Ungekürzt, weil es so schön ist.
Meine Herzensaussagen in Rot.
Mir egal, ob’s aufgewärmt und älter ist. Es ist richtig, und man kann die folgenden Statements nicht oft genug wiederholen.
Interview mit Dieter Schneider, der als Business Angel Existenzgründern
in Nordbayern mit Rat und Tat zur Seite steht.
Jedes fünfte junge Unternehmen gibt in den ersten fünf Jahren wieder auf.
Das sagen zumindest die Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums.
Erstaunlich, angesichts des Netzwerkes aus Beratungsleistungen und
Finanzierungshilfen, die es in Deutschland für Existenzgründer gibt.
Was läuft also schief?
Start-up-Unternehmen leiden oft an Selbstüberschätzung. Jedes hat eine
revolutionäre Idee, jedes eine weltbewegende, einzigartige Technik.
Aber neben der Selbstüberschätzung ist die schlechte Beratung von
Dienstleistern wie Wirtschaftsberatern, Werbern oder Investoren ihr
größtes Handicap.
Wo genau sehen Sie die Schwächen in der Beratung der Gründer?
Nehmen Sie Werbeagenturen. Ihre Kampagnen sind meist nur laut, ohne auf
das Produkt einzugehen. Von Marktkenntnis ganz zu schweigen. Und die
Geldgeber richten ihren Fokus nur auf Umsatz und Provisionen. Sie sind
zwar ausgewiesene Finanzexperten, haben aber ebenso vom Produkt und vom
Markt keine Ahnung.
Aber müssen nicht die Gründer selbst ihren Markt kennen?
Das Geld wird am Anfang nicht in große Marktuntersuchungen gesteckt.
[Großer Fehler, Anm. von the missing link.] Hier stehen meist persönliche Erfahrungen
der Gründer hinter den Zahlen. Sie sind das Fundament. Und wenn das schon
wackelt, kann auch das Haus nicht auf festem Boden stehen. Diese Einschätzung
deckt sich übrigens auch mit den Erfahrungen des Businessplan-Wettbewerbes
Nordbayern (BPWN). Fehler, die sich in den Businessplänen schon
andeuteten, sind nach den Worten von Dr. Axel Thierauf, Geschäftsführer
des BPWN, meist der Grund für ein späteres Scheitern des Unternehmens.
Dabei steht die mangelnde Kenntnis des Marktes an erster Stelle.
Existenzgründer sind auf ihr Produkt, ihre Idee fixiert. Nach der
Bewilligung der ersten Finanzierungsrunde holen sie sich „kreative
Agenturen“ ins Haus, die ihr „Baby“ vermarkten sollen, beauftragen sie
Unternehmensberater für die Steuer- und Finanzierungsangelegenheiten.
Echtes Marketing bleibt außen vor. Und am Ende wundern sie sich, dass
der Laden nicht läuft. Der Punkt ist, dass sie keinen Spezialisten im
Unternehmen haben, der sich darum kümmert, wie groß der Markt für ihr
Angebot ist, wer die potenziellen Kunden sind oder wie diese gewonnen
werden können.
Wer oder was könnte da Abhilfe schaffen?
Ob Wirtschafts- oder Steuerberatung, klassische Werbeagentur oder
Venture-Capital-Geber, alle haben nur ihre Einzelinteressen im Blick.
Möglichst schnell mit dem jungen Unternehmen Geld zu verdienen. Würde
einer der Berater genauer recherchieren, sich intensiver mit dem
Unternehmen beschäftigen, würden sie sehr schnell die wirklichen
Verkaufsargumente, die echten Vorteile herausarbeiten und kommunizieren
können.
Ja, denn das Produkt und seinen Markt genau zu kennen, eine Beziehung
zu den Kunden aufzubauen, das ist für junge Unternehmen das A und O.
Ich muss heute mehr denn je meinen Partnern Produkte oder
Dienstleistungen anbieten, die sie wirklich wollen und benötigen. Und
wer es zusätzlich schafft, auf die individuellen Neigungen einzugehen,
schafft erfolgreiche Kundenbindung und langfristige Beziehungen.
Können dabei die Business Angels helfen?
Der Business Angel sollte mit seiner Erfahrung und Fachkenntnis als
Unternehmer den Existenzgründern einen Weg weisen, ihnen beim Aufbau
der Strukturen helfen. Denn die Strukturen müssen bei jungen Start-ups
ganz schnell wachsen – und welcher junge Untenehmensgründer hat sich
schon mit Personalführung oder Buchhaltung und Controlling beschäftigt?
Wichtig wäre aber auch, dass sie Ideen und Ansätze verknüpfen, um diese
auf Marktrelevanz zu prüfen. Doch Marketing-Fachleute sind auch bei den
Business Angels Mangelware. Apropos Business Angel: Bei manchen
Beratern wäre Business Devil die treffendere Bezeichnung. Es ist also
ganz wichtig, genau zu prüfen, von wem man sich beraten lässt.
Gibt es da ein Gütesiegel?
Um die Spreu bei den Beratern vom Weizen zu trennen, gibt es diverse
Netzwerke, wie etwa die Nordbayerischen Business Angels. [Als alte Oberfränkin unterstütze ich das, Anm. von the missing link.] Wer hier tätig
werden will, muss zum einen ein Profile Sheet ausfüllen, zum anderen
einen Fair-Play-Kodex sowie eine Vertraulichkeitserklärung
unterzeichnen. So können sich Start-ups schon frühzeitig und fundiert
informieren, können sie sich sicher sein, dass die Business Angels
vertrauenswürdig sind.
Heutzutage hört man besonders viel über junge Dot-com-Unternehmen, die
Schwierigkeiten am Markt haben. Wie schaffe ich es denn, etwas
Abstraktes wie einen Internet-Service an den Endverbraucher zu bringen?
Untersuchungen zeigen, dass 80 Prozent der Bevölkerung die Werbung
junger Dot.coms nicht verstehen. Gerade die Online-Marken müssen aber
alles daran setzen, emotionale Haltepunkte zu bieten, Vertrauen zu
schaffen und Sicherheit auszustrahlen. Und das in sehr kurzer Zeit,
denn die neuen Online-Marken haben nicht das finanzielle Polster lange
auf den Erfolg warten zu können.
Können denn da die Existenzgründer, die jetzt anfangen, nicht von den
Erfahrungen derer profitieren, die schon länger im Geschäft sind?
Ja, seit einiger Zeit stellen sogenannte Boomerangs ihre
Beratungsleistungen zur Verfügung: Das sind Unternehmer, die mit Ihrem
ersten Dot.com- oder Start-up-Unternehmen gescheitert sind, aber eine
Menge Erfahrung im Umgang mit Geldgebern, Beratern und dem
Start-up-Milieu haben. Ihre Erfahrungen anzuzapfen, sie einzubinden,
wird in Zukunft ein immenser Vorteil für Gründer sein.
Haben Sie zum Schluss noch einen Tipp für junge Leute, die sich jetzt auf eigene Füße stellen wollen?
Ob New oder Old Economy – im Grunde gilt eine ganz alte Weisheit: Man
kann nur verkaufen, was der Markt wirklich fordert oder wofür ich
Märkte schaffe.
Dieter Schneider ist Regionalsprecher der
Nordbayerischen Business Angels und Geschäftsführer einer Werbe- und
Marketingagentur in Würzburg.
Quelle: Fokus.msn.de
Die Werbe- und Marketingagentur heißt Buena La Vista und hat sich vor kurzem ein nettes Eigentor mit ihrem nicht ganz uniquen White Label geleistet. Aber wahr und richtig sind die Statements des Gründers Herrn Schneider allemal, das möchte ich betont würdigen, anerkennen und weitergeben.
Es sind auch meine Erfahrungen und die meines Mannes im Umgang mit jungen Kunden und Gründern:
Eine saubere strategische Profilierung fehlt meist, und deren vorhandene Werbung kommuniziert sie zwangsläufig dann auch nicht. Es wird zu viel in lyrische Verschlüsselung gesteckt, oft Eigenbau, das nennt man dann “kreative Texte” (sind sie nicht, sie sind einfach: Bullshit). Mit Verlaub.
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