Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Monat: Dezember 2011

Über die Faulheit

Entspanne dich, lass das Steuer los,
trudle durch die Welt, sie ist so schön.

(Kurt Tucholsky)

 

Ich kann mir zur Zeit nur zwei Dinge vorstellen: eine Torte zu machen oder ein Rezept auszudenken für den Riesen-Rotkrautkopf, der noch von Weihnachten da ist. Was aber im Moment gar nicht geht, ist

Aufräumen, Sachen sortieren, ausmisten.

Die vom letzten Katzenbesuch auf dem Regal schief umgekippten Kunstbände sind Wochen lang so: schief. Gefährlich schief. Vermutlich muss mir zur Heilung einer dieser Zementziegel auf den Kopf fallen.

 

Was fürs Ausgehen spricht: Die meisten Unfälle mit Todesfolge passieren daheim.

 

Verhalten im Weihnachtsfall

Weil Weihnachten ist, fangen wir an mit einer guten Nachricht: An Weihnachten sind Sie mit einem sozialprestigebefreiten Beruf im Vorteil. Wenn Sie Designer, Krankenschwester, Bierschwemmenbedienung, Domina, Politiker, Texter oder was mit Medien sind, wird Ihnen ohne weiteres abgenommen, dass Sie über Weihnachten arbeiten müssen und leider nicht zur Feier erscheinen können. Dass der Erlöser zuerst den Unterprivilegierten in der Provinz erschien, trägt für uns Heutige sehr wohl eine exegetische Botschaft.

Und das sag ich Ihnen jetzt. Wenn es Sie also schon erwischt hat und Sie für den Heiligen Abend in eine erklärt feierliche Runde (etwa Heilsarmee, Eltern, angeheiratete Familie) vorgeladen wurden, helfen immer noch einige Verhaltensregeln.

Meiden Sie Getränke, die Tiroler Hutzelpunsch, Markbrandenburger Gurkenwasser, Heißer Erzbegirgischer Nussknacker oder Schlimmeres heißen. Unterlassen Sie zu erörtern, ob das Zeug genau wie die “polnische Hafermastgans” aus einer chinesischen Rattenküche stammt. Auch dann, wenn Sie in der Zutatenliste in 2-Punktschrift mehr als drei Druckfehler finden, ohne zu suchen. Ich weiß, wovon ich rede.

Solange niemand das Wort an Sie richtet, leisten Sie unauffällig Ihren Beitrag zu Herstellung und Beseitigung des Weihnachtsessens. Verzehren Sie maßvoll Gebäck, und zwar von jeder Sorte gleichmäßig zwei Stück. Sobald Ihnen jemand eine Frage stellt, äußern Sie ausschließlich Zustimmung und Lob. Notfalls würdigen Sie den Salzteig, der außen an der Haustür klebt, und die Katze. Ansonsten nutzen Sie jede Gelegenheit, den Mund zu halten.

Wenn Ihnen jemand zu viele Fragen stellt, machen Sie den DJ, das ist eine akzeptierte Tätigkeit auf jeder Art von Feier. Beachten Sie dabei: “Wir warten aufs Christkind” von den Toten Hosen ist keine Weihnachtsplatte, das Vintage-Doppelalbum “Die lustige Witwe” mit René Kollo und Anneliese Rothenberger von Ihrem Vater schon. Wenn der Vinylplattenspieler schon seit 1991 unrepariert auf dem Dachboden herumrostet, ist dieses eine Mal im Jahr Bayern 1 ein zulässiger Radiosender. Faustregel: Wichtige Musik ist, wenn da welche Geige spielen und die Frau so piepst.

Spielen Sie auf keinen Fall den Helden. “Vom Himmel hoch, da komm ich her” hat je nachdem, wo man nachschaut, 62 oder 164 Strophen und wäre demnach Martin Luthers zweitgrößte Leistung als Texter. Es ist Konsens, nur die ersten drei Strophen von allen Liedern abzusingen. Setzen Sie getrost voraus, dass alle anderen auch nur die erste kennen. Die erste Zeile geht: “Vom Himmel hoch, da komm ich her”, alle folgenden: “Da dáram dá, da dáram dá.”

Wenden Sie kein Musikinstrument an. Besonders keines, in das man hineinblasen muss.

Stufen Sie die so genannte gewaltfreie Kommunikation als das ein, was sie ist: eine besonders perfide Kampftechnik mit zulassungsfreien Waffen. Verzichten Sie deshalb auf die “Ich-Aussagen” dieser Lehre, geben Sie lieber jederzeit jedem Recht. Auf eigene Konfliktgegner wirken Sie stets deeskalierend ein, auf fremde sicherheitshalber gar nicht. Nicht jeder Satz, der mit “Ich” anfängt, ist gleich ein Manöver der gewaltfreien Kommunikation. Warten Sie deshalb das Satzende ab, bevor Sie die Sprecherin verprügeln.

Rufen Sie sich schon während der Zurüstungen und vor allem während der Feierlichkeiten immer wieder ins Gedächtnis: Die Zeit arbeitet für Sie. Was erst einmal angefangen hat, ist praktisch auch schon vorbei. So eine Christmette fängt heutzutage schon um 22.00 Uhr an, das war noch vor zwanzig Jahren gerade mal die Zeit für eine Kindermette. Dazu müssen Sie schon um halb neun los, um nicht auf einen Stehplatz hinterm Taufbecken gedrängt zu werden, so lange halten Sie zur Not durch. Bis zum eigentlichen Showteil übt der Organist gerne schon ein paar Händevoll Bach-Fugen, das kann wirklich schön sein. Lauschen Sie ergriffen, das spricht für Ihre Andacht.

Diese Metten mit Hochamt, großem Bahnhof und drei vollständigen Kantaten wurden vor einigen Jahren von kirchlichen Seelsorgern in den späten Nachmittag vorverlegt. Damit folgten sie der Erfahrung, dass sich die Gemeinde, zu lange sich selbst ausgesetzt und von Tiroler Hutzelpunsch befeuert, zu oft gegenseitig mit dem Christbaum erschlägt oder Baumspitzen, brennende Tannenzweige und Krippenfiguren in Körperöffnungen rammt, die es gar nicht gibt.

Durch solche Ursprünglichkeit drücken manche Familienverbände ihre Zuneigung untereinander aus. Respektieren Sie das Brauchtum und zugleich Ihre physischen Grenzen.

Nach der Christmette, in eher humanistisch orientierten Haushalten oder solchen, die Hanukkah begehen, sogar schon nach dem Essen, ist Ihr geordneter Rückzug legitim. Handeln Sie kooperativ, aber zielgerichtet. Geben Sie jedem die Hand und wünschen Sie “Fröhliche Weihnachten” und, ganz wichtig: “einen guten Rutsch”, nicht dass noch einer von denen vor Silvester schon wieder anruft. Antworten Sie auf alle weiteren Ansprachen eisern: “Feiert noch schön.” Wird erwartet, dass Sie sich für etwas bedanken, bedanken Sie sich ohne Zeitverzögerung. Vermeiden Sie Ihren sarkastischen Tonfall. Streunen Sie durch die nächtliche Stadt und schließen Sie für einige Stunden Freundschaft mit einer studentischen Bierschwemmenbedienung.

Fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch, feiert noch schön.

Soundtrack: “Stille Nacht”, was denn sonst? Und zwar in der einzig wahren Version von Tom Waits, 1989.

Was Katzen und Kreativität mit Grafikdesign zu tun haben: Der Oberflausch!

Font Moritz: Type aus Tigerfell

Gestaltungswille und emotionaler Ausdruck. Die übliche Welt der Fonts und designigen Buchstaben kann nur unzulänglich beschreiben, was eine Katze ausmacht. Da hilft dem in Katzen verliebten Typografen ein kleiner Filtertrick, damit das Wesen dieser Tiere auf einen Blick erfasst werden kann: Flausch!

Dieser hilfreiche Beitrag, um vom Design her wertvollen Katzencontent in die Welt zu bringen, stammt von uns, the missing link, der kleinen aber feinen Designagentur (auch Werbeagentur) in München. Damit man sieht, dass das Objekt nicht nur in Punkto Typografie und bahnbrechendes Design, sondern auch von Stimmung, Schnurr und Flausch her absolut gut getroffen wurde, hier das pelzige Original:

 

In allen Wortverbindungen, Schreibweisen, Kombinationen und mit allen Zusätzen, für alle Medien, insbesondere elektronische Online-Dienste und digitale Verbreitungswege aller Art einschließlich CD-ROM, CD-I, DVD und Printmedien

Den an- und ausstehenden Jahresrückblick kann gern nächste Woche Vroni schreiben; ich bin ja froh, wenn ich die restlichen drei Wochen noch irgendwie lebend rumbring. Bei mir ist das allerdings unabhängig von der Jahreszeit.

So many books to write and so little time, wie Sokrates sagte. Wir beantragen unter Hinweis auf §§ 5, 15 MarkenG Titelschutz für:

  • Die 10 Gebote der Anarchie
  • Das A-Z der ungebundenen Soßen
  • Abstiegskandidat Kaiserslautern
  • The Beauty of the Beast
  • Die Beschwerden über mein Verhalten häufen sich
  • Feierabend-Jazz für Führungskräfte
  • Die Frau mit den zwei G-Punkten
  • Gesammelte Höhepunkte einer Gottheit
  • Ich liebe dich und du mich auch
  • Jemand anders schlägt den Takt
  • Komische Geräusche
  • Kurtz-weilige Geschrifft zur Beschreibung alter und neuer Reisen zu Länden, zu Wassern alß auch in den Lüfften des Courfürstlichen Prinzipals der Lande Brandenburg und Oberlausitz einschlüßlich der sorbischen Land-Striche, genennet Hannes Lüderlich und seiner treulichen Mannen, die er zu seinem supportem und Wolfart recrutiret und zur Ausrüstung seines Lufft-Schiffes gemacht, mit dessen Hülff er die Welt umründet und bis bei den Negern gewest, denen er die frohe Nachricht unsers Heylandes ferbracht, worauff sie in ein grosz mechtig jauchzen unde frolocken ausgebrochen, und wie es ihm hernach ergangen, und Amouren-Geschichten desselben, die er in verschiedenen Continenten durchlebet, und weßhalb ihm sein eigner Milchbruder umb den gantzen globus nachgefolget, um ihm an das Leder zu gehen, und welchen Verlusst der Selbige darbei erlitten, nebst einigen wahrhafftigen Begebenheiten aus der vitam desselben, comische Münchhausiaden sowie schier ungläubliche Hanswurstiaden, illustriret durch mit aller accuratesse hergestelleten Kupffer Stichen, zalreichen umfänglichen Land- und Seekarten, einer Einleitung, einer Bemerkung zum Schlusse, auffklerenden Anmerckungen des Verfassers und einem Richtigen Verzeichnuß sembtlicher enthaltenen Materien, den günstigen Lesern der bürgerlichen zugleich adlichten Stende zur Erbauung zugeeignet sowie der reiffen Jugend anempfolen
  • Mein Smegma komme über euch
  • Nachts Sind Die Affen Platt (zur Bedeutung der NSDAP)
  • Der Schrebergarten der Verdummten
  • Ein Schwein am Seil
  • Selbs Befriedigung (bevor Bernhard Schlink draufkommt)
  • Stirb, ich komme nach (Erben für Anfänger)
  • Tote leben nicht
  • Unrasierte Sachen, die nachts ticken
  • Unvergessene Briefe an vergessene Frauen
  • Waldschrat und Stadtschrat
  • Walther mit der Vogelscheuche
  • Wanderungen durch den Euro Brandenburg (Neufassung)
  • Warum Frauen nicht bei Neonlicht auf einem Betonboden verprügelt werden wollen (Feminismus für Anfänger)

Mehr kann man gar nicht tun. Schönes drittes Adventswochenende.

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