Update zu Das nächste große Ding: Pumuckl-Marketing!:
Man kann es ja gar nicht einfach genug erklären. In diesen Tagen, als Der Donaldist 158 verschickt wurde, ist mir auch wieder eingefallen, was ich über BWL weiß. Alles auf einmal. Es passt auf zwei Bilder, dabei kommen die nicht mal im DD 158 vor.
Sie kommen vielmehr vor im Entenhausener Bericht Eine würzige Geschichte, i. e. Carl Barks: A Spicy Tale, 1962, übersetzt von Dr. Erika Fuchs für Micky Maus 28, 1963. Dagobert Duck sucht als Begleiter des Entwicklungshelfers Donald (der sich auf Spinatkochen und Bongotrommeln versteht), die knapp gewordenen Muskatnüsse bei den Muskateller-Indianern am Amazonas (die sich viel eher für die Fertigkeit des Geldverdienens interessieren), um sie nicht zuletzt für seinen eigenen Bedarf an Muskatnusstee direkt aus dem Urwald zu exportieren:
Der verdiente Donaldist Andreas Platthaus nimmt Dagoberts Auffassung von Vermögensbildung, die in der BWL Schatzbildung heißt, ernst — in: Die Kunst, Geld anzuhäufen, Jungle World, 6. November 2008:
Ein Großteil des Duckschen Geldes arbeitet nicht. Es genießt vielmehr den Ruhestand und dient vor allem sentimentalen Gefühlen seines Besitzers. So findet sich tief im Geldspeicher unter unzähligen anderen Münzen vergraben ein Fass mit der ersten Million Dagobert Ducks, die dieser »noch heute nicht ohne Rührung betrachten kann«. Dass auch der erste selbstverdiente Taler noch in seinem Besitz ist, dürfte sogar oberflächlichen Kennern Entenhausens bekannt sein. Man darf aber vermuten, dass frisch verdientes Geld von Dagobert Duck generell nicht wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt wird. Man rufe sich nur einen Satz in Erinnerung, den er beim Betrachten einer einzelnen Münze aus seinem Vermögen äußerte: »Oh, das Geldstück kenn’ ich. Das ist das, was ich damals auf der Weltausstellung 1907 nicht ausgegeben habe.«
Dieses Zitat führt ins Herz der politischen Ökonomie Entenhausens, die sowohl rätselhafte Phänomene wie die kurzfristige Bilanzschwebe als auch mittlerweile leicht nachvollziehbare wie die kreditabwürgende Unabhängigkeitstheorie kennt. Erfreulicherweise ist durch Barks und Fuchs ein Vorlesungszyklus überliefert, den Dagobert Duck als unfreiwilliger Entwicklungshelfer beim Stamm der südamerikanischen Muskateller-Indianer gehalten hat. Hören wir uns den Milliardär erst einmal an: »Zuerst muss man sich ein paar Taler sparen. Die tut man auf die Bank. Ersparnisse erfreuen das Herz des Bankdirektors. In seiner Freude legt er noch etwas dazu.« So erläutert Duck das Zinsphänomen. Es ist hier also weniger Geld, das Geld heckt, um mit Marx zu reden, als vielmehr eine Ökonomie des Wohlgefallens (man könnte auch sagen: eine Günstlingswirtschaft), die das Vermögenswachstum erst in Gang bringt. Banken fungieren dabei als grundgütige Gläubiger.
Das wirkt etwas weltfremd. Aber weiter in Ducks Vorlesung: »Mit dem geborgten Geld kauft ihr billige Waren ein und verkauft sie so teuer wie möglich.« Spätestens hier werden wir hellhörig, denn wir wissen ja, dass sich der Milliardär selbst nicht mehr verschuldet. Wir folgern daraus, dass kaum jemand so wenig berufen ist, uns den Kapitalismus zu erläutern, wie Dagobert Duck. Es gibt ein berühmtes Diktum aus seinem Munde: »Mir hat auch keiner gesagt, wie man Kapitalist wird.« Der Witz ist: Er ist es nie gewesen, denn Hortung, wie Duck sie betreibt, muss dem Kapitalismus wesensfremd bleiben. Er ist ja gerade angewiesen auf frei flottierende Geldströme, weil nur so Kapital akkumuliert werden kann.
Dagobert Duck wäre mithin gar kein Kapitalist? Platthaus braucht bedeutend länger als Duck, um seinen Standpunkt klar zu machen; normalerweise ein schlechtes Zeichen, aber Platthaus muss auch nicht in zwei Sprechblasen passen, und plötzlich gibt es einen ganz neuen Sinn, dass Dagobert andernorts, in populär gewordenen Fuchs-Zitaten eher als Plutokrat bezeichnet wird. Die Kuriosität, die den Bericht erst buchenswert macht, liegt inzwischen nicht mehr in der Grundgüte von Bankinhabern, sondern in der Grundannahme, Zinsen bedeuteten einen Zuwachs an Barmitteln.
Eine vergleichbar stringente Darstellung der Uneigennützigkeit erscheint in Entenhausen erst 1970, Dagobert kommt nicht im Bilde vor. Was immer das bedeutet.
Bilder: Walt Disney, Ehapa, Erika-Fuchs-Haus, D.O.N.A.L.D..
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