Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Monat: März 2006

Bagdad brennt, Blogger pennt

Jetzt neu: Das Buch zum Blog. Zu dem von Fräulein Riverbend. Da ist unsereins unermüdlich beschäftigt, Pubertät zu feiern, da gewinnen andere Leute mit ihrem Blog 44.000 Euro im Samuel Johnson Prize für Non-Fiction.

Wie’s kommt? Dass man erst leben soll, bevor man zu schreiben anfängt, hört man immer von denen, die zu wenig Phantasie haben, sich selber Geschichten auszudenken. Wahrscheinlich werden sie doch Recht behalten.

Reicht es, jung und schön (und anonym) wie Riverbend zu sein? Oder muss einer schon aus Österreich kommen, um drauf zu kommen, dass ein Blog als Buch funktionieren könnte?

Nein: Der Preis war für die elektrische Version, die Buchidee independent aus London.

Wie einer auf dem Sofa sitzt und krasse Sachen häkelt, will man zur Not sehen, aber nicht lesen. Retro war gestern, heute soll man sogar selber leben. Servicewüste Deutschland.

Was man als Werber für ein Frontschwein sein muss, bezweifelt niemand. Beherzigen wir es also auch für Blogs.

Let’em Swing

Parental advisory: Contains denglisch lyrics.

Ich fühle mich diskriminiert. Im Laufe harter, aber kommunikativer Jahre ist unter Aufbietung aller Waffen der Emanzipation ("Wir müssen reden!") bis zu unsereinem durchgesickert, dass Brüste eher unpraktisch sind, wenn man sie den ganzen Tag dabei hat. Und was passiert? Wonderbras reichen wohl nicht? Eifrig werden “Bounce-ometer” erfunden, um mammale Bounce-Koeffizienten zu eruieren.

Wo bleibt das Schwingometer für die wirklich wichtigen Organe? Angenommen, ich hab jetzt doch den Längsten im Lande – woran kein begründeter Zweifel besteht – wird es der Industrie für Herrenunterwäsche egal sein, ob er mir beim Radfahren in die Speichen rattert, gell? Geschieht ihm doch recht, dem Macho, was gurkt er auch durch die Gegend, statt bouncearmes Yoga, Weight Training zu machen. Size does ja sowieso not matter, und one size fits all.

Hat im Bouce-ometer schon mal jemand was anderes als Größe FF+G angeklickt?

Bildung für das Jungvolk

Die Würzburger Geburtskliniken tun den richtigen Schritt und stiften werdenden Eltern ein Bücherpaket: ein Bilderbuch, einen Leseausweis für die Bibliothek, eine Broschüre über Leseförderung bei Kindern und eine Messlatte fürs Kinderzimmer.

Wo es hinführt, wenn derlei kulturelle Sensibilisierung vermisst wird: Irgendwann meinen Jungs wie "Sonnenlischt" tatsächlich, sie könnten Musik machen – und sie glauben es ernsthaft. Das ist durchaus ein internationales Problem.

Als Erwachsene glauben manche immer noch, sie könnten Deutsch. Hoffentlich halten die Würzburger Kinderzimmermesslatten lange genug, dass man solche damit verprügeln kann.

Offenheit und Business-I-networking – wie verträgt sich das? Die Gefahren des Web 2.0

Zur Einstimmung, was uns die Zukunft bringen kann, wenn wir nicht aufpassen.

Das hochgelobte und vielstrapazierte Wörtchen "Networking" im Internet  – die verschiedenen Ansätze und was sie bringen, oder auch nicht (Quelle: Zitatsprengsel aus brand eins) http://www.sixtus.net/article/452_0_2_0_C/ :

"Lars Hinrichs glaubt nicht an Netzclubs mit derart strikten Regeln. Das
darf er auch nicht, denn seine Konkurrenz-Plattform Open Business Club
(OpenBC) verfolgt die entgegengesetzte Philosophie. „Wir sind
überzeugt, dass die Zukunft in offenen Netzwerken liegt“, sagt der
Hamburger. Tatsächlich gleicht OpenBC eher einer Party, auf der jeder
Gast seinen Lebenslauf und seine Arbeitszeugnisse mit sich herumträgt,
als einem elitären Business-Zirkel, zu dem nur Geladene Zutritt haben.
In den Standardeinstellungen gibt es bei OpenBC keinerlei
Kommunikationsbeschränkungen. Innerhalb des Systems wuchern obendrein
etliche Diskussionsforen und Clubs. OpenBC erinnert somit manchmal ein
wenig an die Online-Communities der späten Neunziger."

[…]

"Wenn Konstantin Guericke [LinkedIn] über offene Netze spricht, dann nimmt er gern
das Wort „Qualitätsflucht“ in den Mund. „Gerade Leute aus dem gehobenen
Management verlassen fluchtartig eine Plattform, wenn sie dort zu sehr
genervt werden“, sagt er."

[…]

"„Es stellt sich die Frage, ob Wissen zu teilen – und Kontakte sind ja
Wissen – eher einen Verlust oder einen Gewinn darstellt“, sagt Thomas
Burg. „Heute tendieren viele Menschen dazu, darin eine Chance zu sehen.
Es findet gerade ein Paradigmenwechsel, ein Kulturwechsel statt, der
auf dieser breiten Ebene vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen wäre.“
Der französische Internet-Unternehmer Loïc Le Meur pflichtet ihm bei:
„Früher wollten die Geschäftsleute alles geheim halten. Das Adressbuch
war angeblich das Unternehmenskapital und ähnlichen Quatsch hatten sie
im Kopf. Es geht um eine Gegenbewegung dazu: Offenheit, Transparenz,
Klarheit. Es geht darum, die Open-Source-Idee auf die Geschäftswelt
auszudehnen.“

Konstantin Guericke klingt da weit weniger revolutionär: „LinkedIn
zeigt, dass die Geschäftswelt ein viel kleinerer Ort ist, als die
Menschen allgemein glauben. Ich hoffe, die Leute ziehen daraus den
Schluss, dass es das Beste ist, sich wie in einem Dorf zu verhalten, wo
man sich nicht verstecken kann und ständig mit den Konsequenzen seiner
Handlungen konfrontiert wird.“ —

————————————————————————

Dieser Artikel aus brand eins ist jetzt genau ein Jahr alt. Wie wahr.

Meine derzeitige Erfahrung als openBC-Mitglied ist die von Guericke. Und ich gehe, undiplomatisch wie ich bin, noch einen Schritt weiter: "Wer überall ganz offen ist, ist irgendwo nicht ganz dicht."

Und zwar sowohl privat als auch gerade im Business. Man kann sich mit nichts mehr schaden als alle Geschäftskontakte offenlegend, vollkommen transparent und vollkommen naiv diskutierend durchs Internet zu wandern, das betrifft die Datensicherheit, die bei interaktiven System wie der social software noch arg in den Kinderschuhen steckt oder gänzlich – bewusst? –  ignoriert wird (wem gehören die Daten, die Informationen, die ich interaktiv liefere, dem Hostserver oder mir, darf der Host sie und mein Profil einsehen, darf er sie gar weitergeben – ich denke nicht), und das betrifft auch wertvolle Informationen, die ich durch meine Vorlieben, Sprachfarben und Wortverwendung unfreiwillig, unwissentlich gebe. Indem ich mich zum Beispiel offen (wie es sich angeblich für einen modernen Menschen gehöre) zu Themen "Was ist für mich nachhaltiger Erfolg" oder gar zu Grenzwertigem wie "Was bringt Frauen ins Rotlichtviertel" äußern würde. I don’t. Was wäre, wenn man ein Psycho-Profil von mir aufgrund meiner Sprachmuster macht und mir plötzlich reihenweise Berater jedweder Kulör aus meinem Netzwerk ungefragt ihr Ohr leihen, freundliche PNs schicken – weil ich als Einzelunternehmer vielleicht software-erkanntermaßen verzweifelt und allein mich fühle – meine mögliche Hilflosigkeit und Drang nach "endlich finanzieller Erfolg" ausnützen und anschließend ihre überteuerten Psychokurse andrehen? Die Software dazu gibt es längst. Dazu auch folgender Zeitartikel über die wachsende Grauzone zwischen Wirtschaft und Psychologie/Spiritualtät/Sekten http://www.zeit.de/archiv/2001/16/200116_glauben_psychofi.xml?page=all

Auszug aus der ZEIT: »Dieses Institut« ist nur ein Beispiel eines neuen Phänomens. Nach der großen
Zeit von Hippie-Sekten (Siebziger) und Scientology (Achtziger) wächst eine neue
Generation von so genannten Psychokulten heran. Die New Economy ist der perfekte
Ort, um leichtgläubige Opfer zu finden: Sie tarnen ihre Mission als
Persönlichkeitstraining. Die Ausbildung reicht nicht mehr aus, proklamieren sie,
lebenslanges Lernen auch nicht, es gehe um den vollen persönlichen Einsatz in
der Arbeit, um emotionale Intelligenz, Kreativität, Teamgeist. Der Markt boomt
für persönliches Coaching. Hier hat sich eine Tür geöffnet für Gruppen, die
irgendwo zwischen Esoterik und Psychotherapie operieren, denen es aber gar nicht
um die Weiterentwicklung der Persönlichkeit geht. Sie wollen eine langfristige
Beeinflussung, es geht um Geld und Macht."

Fazit: Mein derzeitiger Status bei openBC: noch Premium-Mitglied, aber "pending" (von meiner Seite aus]. Oder wie Uralt-Schlitzohr Beckenbauer sagte. "Schaun mer mal und gucken dann."

Das Imperium Vroni beobachtet jedenfalls zurück. Was alle Aktivitäten und Hypes des sogenannten Web 2.0 betrifft. Es gibt in meinen Augen keine Schwarmintelligenz durch grenzenloses Weitergeben von Wissen, das ist ein Hype und zwar ein dummer, um uns zu verführen uns zu offen preiszugeben. Es gibt nur menschliche Schwarmdummheit. Denn sogar im Schwarm sind uns die Viecher über.

Interkulturelle Kompetenz römisch zwei: Schweden

Nachdem sich Dänemark erfolgreich als Exportland für Kulturgüter diskreditiert hat, der unvermeidliche Blick nach Schweden: Da verkaufen sie jetzt Vergnügungstüten.

Obwohl das Präservativ in seiner heutigen Erscheinungsform schon 1855 von Charles Goodyear eher als Nebenprodukt eingeführt (sic) wurde, ist das Neue daran: Die schwedische Vergnügungstüte besteht aus was anderem als Hartgummi oder Schafsdarm. Hält wahrscheinlich auch länger.

Und der erste offzielle Porno für Frauen stammt dann doch wieder aus Dänemark.

© 2024 Freitag! Logbuch

Theme von Anders NorénHoch ↑