Nachdem aus dem Schillerjahr auch so langsam die Luft raus und die Frankfurter Buchmesse so geruchlos wie immer verdampft ist, kann man sich ja mal besinnen, was sonst noch so los ist, literarisch.
Wer mal richtig lange lesen will, wende sich an die Russen. Bei Krieg und Frieden hat schon der Film genervt, "Schuld und Sühne" finden die Buchhändlerinnen nicht mehr, seit es "Verbrechen und Strafe" heißt, Gogol ist zu albern und Turgenjew zu depressiv?
Dann ist es jetzt günstig: Daniil Charms lesen! Geboren am 17. Dezember 1905 – hat also gleich seinen Hundertsten -, 1944 im Knast verhungert, und dazwischen hat er sich angenehm kurz gefasst. Und es gibt dauernd was zu lachen.
Richtig in war er nie. Lang kann’s aber nicht mehr dauern, bis er entdeckt wird, weil sein Übersetzer gerade das letzte Material von Tschechow durch hat. Diogenes wird sich also was anderes überlegen müssen. Und wer gleich zuschlägt, wird in zwei Jahren sagen können: "Hey, ich hab Charms schon gelesen, als es noch cool war!"
"Was zu lachen" bedeutet wie immer, wenn wir über Qualität reden, ein Lachen unter Tränen. Schlagen wir wahllos irgendwo auf:
Gestern zum Beispiel kam Olejnikov zu mir und sagte, er habe sich völlig in den Fragen des Lebens verheddert. Ich gab ihm ein paar Ratschläge und entließ ihn. Und er ging, von mir beglückt, von dannen, in seiner allerbesten Laune.
Die Menschen sehen in mir einen Halt, wiederholen meine Worte, bestaunen mein Tun, Geld zahlen sie mir aber keins.
Dumme Menschen! Bringt mir lieber Geld, und ihr würdet sehen, wie froh ich darüber wäre.
Aus: Fälle.
Ist das wertfreie Blödelei? Ist das Satire? Es ist das Schreiberleben.
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