Bewirtschaftet von Vroni und Wolf

Kategorie: Es gibt ein Leben nach der Werbung (Seite 4 von 4)

September in München

Man kann es sich so schwer nicht bildlich vorstellen, wie die Kundenberater in den Werbeagenturen ihre Kreativen zu einem Meeting einbestellen, ihr Armanigewand glattstreichen und hektisch flüstern: “Wir müssen was zur Wiesn machen!”

Ach Gott, ja, die Wiesn. Schon wieder dieser Zweitfasching mitten im Weihnachtsgeschäft, ungefähr die dritte oder vierte fünfte Jahreszeit des Jahres.

“Was sollen wir denn jetzt noch machen?” heißt es da. “Eine Anzeigenstrecke wird ja jetzt wohl bissel knapp, nä.”

“Blödsinn Anzeige. Print oder was! Wir leben doch nicht in den Neunzigern. Heute ist Networking, wir holen unsere Zielgruppe da ab, wo sie steht!”

“Heißt das…”

“Genau das heißt es. Wir treffen uns alle nach der Arbeit am Wiesn-Haupteingang.”

Damit sieht man sie aus dem Meeting-Room auseinanderstieben, wieder an den Internet-Tropf, und dann bestellen sich die kreativen Köpfe a Gwand vom Sepp aus Stamsried, der Rest, der Geld verdient, holt sich bei der Anreise schnell eine komplette Kluft beim Angermaier an der Donnersbergerbrücke, weil die ja nur eine Station von der Hackerbrücke weg ist, an der man zur Wiesn sowieso aussteigen muss, und außerdem haben die das hipste Eingangsbild auf der Site. Vor dem Meeting, nein: dem Date am Haupteingang noch schnell auf dem Klo, solange man da noch einen Platz kriegt, die Preisschilder mit dem Maniküre-Nessessär abschneiden.

Ein weiterer Vorteil an einer Zwei-Mann-Agentur: Man kann die gesamte Oktoberfestzeit entlang seiner Arbeit nachgehen. the missing link, Ihre Lieblingsagentur für Brauchtum und Fortschritt, bleibt nämlich auch heuer zu Hause; das ist ja so ein grundbayerischer Wesenszug.

Soundtrack: Haindling (Rammstein should be seen, not heard).

The Kids Are Alright

Bei all den Generationen, die unseresgleichen seit Douglas Coupland, 1991, ausgerufen hat (Generation X, Generation Golf, Generation Praktikum, die mehr oder weniger das gleiche wie die >Generation Prekär sein muss, Generation dot.com, die mehr oder weniger das gleiche wie die Generation Y sein muss, Generation Ally, Generation XXL), fehlt mir irgendwie eine Generation 2.0.

Lächerliche 23500 Google-Ergebnisse. Bis sich die durchsetzt, ist nicht mal eine Frage der Zeit, sondern des PR-Budgets desjenigen, der sie durchzusetzen gedenkt.

Sinn und Sinnlichkeit

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Eine Antwort an Christof Hintze zu Chancen Optionen Stärken Möglichkeiten
(manueller Trackback…)

Eine reine Welt der guten, angenehmen Emotionen…

Gerade hat hier im Hinterhof jemand einen uralten italienischen Schlager aufgedreht. Hach war das herrlich.
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Ich habe mich ein bisschen mit der Whitelist beschäftigt und dem
Kerngedanken daraus, dass die Menschen sich sowieso nie rein rational
entscheiden, weder zu einem neuen Tafel-Service noch zu einem neuen
Dienstleister. D*accord, schonschon.

Der gedankliche Fehler, der sich da eingeschlichen haben könnte, ist,
dass das Gegenteil von "rational" eben genau nicht nicht "emotional"
ist, sondern "irrational". Ich würde "emotional" also nicht so als
Gegensatz aufbauen (damit wird es entwertet und in Richtung irrational
getrieben), sondern als wunderbaren zweiten Verstand, der immer dazu
gehört.

Rational und emotional gehen perfekt zusammen, sie sind keine anderen Welten.
Hirnforscher wissen das.

Und wenn man das auf ein Empfehlungssystem überträgt, muss man wissen,
dass die reine Ratio (auch sie eine Fiktion, gibt es die reine Ratio?)
immer die sozial-psychologische Komponente sucht, ja dringend braucht.

Und ab da haben alle Systeme, die auf virtuellem Gebiet installiert
sind, einen horrenden Nachteil: Man kann sich nicht riechen (merken Sie
was?), man kann sich nicht spüren, man kann keine unsichtbaren, aber
genau die wichtigen Signale aussenden.

Daher ist für mich ein Netzwerkgedanke, der umfassender ist als ein
reines Brauggsdu-Kriggsdu- Abchecken, immer besser im real life
angesiedelt. Im Internet ist eben genau die wunderbare
Gefühlsverstand-Komponente ausgeknipst = alle wunderbaren weiteren
Kanäle, um sich zu verständigen, fehlen. Der Rechner bietet einem
umfassend gepolten Verstand, der viele Antennen hat und viel wahrnimmt
(einem Gefühlsverständigen), überhaupt nichts. Nur Bilder (die nicht
echt sein müssen und oft genug auch falsch sind), nur Texte, bei denen
es oft schwer ist, die ganzen Inhaltsebenen einzuordnen, die sie
anbieten. Der Gebrauch von emoticons ist im Netz nicht spießig, sondern
weise, weil man sich auf nur rein textlicher Ebene extrem missverstehen
kann, wie wir alle sicher schon erfahren durften. Es fehlen Betonungen,
Akzente, ein Lippenkräuseln, ein Blick von der Seite. Da fehlt alles.

Daher ist für mich das Internet nur ein rudimentäres und sehr fehlerhaftes Mittel zur Akquise. Um die geht es doch. Im Internet findet nur da erfolgreich Akquise statt, wo die Leistungen
klar und einfach beschreibbar sind. Ergo sind sie dann auch
vergleichbar. Und wo vergleichbare Leistungen angeboten werden,
herrscht ein reiner Preismarkt und der Untergang der Idee.

Das, worauf Sie raus wollen, dem Kunden die Qualität der Idee
herauszustellen, wichtiger als stupide technische Umsetzung, und sie
als wichtigen Grundstein Ihrer eigene Arbeit anzubieten (was ich gut
finde), geht im Netz daher… schlecht.

Nutzen Sie für Ihre eigene Sache mehr Wahrnehmungskanäle als das dröge
Internet und machen Sie… Seminare, Events. Denn Sie sind keine
Schraubenfabrik und verkaufen keine Schrauben.

Und zwar keine dieser trockenen Powerpointvorlesungen oder dieser
unglaublichen IHK-Seminare (I know), sondern mit Schmackes und
Aha-Effekt. Ich bin sicher, Sie haben es drauf. Mit den Leuten, die
jetzt schon von Ihnen begeistert sind, ein Netzwerk halten und weiter
ausbauen.

Eine, die nicht mehr im XING ist…

Hokus Pokus Viribus

Viral ist die Zauberidee ( und sprichst du nur das Zauberwort…), wenn das Budget schmal ist und man trotzdem Bekanntheit möchte. Denn es verkörpert auf geniale Weise, wie Internet funktioniert: Der gelangweilte Lebens- und Büroslacker hüpft freiwillig drauf und amüsiert sich prächtigst zu Tode und erzählt das auch noch von selber weiter (der Depp als Viruswirt…).

Leider erzählen irgendwelche komischen Web 2.0 Unternehmensb(e)rater-Gurus, die sich als Freud-Epigonen wähnen, in Wirklichkeit aber aus der Ecke Informatik kommen, absoluten Kommunikations-Blödsinn: Witzig sei nur, was als Tabubruch daher käme. Und KMU fallen darauf herein. Nur weil Papa Freud mal erzählt hat, dass ein wirklich guter Witz nur dann ein echter Knaller ist, wenn er ein Tabu berührt.

Logisch: Wir lachen am meisten über das, was uns weh tut. Witze über Schwiegermütter und über Chefs lehren uns das.

Die sogenannte logische Umkehrung aber, dass alles, was ein Tabu bricht, automatisch dann auch witzig sei *zurücklehn*, ist ein Fehlschluss. Der nur aus der Mathematiker- und Informatik-Ecke kommen kann. Rührt euch, wenn ihr Mumm habt, ihr lebensfremden Kommunikationsversager! *french kiss aber auch*.

In Wirklichkeit ist Humor aber immer ein zweischneidiges Schwert. Man muss sich fragen: Funktioniert auch der Witz sozial? Passt er fürs social web? Oder halte nur ich ihn für witzig, weil ich gern primitive und unkorrekte Witze höre? Und das ist viel komplexer als eine mathematische Gleichung, die in ihrer Welt der emotionslosen Zahlen immer und komplikationslos als simple Umkehrung funktoniert: a = b, also ist b = a. True = true;  false = false.  Oder für die Fans des Pythagoras:

a² + b² = c². Also ist  

Wunderbar.

Nur: Wenn ich Tabus wie Porn, Sex, Inzest, Betrug oder den Furz zum Inhalt meiner viralen Spots nehme, ist der dann auch wie die Umkehrung der mathematischen Gleichung auch gleichzeitig immer witzig? Eine Witzischkeitsgarantie?

Nä. Auf dieses Idee, diese schmale logic fuzzi Brett, können echt nur Mathematiker und Ingenieure kommen, oddr? Falls Werber (Berufskommunikatoren, hach) drauf kommen, dann sind sie entweder windelweiche Ja-Sager oder blöd in der Birne und haben ihren Beruf verfehlt. Weil sie Ihre Kohle wollen und kaum fragen: “Zahlt das auch auf Ihre Marke ein?”

http://www.werbeblogger.de/2007/06/19/pariser-duft/
http://www.werbeblogger.de/2007/05/16/happy-fathers-day/
http://the-missinglink.blogs.com/logisches/2007/06/westaflex-is-ov.html
http://www.werbeblogger.de/2007/03/18/jvm-weis-genau-was-hinten-raus-kommt/

OK, jetzt habe ich es mir mit Ingenieuren und Mathematikern komplett verdorben. Dabei war ich sehr gut in Mathe und eine meiner besten Freundinnen im Gym ist Mathematikerin geworden. Ich liebe Mathematiker! Und Bach. Manchmal, wenn von Glenn Gould gespielt. Aber das war auch nur so ein furzender Verrückter… Und wenn der Web 2.0 Käse vorüber ist, wird es darüber ein fettes Buch von T. C. Boyle geben wie damals das “Grün ist die Hoffnung” (World’s End.  New York: Viking, 1987.) und “Willkommen in Melville” (The Road to Wellville.  New York: Viking, 1993). Eine Glosse über inkompetente Ernährungsgurus und windige Geschäftemacher.

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Fetter Rat an Kosten sparen wollende KMU: Holt euch Leute, die wirklich was vom Witz verstehen, Informatik-Professoren und Web 2.0 Gurus sind es jedenfalls nicht, die den Tabubruch wie Porn, Splatter, Vergasung zur heiligen Kuh erheben wollen. Informatiker haben null Humor und begreifen als soziale Autisten absolut nicht und nie mehr in diesem Leben, warum nur Harald Schmidt und Polen Polenwitze machen dürfen. Und Web 2.0 Gurus haben nur ihr eigenes Beratergeld im Kopf. Ihnen ist es wurscht, ob Sie sich blamiert haben. Logisch mal  wieder: Es ist nicht ihr Geld, sie stehen nicht in der Verantwortung.

Zweiter fetter Rat an KMU:

Bester Humor ist: Selfirony. State of the Art, wie Engländer und englisch schnackende Länder wissen. Nichts ist dumpfer und peinlicher als deutscher schenkelklopfender Anal-Humor. Nichts ist sympathischer als souveräne Selbstironie wie in einer Anzeige der Hilfsgemeinschaft für Blinde und Sehbehinderte:

Was sagt ein Blinder wenn man ihm Schleifpapier gibt?

“Verflucht, ist das aber klein geschrieben!”

.° .; : .: °: .; .; :: ;.. ‘

 

OSTERdesEInER

Keine Ahnung, welchen Marketingerwägungen der Ostereintrag vom letzten Jahr geopfert wurde. Muss man halt heuer nochmal den Osterhasi verlinken, der selbstverständlich mindestens doppelt so "süß" wie Knut ist.

the missing link, Ihre Lieblingsagentur für dicke bunte Eier, wünscht also allen Kunden und denen, die es noch werden müssen, ein gedeihliches Osterfest.

Vorsicht: Am Montag können Sie im Bett bleiben, wofern Sie nicht gerade Notarzt, Serviertochter oder Werber sind, da ist nämlich auch Feiertag. Das vergisst sich immer so leicht. Die Biergärten sind geöffnet, in München sogar beheizt.

Bloggerszene in Wirklichkeit ohne Einfluss

Der Beweis ist der heutige Bericht der FAZ
Aktuell > Wirtschaft > Hintergründe > Internet > HL: "Bildblog und Spreeblick führen Blog-Rangliste an." Autor: Holger Schmidt

Mit "Hintergründen" hat das jedoch sehr wenig zu tun. Das Tolle ist, dass die Hintergründe gar nicht erwähnt werden. Der Text liest sich komplett wie von einer PR-Agentur durchgestylt und eingereicht. Logisch, Edelman, der Einreicher dieser Rangliste ist ja auch eine PR-Agentur, wie konnte ich zweifeln.

Alles, was wirklich passiert ist, der Aufruhr unter den käuflichen und nicht-käuflichen Bloggern, dass die pure Anzahl von technischen Links noch lange keinen Rang darstellen (man muss sich mal überlegen, wenn das bei Uni-Elite-Rankings Schule macht, allein die schiere Zahl der Professoren oder der Studenten oder Spendings als Messlatte zu nehmen), die Verzerrung der Statistik durch WordPress-Themes, ihre Aufdeckungsarbeit darüber (werbeblogger.de von 16.10 und rebellmarkt.blogger.de) über den PR-Gau so, als wenn sie für die Welt der Leads, der FAZ-Leser, Marketing- und Wirtschaftsleser  nicht existieren würde.

Für mich der schlagende Beweis, dass Blogger von den Standard-Online-Lesern nicht wahrgenommen werden deshalb, weil sie in diesen Standard Plattformen (SPon, Faz, TAZ, ZEIT) nicht SIND.

Sie sind in ihrer eigenen online-Welt mit viel Vernetzung untereinander, aber mit wenig Vernetzung in die mainstream-online-Welt hinüber, und solange sie nicht über den gleichen Zugriff verfügen wie die großen online-mainstream-Blätter, kann man ungerührt – und nicht ungeschüttelt – sogenannte "Hintergründe" über sie verbreiten, die gar keine sind, sondern eher Weggelassenes oder/und einseitige PR für Edelman-Technorati.

Es wird so sein, wie es immer schon war: Wer die größte Medienmacht und Leserzahl hat, wird gehört, der andere geht unter.

In diesem Fall die Blogger (die sich rühmen, die echte wachsende Gegendemokratie zu sein.)
Eigentlich eine echte Watschn gegen sie.

Aber jetzt Schluss mit dem ganzen Edelman-KÄSE.
Unsere Website wurde am Wochenende gehackt (FTP-hacking). Mag sein scriptkiddies, mag sein Leute, die stört, was ich sage.

Ich will es gar nicht genau wissen.

Edelman: getürkte Geschichte

Immer wieder das Gleiche mit de Bloggers.
Der Sunblogger sieht es auch so.

Wenn Blogger weniger emotional wären, ihren Idealismus gelegentlich reflektieren würden, könnte kein EdelBlödmann dieser Welt einen Schnitt machen.

Aber leider funktionierte es prächtig.

Ich persönlich glaube keinen Deut daran, dass eine PR(!!)-Agentur wie die Edelmann-Verantwortlichen nicht wussten, dass die Stats von Techno_ratti mit Vorsicht zu genießen sind. Das weiß ja sogar ich, und ich blogge noch nicht lange mit meinen spärlichen Links, aber wusste kaum was von … Edel… mann… who is…

Man hat die Blogger erfolgreich provoziert und hinterher das weiße Tüchlein geschwungen, dass man 100% das Gespräch mit der Crème der Bloggerszene suche. Raffiniert. (Leicht unglaubwürdig leider und damit verräterisch, wie sie in ihrem Video in dem lieblosen bis gruseligen Raum die eingeladenen Blogger präsentiert haben: nämlich schlecht. Beispielsweise Nico Lumma sah man beim Vorstellen gar nicht. Deswegen bin ich überhaupt draufgekommen.)

Wer in seiner – sicher sehr ehrbaren – Geradlinigkeit wie der Don nicht verstehen will und kann, was denn zum Deibel die negative Aufmerksamkeit bringen soll:

Auch sie ist erst einmal Aufmerksamkeit und Energie. Ist sie dann da und geschaffen, kann man sie positiv umkehren, indem man den Gesprächsbereiten, Demütigen spielt. Umgekehrt, zuerst und gleich, positive Awareness schaffen in einer Welt der "No news are good news" ist sooo viel schwerer und dauert verdammt lang. Zu lang in der schnellen Welt des Internet.

Schneller geht’s so, und nix anderes haben die Edelmänner gemacht:
– Erst Provokation
– Aufruhr
– Bekanntheit
– dann das Strategem der leeren Stadt KONG CHENG JI
[= Im Jahr 228 n. Chr. erwartete Zhuge Liang, Heerführer des Königreichs Shu, mit nur 2.500 Mann in der Stadt Xicheng den Anmarsch von Sima Yi, den Feldherr des Reiches Wei mit 250.000 Mann. Er ließ seine Soldaten abziehen und die Tore der Stadt weit öffnen. Von den Mauern aus ließ er den Gegner wissen, er "habe keinen Hinterhalt gelegt und verfüge auch über keine Soldaten". Sima Yi kannte ZhugeLiang als listenreichen Gegner. Eine vernichtende Niederlage fürchtend ordnete er den Rückzug an.

Übersetzung: Offenheit im Moment der Schwäche – häufig erfolgreich und entwaffnend. Fehler eingestehen und dafür Verantwortung übernehmen kann entwaffnend wirken.Dem anderen Zeit lassen, sich zu beschweren und negativen Gefühlen freien Lauf zu lassen.]

Zusätzlich kommen damit ganz subtil weitere Strategeme zum Zug, die man auch gleich nutzen kann:

SHENG DONG JI XI.  = 6. Im Osten lärmen, im Westen angreifen

DA CAO JING SHE  = 13. Auf das Gras schlagen, um die Schlangen aufzuscheuchen

[= Kleiner Angriff , um die Stärke des Gegners zu ergründen oder diesen in eine günstige Stellung für die eigentliche Schlacht zu bringen.]

Übersetzung: Stakeholder-Motivationen werden oft durch kleine Provokationen erkennbar, die sie aus einer Haltung des Nichtstuns herausholen. Überhaupt können kleine, unerwartete Aktionen oft zu überraschenden Ergebnissen führen.]

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Das ist alles sehr wahr.
Unwahr ist, dass ich auch nur einen Deut so Typen wie die Edelmänner leiden kann.

Revisited: Zu Gast bei Freunden

Der bisherige Verlauf der Bundesliga (in den letzten 50 Jahren oder so) lehrt uns, dass es noch andere Sachen als Fußball auf der Welt gibt. Hatten wir kürzlich die Welt zu Gast auf dem Marienplatz, haben wir jetzt unseren Gegenbesuch bei den inzwischen abgeschminkten Freunden absolviert. Der Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung gestaltet sich harmonisch.

"Hi!"

"Good noon."

"Where you from?"

"Germany."

"Cool! Where in Germany? I know Germany!"

"Munich."

"Cool! From München! Where in München? I know München!"

"Berg am Laim."

"Beer…? Online…?"

"No beer. A Berg. Berg on the… Mountain on the Glue."

"Cool! That’s not where the Hofbräuhaus is, is it?"

"No. But nice beer gardens."

"Cool! What’s your profession?"

"Carriage businessman."

"…?"

"Speditionskaufmann."

"Cool! What you doing then?"

"I manage the trucks and steer the processes. Lieferscheine and so, you know? That’s where I have my Business English from. For the job, you must be two-speaky."

"This is cool! Are you okay?"

"Oh yes, I believe already."

"Cool! Enjoying your stay?"

"Oh yes, it’s beautiful at you."

"Cool! If I can help you…?"

"No, thank you. We meld us dann."

"Cool! Your English is >excellent!"

"Thank you. Yours, too."

"Cool, thank you! You enjoy yourselves, will you?"

"Yes, will we. Greet God."

"Nazi fuckers."

"Nette Leute."

I Know Where Syd Barrett Lives

Es liegt kein Segen auf dem Mozartjahr: Die Überväter sterben wie nichts Gutes. Bei Robert Gernhardt war’s keine Überraschung nach gleich zwei Gedichtbänden über seine schweren Krankheiten voll seiner eigenen Nachrufe. Den hab ich nicht bebloggt, weil sich da genug andere gefunden haben. Vor solchen Einschnitten ringt man gefälligst um ein bisschen Fassung und hält den Mund.

Und dann hört man von Syd Barrett zum ersten Mal seit 40 Jahren wieder was – und zwar was? Dass er a) 60 und b) tot sei. Über den ist viel Wissen verschütt gegangen; man darf also was sagen.

Seien wir ehrlich: Ein elektrisch hochgezüchtetes Elaborat wie The Dark Side of the Moon wäre unter Syd Barrett nicht möglich gewesen. Dafür hätte das Monument The Wall, das in Wirklichkeit auf eine 80-Minuten-CD passt, unter Syd Barrett nicht unter fünf LPs eingenommen.

Dabei war er nur bei den ersten beiden Platten von Pink Floyd; sein eines Soloalbum klingt gut, das andere sieht gut aus, das dritte war schon gar keins mehr. Ich hab an seiner Musik immer die Art geschätzt, wie er sich Zeit nahm, eine Idee durchzudeklinieren, bis alles gesagt war, und dann erst den nächsten Satz anfing. Es war ein unauffälliger, weil selbstverständlich durchgezogener Grundsatz: Bei ihm durften die Melodien ausreden. Das hat die Pink-Floyd-Besetzung, die man gemeinhin kennt, von ihm mitgenommen.

Für mich fällt dergleichen unter Respekt vor der Musik. Und der Sonntagskiffer auf dem billigen Platz, der grienend was von drogenverzerrtem Zeitempfinden dazwischenquakt, soll sich was schämen.

Was er die letzten 40 Jahre getrieben hat, wissen wahrscheinlich nur sein Vermieter und sein Sozialpädagoge. Sollte er tatsächlich gestorben sein, werden auf seinem Grab keine Rosenbuketts mit Haschisch als Grünzeug hinterlassen und keine Whiskyflaschen ausgekippt. Niemand weiß, wo er gelebt hat, niemand rät, wo er begraben wird, und die minderjährigen Aushilfen in den Tonträgerhandlungen finden seine Platten nicht.

Das ist der Dank für ein angenehm überschaubares Gesamtwerk von fünf CDs. Wie geht’s eigentlich Roger Waters?

Delia bleibt

Soeben erreicht mich die anrührende Johnny-Cash-Biografie vom Rolling Stone.

Nachdem Herr Cash bis 1994 als Hänschen Kleingeld verunglimpft wurde, durfte er im Auftrag eines Punkrock-Produzenten zu einem der ganz wenigen Comebacks, die wirklich eins waren, Kate Moss gleich zweimal erschießen. (Weil es um die denn doch irgendwie schade wäre, hat sie später noch >sehr viel lebendiger gewirkt.)

Daran musste aus ganz & gar nicht aktuellem Anlass auch mal wieder erinnert werden.

Leck mich im Arsch fein recht schön sauber

Nachdem das neue Jahr Reisegeschwindigkeit angenommen hat, erhellt, dass die Welt noch nicht reif für ein Mozartjahr ist. Sinnvollerweise wiederholen wir erst noch das Einsteinjahr, das hat 2005 nämlich keine Sau kapiert.

Dass Hans Moser letztes Jahr 125 geworden wäre, hat natürlich auch keiner gemerkt vor lauter Beteuerungen, was Schiller doch für ein cooler Hund gewesen wäre, wenn Goethe sich schon mit DJs und Globalisierungsgegnern abgegeben hätte. Kaum vierzehn Tage zu spät müssen die alten Rock-Haudegen aus Österreich wieder alles selber machen.

Wo man doch Österreich bisher so schätzte als den weltweit einzigen Landstrich, in dem man guten Gewissens auf einen Kaffee gehen kann, müssen die Wiener Philharmoniker auf einmal Mozart-Klingeltöne einspielen. Zu dergleichen besteht kein Anlass. Zu Mozarts Tauglichkeit für die niedere Kultur hat Falco 1985 alles Notwendige gesagt. Das dauerte einschließlich aller Redundanzen 3:22 Minuten und eben keine 365 Tage.

Im übrigen wäre auch noch Josephine-Baker-Jahr, Brechtjahr, Cézannejahr, Edisonjahr, Heinejahr, Kolumbusjahr, Neandertalerjahr, Rembrandtjahr und Tupacjahr (alphabetisch), und Tschernobyl ist auch schon wieder 20 Jahre her. Aus den 50 angeblich besten Musikvideos 2005 sei ausdrücklich vor dem der Aphex Twins gewarnt. Dafür lachen die Leute immer noch über den besten Blondinenwitz der Welt.

Was Mozart dazu gesagt hätte? Nun, selbstverständlich hätte dieser coole Hund von exaltiertem Superstar seinen B-Dur-Kanon Köchelverzeichnis 233 angestimmt: Leck mich im Arsch fein recht schön sauber (dreistimmig).

Jahresrückblick

Mal im Ernst. 2005 war ja weder das Jahr von Prinz Charles, Kate Moss (schade eigentlich), Mariacarla Boscono (nicht ganz so schade) noch von Beth Orton (ein veritabler Jammer), sondern von Angela Merkel.

Das soll’s dann auch gewesen sein mit den verrenkten Schönheiten. Es heißt „Running Gag”, nicht „Witz mit Lachzwang“.

Und wo wir bei Zwangshandlungen sind, erinnern wir uns an die zutiefst deutsche – auch wenn sie uns vor die Kierkegaardsche Wahl zwischen Ethik und Ästhetik stellt – Parole: „Brot statt Böller“ und wollen sie fein beherzigen. Das ganze Jahr lang werden genug Sachen hergestellt, die zu nichts anderem gut sind, als schnell kaputt zu gehen. An dergleichen auch noch durch künstliche Nachfrage Interesse zu heucheln, hieße das falsche Zeichen setzen.

In diesem Sinne wünschen wir von the missing link (Es muss heute ja englisch sein), Ihrer Lieblingswerbeagentur mit ethischem und ästhetischem Anspruch, unserer potentiellen Zielgruppe – das sind Sie – Segen auf allen Wegen und happy 2006.

Knoblauchwodka

Anlässlich des X-Mas Kickoff, vulgo erster Advent, möchte ich ein universell einsetzbares Rezept mit meinen Mitmenschen teilen. Es heißt: Knoblauchwodka, und hinein geört:

1. Knoblauch,
2. Wodka.

Der Knoblauch darf sich ruhig auf vier Knollen belaufen, und zwar die großen, ansehnlichen vom Türken – nicht die Kümmerknöllchen vom Aldi, die dreierweise in einem löchrigen Socken verkauft werden. Und weil’s so schön war: eine fünfte Knolle auch noch.

Den Knoblauch kleinhacken. In die volle Wodkaflasche hineinbröseln. Das ist sehr langwierig, vor allem weil man während der Tätigkeit den Wodka sukzessive abtrinken muss. Kochen soll ja Spaß machen.

Das macht man so lange, bis die Flasche knapp zur Hälfte mit Knoblauch gefüllt ist oder sich dem Hantieren mit scharfen Messern von selbst eine natürliche Grenze setzt.

Knoblauchschälen ähnelt keiner Verzweiflungstat, wenn man mit dem breiten Messerrücken draufdrückt, bis sich die Schale löst, und das Zehlein mit dem Messerlein entkleidet. Knoblauchpressen sind was für schwule Kaltmamsellen, die nicht abspülen müssen.

Die Schnipsel in die Flasche zu praktizieren ist jedes Mal ein bisschen schwieriger, als man’s vom letzten Mal in Erinnerung hat. Da hilft auch kein Trichter. Die käuflichen sind zu eng, als dass außen ein Wodkaflaschenhals und innen ein größerer Posten Knoblauchschnipsel dranpasste, an den improvisierten aus Papier bleibt alles hängen. Geduld üben und Wodka trinken.

Die Flasche wieder zuschrauben und im Schnapsregal vier Wochen ziehen lassen. Wer also diese Woche noch anfängt, hat was Feines für Weihnachten.

So reift eine sehr aromatische Würzflüssigkeit heran, die einzusetzen ist wie Maggi und Brühwürfel. Sie gehört an Braten, Suppen und herzhafte Salate. Keine Angst vor der Farbe umgekippten Absinths, das gehört so. Geübte Hypochonder schlürfen das Zeug regelmäßig vom Teelöffel. Das bringt den Kreislauf ins Lot und schützt vor Arterienverkalkung, Impotenz und ungebetenen Gästen.

Nach Motiven aus: Platt/Keune/Brösel: Kochbuch für Stümper, Band 1. Die Amazon-Besprechung ist von mir und ernst gemeint. Das einzige wirklich nützliche Kochbuch, das ich kenne. Und ich kenn nicht viele.

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