.

Ich: Mauserl, bei uns im Haus macht schon einer die Grafik, und des is mei Frau.

Mausestimmchen: Ich weiß, ich hab Sie beide gegoogelt.

Ich: Und bewirbst di immer noch? Tapfers Mauserl.

Mausestimmchen: Ist ja nur für das Praktikum. Ihr Auftrag an mich sollte ja schon klar sein.

Ich: Heißt des, du mailst mir heut im am Viertljahr an Scan von am Pferdeschädl?

Mausestimmchen: Und Sie stellen mir dafür das Zeugnis aus.

Ich: Also recht. Dei Telefonnummer seh i aufm Display, falls i inzwischn doch lieber a Diddl-Maus brauch. Und du überweist mir dann an Zwanzger oder irgendwas fürs Praktikum. A recht a Goldige bist ja und a ganz schlaus Madl, da kriegst a super Zeugnis. IBAN steht dann am Briefbogn drobm.

Mausestimmchen: Es hat mich gefreut, mit Ihnen Geschäfte zu machen. Sie hören dann von mir. Danke und schönen Tag noch!

(Rascheldiklock.)

Das verdammte Telefon: Füddeldi, üddeldi, üddeldi? Füddeldi, üddeldi, üddeldi? Füddeldi, üddeldi, üddeldi?

Ich: Gutewortecopiesclaimsundliebesliederwerbetextmünchenmeinnameistwolfgräbelwaskannichfürsietun?

Frettchenstimme: Guntach, binch bei Ihn’ richtich?

ich: Kommt drauf an. Wos hinwolln.

Frettchenstimme: Wir hätten da einen Auftrach zu vergeben. Ein komplettes CI. Sind allerdings noch in der Orientierungsphase …

Ich: Ja, des hört ma heut öfter …

Frettchenstimme: Sehnse. Müssense sich allerdings bisschn anstreng’ auch für den Auftrach, wie gesacht …

Ich: Gibts a Budget?

Frettchenstimme: Wie gesacht, sind wir noch in einer Orientierungsphase, würden Sie und Ihre Arbeit aber gern kenn’lern’. Dazu wäre es wie gesacht wichtich, wenn Sie zeitnah mal bei uns erschein’ könnten. Ihre Erfahrungen, Ihre Kenntnisse, Ihre Fähigkeiten, diese Dinge, wie gesacht.

Ich: Auf meim Internet warns net?

Frettchenstimme: Sicher, wie gesacht!

Ich: Und? Referenzen? Nix?

Frettchenstimme: Wer hat heut schon diese Zeit, alle Seiten anzuschaun, nichwah, und wie gesacht alles in dieser Smartphonegröße. Also wann könnse vorbeischaun?

Ich: Die Branche wissns aber scho?

Frettchenstimme: Pharmalösung’.

Ich: Tabletten und Verbandszeuch und so? Oder mehr Austattung für Krankenhäuser? Sankas, Nachttöpf, so Sachen?

Frettchenstimme: Nee, wie gesacht: Lösung’. IT.

Ich: Also kei Geld, kei Produkt, kei Gschäft, seh i des richtig so?

Frettchenstimme: Hahaha!

Ich: Des war kei Scherz …

Frettchenstimme: Naja, wie gesacht: Sie sind der Künstler, nichwah!

Ich: Komplettes CI, sagn Sie? Also außer Text scho aa Grafik?

Frettchenstimme: Wie gesacht.

Ich: Geht des aa vom Home-Office aus?

Frettchenstimme: Wenn wir uns darauf einigen, wie gesacht …

Ich: Wartns gschwind, da hab i Ihnen a Nummer.

Kommt ein Germanist in den Musikladen.

“Grüß Gott.”

“Grüß Gott?”

“Banjosaiten bitte.”

“Vier- oder Five-string?”

“Four- oder Five-string!”

“Ja, genau: vier oder fünf?”

“Genau genommen viereinhalb.”

“Müssen’s fei aufpassen: Gitarrenbanjo hätt sechs.”

“Dann is es doch ka Banjo mehr.”

“Gitarrenbanjo.”

“Und die mit weniger?”

“Banjo halt. Vier- oder Five-string. Je nachdem.”

“Gitarrensaiten bräucht ich vielleicht auch.”

“Stahl oder Nylon?”

“Naa, passt scho. Einfach welche fürs Banjo.”

Was wolln’S’n drauf spieln?”

“Bei mir is wurscht, was i spiel. Des wird eh immer Wolfgang Ambros.”

“Und da immer Mir geht es wie dem Jesus, stimmt’s?”

“Ja, des.”

“Ja, des is a bekanntes Problem. Streichinstrumente ham immer vier. Ham’S scho mal an a Streichinstrument dacht?”

“Ja, immer wenn mei Radio auf Bayern Klassik wegschwimmt.”

“Bei Ihrer Größ geht Kontrabass. Da sin die Saiten immer Schafsdarm.”

“Gibt’s die dann aa in Lamm oder Hammel?”

“Dreiviertel oder Vierviertel?”

“Krieg i etz meine Banjosaiten?”

“Five-string. Siem neununeunzich.”

“Danke.”

~~~\~~~~~~~/~~~

“Und, Wölfling? Hast kriegt, wast wolln hast?”

“Keine Ahnung. Kann aber sein.”

“Meiomei, bis ma von dir a Antwort kriegt.”

Soundtrack: Dueling Banjos aus Deliverance
(dt.: Beim Sterben ist jeder der Erste), 1972, was sonst.

Grüß Gott, ich bin das Internet und hätt da mal eine Frage.

Du musst nur die Laufrichtung ändern, sagte die Katze zur Maus und fraß sie. (Franz Kafka)

 

Aber gern.

Internet:
Welche Angebote/Leistungen
möchten Sie denn im Internet gerne besser verkaufen/anbieten?

Ich:
Keine.

Internet:
Wie jetzt.

Internet-Kunden sind untreue Jäger, die Jagd am iPad ruft.

Moritz, der Mausejäger, schaut misstrauisch

Sie wollen eiligst nur eine einzige Sache: Mäuse. Mäuse verdienen, oder Mäuse sparen. Obwohl die hektische Jagd sich oft in Luft auflöst. Weil die Hälfte der Räuber dazu neigt, mitten in der Jagd zu vergessen, was sie eigentlich wollten und es sich am Schluss mit dem Bezahlen richtig gemütlich machen.

Ihre E-Mails, in denen sie vorher ihre Anfragen fehlerhaft reinwischen (an die sich sich nur 1 Tag später kaum erinnern, katzoide General-Amnesie), um sich was zu krallen, sind kryptisch und von einem Analphabeten geschrieben. Unterzeichnet mit dem 80er-Jahre-Schnörkel ‘mfg’. Auf dem iPhone immerhin, gewischt und nicht getippt. Soviel Angeberei muss sein.

Du Internet, bist eine Katze im Morgenmantel vor dem Rechner. And cats are queer articles.

Internet:
das ist super ferruckt LOL hahaha
mfg.
send from my i-phone

Ich:
Typisch.

 

Vorsicht Auftrag! Das QUALITÄTS-Internet.

Die enorme Steigerung der Qualität der Anfragen
seit es dieses ähm Internetz gibt.

 

Anfragen, die ich im Stundentakt so bekommen habe:

Kreativer Design-Auftraggeber:

„… habe ich schon ein Bild im Kopf, wie das Logo aussehen könnte! Und zwar ein nach unten geöffneter Magnet wie das A von Axxxxx und Attraktivität und ein B wie Bxxxxx wie ein um 90° gedrehtes Herz.“

Im Grafikerhirn ein gordischer Knoten am Entstehen ist.

 

Smart II

„… bewundere ich Ihr Lebenswerk, d.h. die Agentur und ihr ganz nebenbei liebevoll gepflegtes, originelles Logbuch!“

Ich will Ihnen gleich eine nutzlose Sache aufschwatzen!

 

„… biete Ihnen emotionale, inspirierende Texte an. Dafür machen Sie uns das Logo zu dem Portal kostenlos.“

Liefere Ihnen hohles Geschwalle.

Wenn dafür dieses irrwitzige Hunde-gegen-Torten-Portal, das keinerlei Monetarisierungsansatz aufweist, nicht fliegt, welches ich als Projektarbeit von meinem Professor aufgebrummt bekommen hab, sind Sie mit Ihrem Logo schuld.

 

Smart III

„Auch wenn es nur eine technische Umsetzung ist, will ich auf gar keinen Fall dafür Design-Nutzungsrechte zahlen. Löschen Sie speziell für diesen Auftrag die Nutzungsrechtsbestimmungen in Ihren AGB!“

Übers.: Ich habe die Anwartschaft auf Kunde aus der Hölle und du kannst gar nix dagegen machen!

[Anm. d. S.: Für rein technische Umsetzungen sind eh keine Nutzungsrechte zu vergüten. Wozu dann umständlich in den AGB die Nutzungsrechtsabsätze entfernen, wenn sie ersichtlich eh nicht greifen.]

 

Klever aber nicht klever genug IV

„Lassen Sie uns kooperieren/Synergien nutzen.“

Sie Print-Grafikerwurm, von dem wir Supertekkies annehmen, dass Sie sowieso kein gescheites Webdesign können, leiten an unsere IT-/Internet-Solutions-Com-Sys-Firma Ihre nichtsahnenden Auftraggeber weiter. Wir gedenken aber unsererseits nicht, Ihnen eine Gegenleistung anzubieten.

Reloaded: Du sollst etwas für uns tun. Aber wir tun sicher nichts für dich.

Ohne dieses ähm Internetz wüsste man gar nicht mehr, wie man noch leben und arbeiten sollte. Gebe Kalleblomquist insgeheim recht:

„Wissen Sie was sie produziert haben? Dicke Goldadern von Kundschaft die – von putzigen Katzenbildern über von Homosexuellen gefickte Kinderärsche bis Betroffenheit über spanische Mieter und böse Banken – alles “liken” und sich gleichzeitig einen Scheiss um irgendwas kümmern. Glückwunsch und viel Spass beim Malochen in den Scheisseminen der Aufmerksamkeitshölle!“

Übesetzung diesmal nicht notwendig.

Quelle: http://rebellmarkt.blogger.de/stories/2158955/#2159068

 

Neulich in der Asamkirche

Ich weiß, dass Sie mir jetzt nicht glauben werden, aber ich habe mich nicht nur wegen des Geldes für diesen Beruf entschieden. Ich erfinde gern Sätze. Kein anderes Metier verleiht den Wörtern so viel Macht. Werbetexter sind Verfasser verkäuflicher Aphorismen. Auch wenn ich hasse, was aus mir geworden ist, muss ich einräumen, dass man sich nirgends sonst drei Wochen lang wegen eines Adverbs anschreien kann. „Ich träume von einer Welt, in der man für ein Komma stirbt“, schrieb Cioran; ob er wohl ahnte, dass er von der Welt der Texter und Konzeptioner sprach?

Frédéric Beigbeder: 39,90, 2001, Seite 43.

Cosmas Damian und Egid Quirin Asam, Asamkirche Sendlinger Straße

Bild: Asamkirche Sendlinger Straße,
die zwischen dem texxt und dem Schuh-Skandal.

PS: Leider muss ich aus juristischen Gründen an dieser Stelle vermerken, dass das Bildmaterial meinem eigenen Copyright unterliegt, weil ich keine 8000 Euro zuviel hab. Die Bilder sind zur Gaudi auf meinem Flickr-Account, die schenk ich Ihnen.

Ist Frust bei der Kundenakquise der Grund für die Flucht ins Netz?

Blaetterdachflaucherhell

Die Frage hat es in sich.

Die Akquise-Flucht in das vermutet  anonymere und in das vermutet  weniger anstrengende, reine, herrlich klare Internet halte ich für ein starkes Motiv vieler, die im Internet ein Geschäft aufmachen wollen.  Der Traum vom Perpetuum Mobile, von dem Ding, das von alleine vollautomatisch Geld verdient und kein Personal braucht! Wunderschön deutlich scheinende Trackingzahlen! Alles läuft anscheinend von alleine, das Serverchen brummt, das wiegt in Sicherheit. Auch in Sicherheit vor lästigen Kunden?

Habe ich von Auftraggebern schon gehört, die sich scheuen, ins Getümmel des Lebens zu
gehen, dass "man keine Lust mehr habe", sich im echten Leben mit
Klingelputzen und anstrengender ungewisser Real-Akquise, quengelnden Interessenten menschlich
herumzuplagen. Real-Akquise wird als menschliche Plage empfunden.
Dauernd akquirieren zu müssen wird zudem noch als hoher Kostenfaktor, id
est: unwirtschaftlich betrachtet.  Reine Finanzleute unter meinen Kunden
sehen das oft so.

Internet-Shop aufmachen, die Leute sollen dich
da das Produkt kaufen oder downloaden, kein Rumdiskutieren wie im Laden
und Tschüss… :-))

Die Frage ist:
Ist es ein sehr kluges Motiv?
Und
muss man nicht auch im Netz als Shopbetreiber freundlich und geduldig auf Kundenfragen
antworten, sich um Zulauf und Akquise kümmern. Die alte unsinnige
Faul-Idee: Zielgruppe sei, wer sich – ausversehen?- in den E-Shop
verläuft, ist ebenfalls nicht auszurotten: 1. Hauptirrtum.  Nur so ganz nebenbei.

Das Motiv ist nicht klug, aber es ist da 
ich weiß es, ich höre es oft.

Doch das Netz ist nicht minder
anstrengend als am Verkaufstresen zu diskutieren oder als Kaltanrufe zu machen.
Nur anders anstrengend, anders expensiv (Kosten jetzt). Internet, das gut läuft,  kost'
net nix. 2. Hauptirrtum vieler hoffnungsvoller Aspiranten.

Wer da
Erfolg haben will, muss sehr wohl investieren nicht zu knapp. Mit
seinen Kunden reden, verhandeln und kann sich nicht als hohler Avatar zurückziehen.
Märkte sind Gespräche (Cluetrain), gerade im Netz. Und keine von allein sprechenden Plakate. Gerade da, wo der
Wettbewerb dicht wird. Wer Gespräche als anstrengend empfindet, wird
auch im Netz nix reißen.

Ein akquirieren müssendes Unternehmen (und das sind 99%) muss sich gar
nicht überlegen, wo es denn besser aufgestellt wäre, was denn strategisch
mehr Sinn gäbe. Oft gibt es die Frage, was ist besser gar nicht: Man muss beides machen. Weil die Menschen, ob jung oderälter mittlerweile sich beide in beiden Welten bewegen.  Cross eben.  Für den der Cross für Schoko-Chips hält
:- ): Marketing/Akquise-Mix Offline und online. Der Mix bringt am meisten.

+++.de (Logos ab 49,00 Euro) und wundersame Versprechungen. UPDATE.

UPDATE:

Ich
wurde dieser Tage vom Geschäftsführer des Unternehmens +++.de angerufen
und bin gebeten worden, den ganzen Artikel (den Komplett-Beitrag) 
über seine Logo-Fabrik rauszunehmen, aka ihn ganz zu löschen*. Wegen insgesamt
geschäftsschädigender Äußerungen. Ihn störte vor allem die Passage, wo
ich davon rede, dass es Betrug wäre, ein Logo in so rascher Zeit und
vermutlich baukastenmäßig als individuell anzubieten. Diese Passage
habe ich jetzt so abgeändert, dass ich jetzt von fachlich nicht in Ordnung
rede, denn Einzigartigkeit ist in der Regel in so schneller
Herstellungszeit nicht erreicht. Normalerweise ist ein Grafiker im
Schnitt mind. eine Woche über einem Logo – und nicht weil er zu langsam
ist, sondern weil ein vernünftiges Logo (das nicht nur technisch in Ordnung ist, sondern auch die restlichen Forderungen an ein Logo in den größten Teilen erfüllt  und wirklich für das Unternehmen einzigartig ist) das nach meiner unmaßgeblichen
Meinung braucht. Die Logos von +++.de sind in den meisten Fällen grafisch überladen. Was für eine Vignette sehr nett sein kann, aber für ein Logo nicht funktioniert. Das hat mit  überforderter Wahrnehmung zu tun auf Märkten, die vor solchen Logos wimmeln. Das hat zur Folge, dass sie derart überladen nicht gut merkfähig und erinnerbar sind, dazu müssten sie wesentlich reduzierter sein UND gleichzeitig auf ihre Art unique. Das Gehirn merkt sich so viele Gestaltungselemente auf einen Schlag nicht.  Dazu aber ein ander Mal.

*Ich
möchte den Komplett-Beitrag nicht löschen, da ich die Meinungsfreiheit
angetastet sehe. Ich habe ihm angeboten, seinerseits ein Dementi zu
schreiben, das ich gern veröffentliche, wenn es da ist. Habe aber dafür
den Originalnamen seines Unternehmens  in +++.de geändert. So wird es
in den Suchergebnissen nicht direkt unter oder gar über  von +++.de auf
Google Seite 1 gelistet (wie derzeit und wie er beklagte).

Memoriert
wiedergegeben: Gleichzeitig wurde von ihm inkriminiert, wie ich denn derart
gegen +++.de argumentieren könne, wenn ich doch gleichzeitig selber ein
Shopmodell plane mit ähnlicher Ausrichtung. Ich möchte dazu sagen, dass
mein geplantes Shopmodell auf alle Fälle anders ist: Ich werde bereits fertige
Produkte
verkaufen, die nicht  billig erst nach Auftrag, sondern frei vorher und ausschließlich von mir hergestellt sind. Ich vertrete die Ansicht, dass eine vernünftige Logo-Auftragsarbeit auf günstigem Massenniveau nicht funktioniert. Für die Logo-Fabrik schon, aber nicht für den Auftraggeber.  Und ich
beschäftige keine Grafiker wie +++.de, die nach Auftragseingang
geschätzt pro Nase ca. 3-5 Logos am Tag herstellen. Insofern sind für
mich diese beiden Geschäftsmodelle nicht vergleichbar. Ich verspreche in meinem Shop keine hohe zugeschnittene Individualität und Einzigartigkeit,  denn das können meine  fertigen Produkte grundsätzlich nicht leisten.

Ich
vermute, dass der feine Unterschied zwischen einer wirklich
unverwechselbaren Logoerstellung (Logo nach Maß), einem Logo von der Stange (ein bereits fertiges) und einem Logo im
Stundentakt  nicht nur potenziellen Kunden schwer vermittelbar ist.
Sondern auch Anwälten oder Richtern, denn ich denke da an die
Empfehlung eines früheren Chefs von mir, der mal eine langwierige
Gerichtsauseinandersetzung hatte wg. eines Auftrags, bzw. einer
Rechnung: Richter wissen wenig über das Fachliche in dieser Branche. Um
sich einen Überblick zu verschaffen sind meist Gutachter notwendig
(Sachen wie Schöpfungshöhe, etc.). Und das wird teuer.

_________________________________________________________________

Der alte Eintrag:


Und die gehen so [edit: Die wundersamen Versprechungen, siehe Headline, d. S.]:

(Auszug):

Sie möchten von Design-Profis Ihr Logo erstellen lassen, ohne dafür ein Vermögen zu bezahlen? 

Interessanter kompetitiver, aber leider unwahrer und sehr unfairer Konkurrenz-Ansatz gegenüber Einzel-Designern und Designbüros, die vernünftige Logos bauen (die eine Aussage und einen Sinn ergeben und nicht nur gefällig sind) und vernünftig kalkulieren müssen, da sie Familie haben, Steuern bezahlen müssen und Leute beschäftigen.

Klartext und die Wahrheit: Ein Vermögen ist relativ, es kann sein
das, was die Erbtante hat, geht für Hungerleider aber schon ab 300,00
Euro los und für Erbschleicher langsam ab dem Preis für einen SUV.
Die Logos dieser normale Stundensätze kalkulierenden und seriös arbeitenden Designer mit Semiotik-Expertise kosten im Gegenteil kein wie auch immer geartetetes Vermögen, sondern Netto vor späterer Verwendung und etwaigen Nutzungsrechten bei kleinen Designbüros etwa zwischen 800,00 und ca. 2000,00 Euro. Wenn das bereits für einen hoffnungsfrohen Gründer, der seinen BMW-Geschäftsführerwagen schon eingepreist hat, aber die Kosten für die Putzfrau vergisst^^ ein Vermögen sein soll, möge er bitte seine komplette Geschäftsidee überprüfen, ob er für sie überhaupt irgendwelche Marketingkosten eingeplant hat und sich leisten kann. Er wird sie sich leisten können müssen, denn sonst wird es hinten am dicken Ende teuer. Ein schöner englischer Claim bringt das gut zum Ausdruck: "Can you afford not to afford it?"

Nur für kluge Rechner und Leute, die wissen, was ROI ist, die anderen sollen sich besser jetzt ein Youtube-Filmchen reinziehen: Logo- und Folgemarketingkosten sind rasch wieder refinanziert und drüber hinaus, wenn die Logos zusammen mit der Geschäftsidee stimmig sind, sitzen, und von der angepeilten Zielgruppe klar erfasst, verstanden und erinnert werden -  also merkfähig und nicht nur gefällig sind.

So gesehen ist +++.de die ideale Geschäftsidee. Für Nachfrager, die in ihrem Marketing (wie muss ich was draußen anbieten, damit es nachgefragt wird) vermutlich nicht nachgedacht haben, sondern augenscheinlich autistisch ihren eigenen Geschmack als Maß aller Dinge wähnen. Auch hier Glückwunsch an +++.de, der Nachfrage-Markt diesbezüglich ist riesig, denn es gibt ihrer viele. www.+++.de hat, was das betrifft, seine BWL-Hausaufgaben sehr wohl gemacht, Hutzieh, seine Kundschaft aber macht meist keine, das ist der Trick, der funktioniert.

                                                   * * *


Ein bisschen Kopfzerbrechen – aber nur ein bisschen -  macht mir nur, was denn die Grafiker kriegen, die von +++.de und ähnlichen Plattformen bezahlt werden. Mehr als ein Hungerlohn kann es nach meiner Einschätzung nicht sein, also auch hier: +++.de hat wohl seinen Lieferantenmarkt gut erkannt: die sich gegenseitig auf die Füße trampelnden Grafiker. Die meisten Grafiker und künstlerischen Berufe können nach meinem Dafürhalten entweder nicht rechnen, buchhalten, kalkulieren und gezielt akqirieren (das konnten sie noch nie, das weiß ich seit dem Studium) oder stecken vermutlich eh schon tief in der Krisen-Defensive – oder meist alles auf einmal.

Weitere werbliche Argumentation von +++.de:
(Auszug)

Dann sind Sie hier richtig, denn wir entwerfen preiswerte Logos für über 1.500 Kunden pro Jahr! Firmenlogos, Produktlogos, Vereinslogos, Schullogos, Bandlogos, Privatlogos u.v.m. Individuell, exklusiv und kreativ – das ist professionelles Logodesign!

Werbeblabla: Ein sauberer Zirkelschluss mit vagen Adjektiven, der nicht stimmt. Professionelles Logodesign ist nicht "individuell" (geschmäcklerisch-eitel, wie ein Armband mit Gravur es sein könnte), sondern es muss sein: wiedererkennbar, merkfähig. Dazu braucht es über die vorhanden sein sollende Kreativität hinaus (Kardinaltugend, muss eh sein) Erfahrung, Expertise vom Designer über bewusste und unbewusste Wahrnehmung von Information, ihre Prinzipien und Expertise über die Semiotik (die Bedeutung von Zeichen, Zeichensprache und Zeichenprozessen).

"Exklusiv" ist es auch nicht bei +++.de. Was bitte an 49,00 €  ist exklusiv. Nach meiner unmaßgeblichen Einschätzung haben die Grafiker, die das machen, im Vorfeld vermutlich zig Raster im Kopf und vielleicht auch Blankomuster in der geistigen oder echten Schublade (wie der Fernsehkoch den ruhen gelassenen Teig, die feingehackten Zwiebeln, die vorgeschnittenen feinen Julienne-Streifen: "Da habe ich ein klein wenig für Sie vorbereitet, …" und schwupps ist sein Menue fertig, das der Hausfrau locker 1 Stunde mehr kostet als geguckt. Ein Menue ist aber das eine, nach fertigem Rezept gekocht, ein Logo aber muss eine Innovation sein). Sonst zeitlich in einer Stunde (im Vergleich: Gesellenpreis im Handwerk: 1 Stunde à 45,00 Euro) unattraktiv und wirtschaftlich kaum zu schaffen. Den Rest der "Individualität" erledigen mit allergrößter Vermutung modifizierte Farbgebung, leicht geänderte Anordnung der Elemente, ein fertiger Katalog von trendigen Schriften, egal ob sie passen oder  nicht und diverse Illustrator-Plugins und Filter. Hauptsache, netter Effekt. Den neuen Firmennamen eingesetzt, einen hübschen Bogen drunter oder drüber, fertig. Wollen wir wetten?


Wenn das so ist, ist das aber nicht exklusiv, sondern oberflächlich, pseudo-exklusiv nach Fertigbaukasten (wird beim Webdesign genauso gemacht, da kann ich aus dem Nähkästchen berichten), billig und austauschbar: Ich kann Ihnen aus dem Stand und ohne jegliches Briefing viele solcher netten Logos machen, sind in einer Stunde fertig. Ich tue es aber nicht, weil ich das für fachlich nicht in Ordnung halte. Gegenüber dem Kunden, denn ich plündere damit nur meine formalen Sammlungen für einen Appel, ein Ei und Beliebigkeit. Geschäftlich geholfen ist dem Kunden leider mit so etwas nicht, meist geschadet, da undurchdacht: Den Dingern fehlt einfach die echte Einzigartigkeit, die inhaltliche Substanz und die Relevanz zum Zielmarkt.

Fazit:
Für ein Privatlogo fürs Blogtagebuch, die Privatkorrespondenz, für den Verein für graue Tauben im Sinkflug e.V., oder ein kleines Standard-Handwerksunternehmen von mir aus. Tun Sie, was Sie nicht lassen können :-).

Meine Empfehlung: Für ein neues Firmenlogo, ein Produktlogo: Hände weg!

Disclosure:
Nein, ich bin nicht futterneidig auf +++.de. Die Firmenauftraggeber/Gründer, die sich für clever halten und solche wie +++.de beauftragen, muss man als kluger Designer dem Mitbewerb (euphemistisch-neudeutsch für Konkurrenz) überlassen. Denn dieser Mitbewerb und diese Kunden, sie werden sich gegenseitig in feinster Schluderarbeit unprofessionell selber erledigen.

Man nennt das exitorientiert.
:-D

Wer nicht exitorientiert ist, sondern aus Fehlern anderer lernen möchte:
Warum Startups scheitern

Die häufigsten Fehler im Businessplan


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