Zwei Katzen im Hinterhof der Größe nach Kater der inneren wie äußeren Prominenz
ein kohlrabenschwarzer ein geringelter gehen jeder für sich ihren Geschäften nach
Ein Schleichen und Schnüffeln ein Schlendern und Patrouillieren zwischen ruhenden Fahrrädern und Frühlingsbepflanzung
verfolgen sie jedes Rascheln im Efeu das eine Maus sein könnte aber meistens ein Falter auf der Flucht
Ab und zu begegnen sie sich grüßen sich mit den Nasen Kollegen im Einsatz gehen Katzengeschäften nach machen Katersachen
Die Blausterne stehen schön gegen die Osterglocken die Pfingstrosen sind noch lange nicht soweit die Bäumchen noch kaum Blätter ein Gebüsch aus Goldlack
Die zwei wichtigsten Herren sämtlicher Hinterhöfe die sie kennen nur den einen aber den genau mit allen Neuigkeiten des Tages lassen einander gelten so ist der Job
Alarmbereitschaft wenn in einem oberen Stockwerk ein Senkrechtgeher in Deckung die Balkontür aufknarzt Schnurrhaare voraus Augen auf Murmelgröße Hals ausfahren
ein Zittern durch zwei gespannte Katerkörper vorsichtshalber auf Angriff gehen gegenseitig die Breitseiten zeigen jeder ist verdächtig
Hupf hupf doing doing Tatze aufs Haupt den Eckzahn blitzen lassen eine Drohung in Ultraschall und zu zweit übereinander hopplahopp durchs Wohnungsfenster
Die Wasserwerte sind da. Vom Labor bestellt und bitter bezahlt. Außer einigen selten auftretenden Image-Werbeplakaten der Münchner Stadtwerke für ihr wunder wie tolles Leitungswasser erzählt einem ja keiner was über das Lebensmittel, das man am meisten verwendet. Außer Chips natürlich, aber der Mineralgehalt müsste ähnlich sein.
Wer Münchner Leitungswasser, von Braumeistern der Stadtwerke liebevoll frotzelnd “M-Wasser” genannt, bisher für eine nachlässig gesättigte Kalklösung hielt, kann aufatmen und weitersaufen: Der Kalkgehalt ist keinesfalls höher als in den Schalen von Bio-Eiern. Kupferwerte hab ich bisher für etwas gehalten, das man nach dem Einkaufen in eine alte Asbach-Uralt-Flasche klimpern lässt, praktisch zu vernachlässigen sind Nitrat und Nitrit. Ich hab keine Ahnung, was das ist, aber ich verwechsle ja auch Manet und Monet. Unter dem psychogenen Grenzwert liegen auch Bor und noch irgendwas.
Sorgen muss man sich machen um Nickel und Blei. Dass Blei nicht in Leuten vorkommen sollte, lernt man ja schon als kleiner Bub, wenn man durchs Wohnzimmerschlüsselloch den Spätwestern mitguckt. Und vor allem Leute wie ich, sagt Vroni, die mit Müdigkeit, körperlicher Schwäche, Depression und noch irgendwas zu kämpfen haben…
“Mit Vergesslichkeit, Wolf”, hilft Vroni aus, “mit Vergesslichkeit!”
Sag ich doch, aber jetzt weiß ich nicht mehr, was ich wollte.
Uschi, die mir seinerzeit die ersten vier Griffe auf einer Gitarre beigebracht hat, hat grundsätzlich nie Platten gekauft oder auf Kassetten überspielt, die sie nicht nachspielen konnte. Mit so einer musikalischen Auffassung sind ihr freilich Pink Floyd und Bach mit größerer als Kammerbesetzung fremd geblieben, aber solange ich sie kannte, wirkte sie eher ausgeglichener und aufgeräumter als andere Leute, die nicht vor Accept und Jennifer Rush zurückschreckten. Außerdem glaube ich Uschi bis heute jedes Wort, auch wenn sie keins mehr an mich richtet, aber ihre vier Gitarrengriffe funktionieren ja auch noch.
Wie ich darauf komme? — Als erstes sind Lulu and the Lampshades aufgefallen, die seit 2012 als Landshapes praktizieren:
Diese Gruppe wurde dadurch international bekannt, dass sie einen alten Folksong, der erstmals von der Carter Family im Jahr 1931 unter dem Titel When I’m Gone eingespielt worden war, um neue Strophen und Melodielinien erweiterte. Die Lampshades unterlegten ihre Neukomposition mit dem Rhythmus eines Klatsch- und Becher-Spiels für Kinder und veröffentlichten dies unter dem Titel You’re Gonna Miss Me 2009 auf der Internet-Plattform YouTube. Die Veröffentlichung wurde zum Internet-Phänomen und zur Vorlage der Adaption durch Anna Kendrick im Film Pitch Perfect unter dem Titel Cups.
Schon 2009, das “Klatsch- und Becher-Spiel” soll eher traditionell als bahnbrechend neu und außerdem “für Kinder” sein, und Anna Kendrick will Pitch Perfect auf eigenen Vorschlag mit ihrem Cup Rhythm bereichert und zum eigenständigen Draufschaffen gerade mal einen einzigen Nachmittag gebraucht haben.
Es ist 2021, wir sind keine Kinder mehr und können den Cup Rhythm nicht. Kein Grund, das auf sich sitzen zu lassen.
Als erstes folgt der Text des Liedes der Carter Family, 1931, nach der für deren Begriffe erheblich veränderten Version 1935 bearbeitet von den Lampshades Luisa Gerstein und Heloise Tunstall-Behrens:
I learnt the cup rhythm at a family run music class in North London called Sumics. The chorus comes from the Carter Family song “When I’m Gone — 1935”, and we wrote the verses. Also, we were credited in the Pitch Perfect film.
You can purchase the recorded version of this song (with an extra verse) at our bandcamp[.]
— und natürlich mit dem extra verse:
——— Lulu and the Lampshades:
You’re Gonna Miss Me
1.: I’ve got my ticket for the long way ’round Two bottles of whisky for the way And I sure would like some sweet company And I’m leaving tomorrow, what d’you say?
Refrain 1: When I’m gone, when I’m gone You’re gonna miss me when I’m gone You’re gonna miss me by my hair You’re gonna miss me everywhere — oh You’re sure gonna miss me when I’m gone
2.: I’ve got my ticket for the long way ’round The one with the prettiest of views It’s got mountains, it’s got rivers It’s got sights to give you shivers But it sure would be prettier with you
Refrain 2: When I’m gone, when I’m gone You’re gonna miss me when I’m gone You’re gonna miss me by my walk You’ll miss me by my talk, You’re gonna miss me when I’m gone.
3.: I’ve got my ticket for the long way ’round These feet weren’t built to stay too long And I’d go there on my own But you’ll miss me when you’re home It’s for you dear that I sing this song
Refrain 1: When I’m gone, when I’m gone You’re gonna miss me when I’m gone You’re gonna miss me by my hair You’re gonna miss me everywhere — oh You’re sure gonna miss me when I’m gone
Refrain 2: When I’m gone, when I’m gone You’re gonna miss me when I’m gone You’re gonna miss me by my walk You’ll miss me by my talk, You’re gonna miss me when I’m gone.
Als zweites gilt es den Becher-Stunt zu lernen. Anna Kendrick überliefert nicht, wie sie das innerhalb weniger Stunden unter dem Zeitdruck einer Filmproduktion mit einem Budget von 17 Millionen Dollar geschafft haben will, aber wir, die wir unter dem Privileg der selbstbestimmten Freizeiteinteilung stehen, können seit 2009 (Lulu and the Lampshades), spätestens aber 2012 (Pitch Perfect) auf haufenweise YouTube-Tutorials zum Cup Rhythm zugreifen. Nach einem verdaddelten Tag der Direktvergleiche darf ich verraten: Am hilfreichsten erklärt’s einem der Schweizer in einer deutschsprachigen Version:
Und ich hab seinen Merkvers sogar mitgeschrieben, damit Sie es nicht müssen:
1.:Klatsch klatsch schlag da-rauf klatsch nimm Cup —
2.:Klatsch nimm Cup in an-dre Hand.
Als drittes darf ich als Praxistipps weitergeben:
1.: Es heißt “Cup Song”. Das bedeutet: keine Gläser. Plastik ist vollständig okay, Keramik knallt zu scharf auf die Tischplatte. Gute Erfahrungen hab ich mit zwei ineinandergestellten großen Jogurtbechern (500 Gramm) gemacht: nicht zu labbrig, aber untergrundfreundlich, schön satter Sound. Für kleinere Patschehändchen eignen sich unschlagbar die Becher von Grafschafter Goldsaft (450 Gramm). Wohl dem, der noch einen von vor ein paar Jahren aufgehoben hat, da waren die aus Pappdeckel;
2.: es hat sehr wohl einen Sinn, mit einem umgedrehten Becher anzufangen (und aufzuhören); richtig herum funktioniert der Abschlag an der Handfläche nicht;
3.: und vor allem mit einem leeren, ihr Schlauberger;
4.: in YouTube haben auffallend viele Einspielungen die Kommentarfunktionen deaktiviert, vermutlich wegen der sich allzu leicht aufdrängenden Kalauer mit “Cups” und großen Angriffsflächen für kleinliches Gemäkel an der Taktfestigkeit. Sollten Sie zu so etwas neigen, teilen Sie Ihre eigenen Live-Mitschnitte nicht zu voreilig mit einer hämischen YouTube-Gemeinde;
5.: beim gleichzeitigen Singen des Liedtextes ist es die halbe Miete zu wissen, dass auf die Stelle “You’re gonna miss me when I’m” sieben Taktschläge verteilt sind und allein auf das “gone” noch einmal sieben. Leider hab ich nicht viel Ahnung von Notation, nehme aber an, dass es etwas mit Triolen zu tun hat. Deswegen gucken auch die fröhlichsten Musikanten während ihrer Performance so verkniffen konzentriert: Die haben alle ein bis zwei Minuten Dauerfeuer in sämtlichen Gehirnregionen auf einmal.
Als viertes die Profiversion in verschiedenen Zeitlupen zum Mitklopfen:
Am schönsten finde ich fünftens und letztens bis auf weiteres die Studioversion der komplett versammelten Lampshades mit allen drei Strophen aus: Cold Water, 2013. Die wurde vermutlich spurweise eingespielt und ist in dieser Souveränität und Brillanz live praktisch nicht durchzuhalten:
Ich melde mich wieder, wenn ich das wie so beeindruckend viele — ja, auch Kinder — auf YouTube vorzeigbar zu zweit geschafft hab. Nein, nicht mit Uschi.
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