“Was haben wir eigentlich noch nie im Auftrag geliefert?”

“Wir haben schon immer alles geliefert. Ohne Verzug und hoffnungslos überbilligt.”

“Ja, aber was war noch nie dabei?”

“Hm … Ein Versepos in mehr als vierundzwanzig Gesängen?”

“Stimmt. Wir werden ins Grab sinken müssen, ohne das Sequel zur Odyssee geschrieben zu haben.”

“Du vielleicht.”

“Wieso, würdest du gern?”

“Nö, wozu denn. Mir reicht der Film.”

“Unterschätz das nicht. Der Nibelungen-Film dauert knapp drei Stunden.”

“Sind ja auch gleich 39 Gesänge.”

“Aventüüüüüren.”

“Stimmt, ist ja Stummfilm, da singt ja keiner.”

“In der Odyssee singt auch keiner, die werden gesungen.”

“Machen wir halt den Stummfilm, da sparen wir uns die Dialoge.”

“Sag bloß, Fritz Lang hat ausgerechnet die Odyssee als Film ausgelassen?”

“In echt schon. Bei Godard hat er wenigstens so getan.”

“Das ist die Lösung: Wir tun bloß so.”

“Dazu müsste man schon Fritz Lang sein.”

“Irgendwas ist ja immer.”

“Du willst nicht wirklich ein Drehbuch ohne Dialoge schreiben. Wie soll das gehen? ‘Odysseus steigt vom Berge Sinai herab und tut so, als ob er Sein oder Nichtsein aufsagt. Dann tut er so, als ob er sich von Kriemhild verabschiedet, um auf der Bounty das Goldene Vlies zu erbeuten’ …”

“… ‘Statt dessen bleibt er aber in Auerbachs Keller hängen und tauscht den Einen Ring gegen ein Tischlein-deck-Dich”, ganz recht.”

“Jedenfalls tut er so. Das werden mindestens sechs Stunden.”

“Heute hat man sowieso eher Fernsehserien zum Binge-Gucken.”

“Braucht eigentlich jede Folge einen eigenen Konflikt?”

“Nicht, wenn du genügend Cliffhanger baust. Immer einen zur nächsten, und yippi.”

“Nein, keine Scripted Reality mit Werbeunterbrechungen.”

“Hätten wir auch noch nie gescriptet, so eine Reality …”

“Man trifft ja selten reale Leute.”

“Realität ist überschätzt. Die haben bloß irgendwelche romantischen Schwärmer Ende des Achtzehnten in die Literatur reingezerrt.”

“Für ein Drehbuch reicht aber heute kein einzelner Quotenneger mehr.”

“Nehmen wir halt Inder. Da gibt’s immer bloß einen einzigen pro Film, und die haben sich nicht so wegen dem Blackfacing.”

“Copperfacing? Noch nicht. Die lernen ja schnell, die Inder.”

“Am besten, du schickst eine arbeitslose lesbische Jüdin im Rollstuhl gegen einen alleinerziehenden Pädophilen aus Eritrea los.”

“Dann brauch ich die sechs Stunden erste Staffel schon für die Exposition.”

“Irgendwas ist ja immer.”