But in a last word to the wise of these days let it be said that of all who give gifts these two were the wisest. Of all who give and receive gifts, such as they are wisest. Everywhere they are wisest. They are the magi.
O. Henry: The Gift of the Magi, 1906.
Heuer schenken wir uns nichts. Uns schenkt auch keiner was, und wer hat schon was zu verschenken. Heuer schmeißen wir lieber mal Sachen raus, die uns vom Wesentlichen abhalten. Als erstes sparen wir uns das Merchandising zum Thema Lebensvereinfachung, zumal ich den Thoreau vor Jahren für eine Mark (und nicht etwa einen Euro) auf dem Ramsch erwischt hab, von dem haben noch unsere Enkel was.
Gewinner der Weihnacht 2008 wird Moritz: Ich werde ihm endlich die Ecke freiräumen, die er für seine Janosch-Decke braucht und die bislang von meinem Plattenspieler belegt wird. “Auf modern machen und dann mit LPs hantieren”, mault Moritz, “ist auf deinen Myspace-Kapellen jetzt auch schon Abspielschutz drauf?”
“Katzen sind ja so gemütlich und romantisch”, maule ich zurück.
“Deine passiv-aggressive Argumentationsweise kannst du dir für deine Frau aufheben”, schließt Moritz ab und bestellt noch Brathendl mit Reis an Sahnesauce.
Dass ich anno 1990 der letzte Mensch in Nordbayern war, der von LP auf CD umgestellt hat, zählt heute nicht mehr als Romantik und Loyalität zur wichtigen Musik, sondern als Rückständigkeit in geradezu selbstverletzerischem Ausmaß. Dabei hab ich es in all den Jahren nie geschafft, auch nur die Skirl o’Carson von meinen alten Nürnberger Lieblingsiren Carson Sage aufzutreiben: 1991 bei den Fürther Musical Tragedies in einmaliger Auflage von tausend Stück gepresst, nie als CD erschienen, schon auf den ersten paar Konzerten rettungslos vergriffen, während ich für die Uni gelernt hab. Das Leben besteht aus verpassten Gelegenheiten.
In der Nacht vor Heiligabend lagere ich meinen Technics-Turm an einem stillen Waldstück zwischen, an dem es nicht drauf ankommt. Mir blutete das Herz, wenn nicht so ein schneidendes Sauwetter wäre.
Am Heiligabend selbst sorge ich für die nötige Weihnachtsstimmung, indem ich ein paar Youtube-Videos mit Weihnachtsliedern bookmarke, damit ich sie nacheinander aufrufen kann. Schon praktisch: Die Spieldauer hält viel länger vor als eine LP, wenn man sie alle drei Minuten anklickt, die Sounddateien knacksen nicht und wiegen keine fünf Tonnen, die man vor und nach jedem Anhören abstauben muss. Wenn es kein DSL gäbe, die Hardcore-Romantiker unter uns müssten es erfinden. Moritzens neuer Schlafplatz mit seiner Janosch-Decke erstrahlt nicht gerade in weihnachtlichem Glanze, aber immerhin abgestaubt; Weihnachten ist ja die wenigste Zeit des Jahres.
Als Moritz die Zeit für die Weihnachtsbescherung geeignet hält, springt er mir mit allen vier Pfoten auf den Bauch und schiebt sich vors Buch. “Hier wird nicht auf urbane Konsumverweigerung gemacht”, schnarrt er, “es ist der Heilige Abend, die Nacht, in der Tiere Musik verstehen.”
“Sie verstehen Musik? Und das ist jedes Jahr?”
“Man könnte glauben, es ist dein erstes Weihnachten.”
“Nein, aber Musikverständnis ist mir bisher noch selten bei anderen Viechern außer mir aufgefallen.”
Moritz, unwillig zu wohlfeilen Sophistereien, lotst mich ins Bescherungszimmer. Dass er eigenmächtig Türen öffnen kann, hinter die er nicht soll, wusste ich. Auf meinem abgestaubten Janosch-Deckenplatz prangt groß und bunt: die Skirl o’Carson.
“Moritz, mein Moritz”, sag ich, “das ist der Platz für deine Decke!”
“Die Janosch-Decke? Vergiss die. Hab ich für deine Carson-Platte eingetauscht. Ein Blogkumpel war so freundlich, der hat die seit 1992 nie angehört und ist inzwischen sowieso eher im Alter für Jazz.”
“Du hast deine Janosch-Decke hergegeben?”
“Für dich, o mein Meister der Dosenöffner.”
“Und dich gar nicht gewundert, wo mein Plattenspieler hin ist?”
“Doch, schon irgendwie. Und was mich deine Renovierungsanfälle interessieren, ist dir bekannt.”
“Stellen wir die Platte halt jetzt schön vor die anderen. Ist ja ein schönes Bild drauf. Das können die wenigsten Youtubes ersetzen.”
“Und ich schlaf jetzt immer bei dir im Bett.”
“Halleluja.”
“Frohe Weihnachten, Meister.”
Es gab dann noch Brathendl mit Reis an Sahnesauce.
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An dem alten Tränendrüsentorpedo (sprechen Sie das mal auf Fränkisch aus…) “Das Geschenk der Weisen” hat mich dramaturgisch immer gestört, dass Della sich die Haare ohne weiteren Aufwand wieder wachsen lassen kann (“Es wird wieder wachsen — du nimmst es nicht tragisch, nicht wahr? Ich musste es einfach tun. Mein Haar wächst unheimlich schnell.“), aber Jim seine goldene Uhr nicht.
Bitte nichts Selbstgemachtes und keine Aktien. Am sichersten sind Überweisungen. Unter unserer bekannten Münchner Adresse werden Geschenkgutscheine und Bargeld entgegengenommen. Am besten in großen Scheinen, das spart Porto.
Bild: Randall Munroe: Theft of the Magi, Dezember 2008.
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